Das Wetter am Sonntag lockt zu einer längeren Radtour. Ein gutes Ziel könnte eine Bergener Sonde bei Dannenberg abgeben. In der Region ist zwar ein großer Unbekannter aktiv, der aber von Baumlandungen abgeschreckt wird. Bei der Gelegenheit könnte man auch eine Manöver-DFM im Wald bei Hitzacker versuchen. Vielleicht ist die ja noch da? Also nehme ich mein Faltrad in die linke Hand, den Rucksack auf den Rücken, und die 14m-Teleskopstange über die Schulter und eile mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof.
Da der Anschluss der Wendlandbahn in Lüneburg knapp ist, nehme ich lieber den etwas früher fahrenden Bummelzug. Und? Der fährt heute nur bis Winsen. Grund ist eine Baustelle. Also warte ich eine halbe Stunde auf die schnelle Verbindung. Im Zug vergleiche ich die Apps: Die HVV-App hat kein Problem mit der angedachten Verbindung. Die DB-App aber schon! Der Wendlandzug fällt nämlich offenbar aus. Es gibt einen Ersatzbus! Der braucht bis Dannenberg deutlich länger. Ich checke die Rückfahrt. Wie Bahn fährt ja der Ersatzbus nur 4mal am Tag. Kurz vor 13:00 werde ich in Dannenberg sein. Wenn man den Ersatzbus um 16:00 - was bei 20km Strecke und möglichen aufwändigen Baumbergungsverzögerungen sportlich wäre - nicht mehr erreicht, kann man immer noch den Bus um 19:00 nehmen. Dann fiele man mitten in eine Vollsperrung der Bahnstrecke Lüneburg-Hamburg und wäre erst kurz vor Mitternacht daheim. Das zeigt diesmal nur die HVV-App. So eine Odyssee hat mit einer entspannten Radtour nichts zu tun.
Also bleibe ich in Lüneburg an Bord und disponiere um. Ich werde in Uelzen in die Bahn Richtung Magdeburg steigen, in Wieren den Zug verlassen und dann schnell die Bergen-Sonde von heute Nacht einsammeln. Das ist zwar keine längere Radtour, aber immerhin sinnvoller als eine sofortige Heimfahrt. Kurz vor Uelzen ein schneller Check in Radiosondy: DG5SUX hat die Sonde vor ein paar Minuten geborgen.
Was mach ich angesichts der Lage jenseits der HVV-Erdscheibe? Im Zug bleiben. Ich könnte weiter südlich im Wald nach zwei weiteren Manöversonde suchen. Zwar ist die Chance gering, denn bisher hatte ich angesichts der Aktivitäten eines nicht eintragenden Kollegen viel Pech. Aber sofort umkehren mag ich auch nicht wirklich.
Also steige ich in Suderburg aus und radele los. Die Strecke geht für norddeutsche Verhältnisse stark bergauf, und ich muss ziemlich strampeln. Nach ca. 12km erreiche ich den Wald bei Breitenhees, in dem D18083547 gelandet ist. Immerhin waren die über den Tower in Zernien empfangenen Positionen recht bodennah - was im Hinblick auf den großen Unbekannten gar nicht so gut ist. Ich checke die Stelle: Wie üblich findet sich keine Spur der Sonde.
Was tun? Gleich zu D1802299 weiterfahren und mich noch einmal frustrieren lassen? Ich gucke unentschlossen auf wettersonde.net. Da schwebt doch tatsächlich im Raum Unterlüss die Bergener Mittagssonde am Himmel! Sie dürfte keine 8km von mir entfernt im Wald niedergehen. Ich plane schnell eine Route auf Locus. Ich muss einfach nur den Waldweg weiterfahren, an dem mein Rad gerade parkt und wäre dann in Hösseringen. Dort links abbiegen, in den Wald vorstoßen und nach 10km Fahrerei die Sonde abgreifen. Das ist doch ein Plan! Mal etwas anderes als der bisherige ÖPNV-Kaltsonden-Frust! Los geht es!
Sondentyp: RS41-SGP
SN: U3410090
Produktionsdatum: 2022-08-22
Frequenz: 405.7 MHz
Timerkill: 5h:00m
Startstation: Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 09.02.2025 (12:00Z)
Track wettersonde.net und Sondehub
Maximale Höhe: 26322m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.01m/s
Landegeschwindigkeit: 3.7m/s
Landestelle: Unterlüß, LAT, LON: 52.83649,10.36764 Google Maps
Status: Geborgen am 09.02.2025 16:20UT
Methode: Decodierung des Sondensignals per TTGO (RDZsonde). Komplexe Stangenbergung
Die Strecke bis Hösseringen ist ein gut befahrbarer Waldweg, zu dem man sogar links und rechts eine schmale, aber feste Spur für die Radfahrer angelegt hat. Auch geht es erholsam bergab. Hinter Hösseringen verlaufen die Waldwege in den durch Brandschutzschneisen, die man nach der Feuer von 1975 angelegt hat.
Irgendwann schalte ich den TTGO an und habe sofort Empfang. Die Sonde sollte laut Karte in ca. 12m Höhe direkt am Wegrand baumeln. Vor Ort ist der Befund leider ernüchternd. Der große Unbekannte, den ich vor Ort gerne getroffen und in unsere Whatsappruppe eingeladen hätte, hat heute offenbar etwas anderes vor. Zudem ist auf den ersten Blick von der Sonde nichts zu sehen.
Also muss man genauer nachsehen. Weit oben in der Kiefer glänzt etwas Helles. Das ist die Sonde, die auf einem dick benadelten Ast aufliegt. Leider in 20-25m Höhe - außerhalb meiner Stangenreichweite.
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Ich verfolge mit dem Fernglas die Schnur. Die kreuzt die Brandschneise und verschwindet in ebenfalls in luftiger Höhe in einem Baum auf der anderen Seite. Die Fortsetzung der Schnur ist unsichtbar, vom Fallschirm ist trotz längerer Fernglassuche nichts zu sehen. Der dürfte wohl ganz oben auf irgendeiner Kiefernkrone aufliegen. Das ist alles nicht wirklich schön. Ist da wirklich gar kein Rankommen?
Mir fällt auf, dass die Schnur über der Schneise ziemlich durchhängt. Das liegt daran, dass die Sonde ja auf dem Ast aufliegt und daher die Schnur nicht durch ihr Gewicht straffen kann. Und das ist meine Chance. Denn an der tiefsten Stelle kommt die Sondenschnur in die Reichweite der Stange.
Also greife ich die Schnur mit der Stange und ziehe sie vorsichtig abwärts. Die Schnur strafft sich etwas, läuft aber weiterhin frei. Dann ist da ein Anschlag. Ich checke die Lage mit dem Fernglas - die Sonde hat sich von dem Ast gelöst und berührt jetzt die von unten die Astgabel. Bloß jetzt nicht weiterziehen, dann verklemmt sie sich und kommt nie mehr runter. Wenn ich die Schnur nachlasse, sackt die Sonde sofort abwärts und liegt wieder 2-3m tiefer brav auf dem Ast. Irgendwann löst sich der Haken von meiner Stange. Das ist gut so, denn ich arbeite wie immer mit der Leinen-Hakentechnik. Jetzt habe ich die Sondenschnur an der Leine und kann die Stange anderweitig einsetzen. Zum Beispiel könnte ich die Sonde nach oben ziehen, mein Schneidetool an die Stange montieren verwenden und damit die Sondenschnur durchtrennen, ohne Gefahr zu laufen, die Sonde in der Astgabel zu verklemmen. Dann kann ich nur noch hoffen, dass sie dann am Ast abprallt und nach unten segelt.
Ich verwende das Schneidetool. Die Sonde prallt auf den Ast. Sie bleibt auf ihm liegen. 25m über dem Boden.
Aber jetzt hängt das abgeschnittene Ende Sondenschnur vom Baum herunter. Ich kann es mit der Hand ergreifen und daran ziehen. Ich versuche, durch vorsichtige ruckartige Armbewegungen die Sonde oben zum Pendeln zu bringen, aufzuschaukeln und dann schlagartig abzulassen, auf dass sie einmal den Ast verfehlen möge. Und beim zwölften Versuch gelingt es. Noch einmal mit dem Glas checken: Die Sonde hängt jetzt NEBEN dem Ast! Ich lasse die Schnur los und verfolge das Geschehen gespannt. Und die Sonde fällt vom Baum!
Auf der Schirmseite hängen Haken und Leine noch in der Sondenschnur. Kann ich denselben Trick auch dort zur Aufführung bringen? Ich ziehe an der Schnur. Oben raschelt es! Da wird ein großer Ballonrest sichtbar. Ich kann ihn sogar ein wenig an der Schnur ablassen - der Fallschirm hängt aber in 25m Höhe fest. Also ziehe ich noch einmal. Mir gelingt es, den Fallschirm einen Baum weiter zu ziehen. Jetzt hängt der Ballonrest deutlich niedriger, aber wieder verhakt sich der Fallschirm in Kiefernzweigen.
Mit der Stange könnte es aber vielleicht gerade so reichen. Aber nein, die Reste hängen leider noch immer zu hoch. Ich muss den Versuch fünf Stangenbergungsversuche später aufgeben. Zwar kann ich den Zipfel des Latex mit der Stange gerade so berühren, aber nicht vernünftig aufwickeln oder einhaken. Und der Fallschirm, in dessen Leinen der Haken sich gut festkrallen könnte, hängt 2m über dem Ende meiner Stange. Es wird schon dunkel. Hier muss ich aufgeben.
So radle ich den Brandschutzschneisenweg weiter bis zur Bundesstraße. Den Radweg dort kenne ich bereits. Er ist in den 1960ern gebaut worden und hat noch nie einen neuen Belag gesehen. So geht es schlechter voran als auf den Waldwegen. Ich erreiche Unterlüß und kann mit dem Metronom eine problemlose Rückreise antreten.
Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier
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