Mittwoch, 31. August 2016

DFM09-Radiosonde mit 10" SCT fotografiert

Moin,
gestern startete in Pinneberg offenbar testhalber ein "Außer-der-Reihe" Wetterballon, ausgestattet mit einer GRAW DFM09 Radiosonde. Dieser Sondentyp ist in unserer Gegend eher selten unterwegs - allerdings war die Sonde, die an meinem Arbeitsplatz runterkam genau so ein Teil. Sehr praktisch, wie wir gleich noch sehen werden. Toll ist auch, dass diese Sonden sehr gute GPS-Positionen direkt herunterfunken, das macht es einfacher.
Der Aufbau war wie üblich: 10" SCT auf GPDX mit Skywatcher-GOTO, 5-Elemene Yagi, DVBT-Dongle als RTL-SDR-Empfänger. Software: SDR-Sharp und Sondemonitor. Dann wurde die Monti auf die im Sondemonitor angezeigte Position gefahren und mit einem 40mm Erfle-Okular geguckt. Ich hatte mir vorher mit Verlängerungshülsen eine Lösung zum schnellen homofolkalen Austausch gegen eine DMK41 überlegt, und natürlich hatte ich das SCT vorher nachts am Stern fokussiert und die Montierung alignt und geparkt. Die DMK41 war mit einem IR-Pass-Filter versehen, dann kommt man besser durch Dunst und Cirren.

Die Angaben in Sondemonitor waren etwas ungenau, aber mit etwas Gerühre und nach vielen Fehlversuchen war das Ding im Gesichtsfeld. Geht alles einfacher, wenn man a) das Tracking abschaltet und b) abwartet, bis das Ding in der Stratosphäre ist, weil es sich dann nur noch langsam am Himmel bewegt.

Die Sonde bewegte sich zwichen Segeberg und Eutin, also ca. 66km von meinem Standort entfernt. Die Videos begannen, als die Sonde 19500m hoch war, geplatzt ist der Ballon in 25500m Höhe.

Ich habe die Videos in PIPP flatfieldkorrigiert. Hier ein paar Einzelbilder:








Was mich dann mehrfach erstaunte waren extrem helle Blitze von der Sonde, von denen ich 5 oder 6 schwache und einige richtig helle in den Videos gefunden habe:



Die sind leicht erklärbar: Die DFM09 hat einen metallisch verspiegelten kleinen Ausleger, an dessen Ende die Temperatur- und Feuchtesensoren hängen. Die Verspiegelung soll wohl garantieren, dass sich der Träger nicht in der prallen Sonne aufheizt und man wirklich Lufttemperatur misst. Der Ausleger kann, ähnlich wie die Antennen der Iridium-Satelliten, Sonnenlicht reflektieren. Hab es mal an meinem Sondenexemplar nachgestellt:

links normal, rechts im richtigen Winkel mit einer Lampe bestrahlt.

Im Gegensatz zur Vaisala SGP-Sonde zeigt der Träger nicht senkrecht nach oben, sondern schräg, und da der Ballon sich dreht und pendelt, wechselt die Geometrie Sonne-Ausleger-Beobachter ständig, was die Flares erklärt.


Aber es geht noch mehr: Offenbar glänzt der Faden der Sonde manchmal in der Sonne, so ähnlich wie Spinnenweben im Sonnenschein. Ich konnte immer mal wieder Einzelbilder sehen, die eine schwache Linie zwischen Ballon und Sonde zeigten. Eine Serie von ca. 30 Bildern zeigten die Struktur in jedem Einzelbild.


Mit einem 2-Punkte-Alignment in Fitswork hab ich mal 20 Bilder gestackt:
Ich find das schon erstaunlich, denn die Leine ist < 1mm dick und weiß. Und die Entfernung ist 66km.

Das Platzen des Ballons war auch recht dramatisch, die abstürzende Sonde flaret noch einmal, und das wars dann:


Dienstag, 16. August 2016

Sondenbergung bei Itzehoe



Am 15.8. segelte die Mittagsssonde aus Schleswig (L4823764) wieder mal auf den Hamburger Raum zu, diesmal von Nordwesten, Ziel war die Gegend um  Pinneberg. Vielleicht könnte man mit der S-Bahn die Landestelle erreichen? Ich konnte ihre Signale von Altona aus verfolgen.

(Open Topomap/Open Streetmap)


Diese Sonde fiel aber wie ein Stein vom Himmel. Aufschlaggeschwindigkeit 13.5 Meter pro Sekunde. Also kam sie auch nicht ansatzweise so weit wie erhofft. Ich verlor ihr GPS Signal in 1000 Meter Höhe aus 52km Entfernung. Das war wohl nix! Als ich mir dann aber später die Daten genauer anguckte, sah alles erheblich besser aus. Der Aufschlagpunkt lag am Nordwestrand von Itzehoe, und zwar auf einer Wiese. 



 (Open Topomap/Open Streetmap)

Nicht weit weg war eine Bushaltestelle. Also rein in den Regionalzug, und los geht's. Funkausrüstung brauchte ich nicht, denn die Batterie der Sonde war inzwischen sicher leer. Eine kurze Wanderung brachte mich auf diese Wiese. Mit dem Fernglas entdeckte ich rasch einen verdächtigen weißen Fleck am gegenüberliegenden Rand der Wiese. Nach Überklettern mehrerer Stacheldraht- und Elektrozäune stand ich vor dem Fallschirm und einer enormen Menge Ballonresten.



 Diese zusätzliche Last war der Grund für die schnelle Sinkgeschwindigkeit - bei der Sonde in Ritzerau war nur der eigentliche Ballonhals mit heruntergekommen. Der Schirm lag direkt vor einem hohen Knick auf dem Boden, und das Seil zur Sonde verlor sich, straff gespannt, direkt im  Wipfel einer Birke! Als ich am Seil zog, gab es keinen starken Widerstand. Offenbar lag die Schnur über einer Astgabel, und ich konnte daran die Sonde heraufziehen. Ich beschloss dann aber, sie lieber umgekehrt abzuseilen, indem ich mit dem Fallschirm und den Ballonresten einfach auf den Knick zuging. Und da erschien die Sonde und hing jetzt immerhin in halber Höhe des Baums.


 Ein Durchschneiden der Schnur brachte sie auf den Boden. 

Als ich wieder an der Bushaltestelle angelangt war, war noch etwas Zeit. Die nutzte ich für einen kurzen Einkauf bei einem Lidl. "Was raschelt denn da in ihrer Tüte", fragte die Kassiererin. "Ach wissen Sie, das ist nur der Fallschirm eines Wetterballons." "Ach so, na dann, schönen Tag!"

Donnerstag, 11. August 2016

Meine erste Radiosondenjagd

Nach all diesen Experimenten und viel Lektüre entsprechender Webseiten wollte ich doch auch mal auf Sondenjagd gehen. Eine Chance ergab sich, als am 11.8.2016 die Schleswiger Mittagssonde (L4743229) laut Prognose mitten in meiner Heimat, dem Kreis Stormarn, landen sollte. Meine Mutter (87) lebt  in meinem Elternhaus, und ich beschloss, sie zu besuchen und bei der Gelegenheit ihr Auto auszuleihen. Sie fand das Projekt ausgesprochen cool und beschloss spontan, mitzukommen.
Im Landegebiet kannte ich einen Standort mit weiter Horizontsicht, und hier verfolgten wir die Landung. Die Sonde hatte einen ausgesprochen gut funktionierenden Fallschirm und kam wie erwartet genau auf uns zu. Dann flog sie deutlich weiter als vorhergesagt, um  ca. 15km von uns bei Ritzerau zu landen. Ich konnte die Sonde bis in eine Höhe von 150 Metern verfolgen-

Kartenfenster von Sondemonitor mit den letzten GPS-Posititionen und der Impact Prediction-Markierung. Hätte man auch als Schatzkarte benutzen können!
 
Da die Gegend laut Google-Earth ein freies Feld war, waren die Bergungschancen recht gut, und so machten wir uns per Navi sofort auf zur Landestelle. Vor Ort war das Signal laut und deutlich, aber die Sonde sendete kein GPS-Signal mehr*. Obwohl ich eine gute Idee hatte, wo sie sein musste und diese durch Peilversuche auch bestätigt wurde, war es nicht einfach, die Sonde in einem Weizenfeld zu sehen. Irgendwann blitzte ein heller Punkt im Feld auf und verschwand. Das war der weiße Fallschirm, der gelegentlich vom Wind etwas angehoben wurde. Ich fand eine Treckerspur, die ins Feld führte - wollte ja nicht dem Bauern seine Kulturen zertrampeln - und gelangte damit zum Ort des Geschehens. Leider hatte ich die Kamera im Auto vergessen, und daher gibt es nur Fotos von der Sonde zuhause.
Der Fallschirm war IM Ballon untergebracht! Links der Abroller

Es war die SGP-Version mit 3 3V Lithiumbatterien, Gesamtgewicht 160g
*)Update: Eine Reanalyse mit dem Zilog-Decoder ergab, dass die GPS-Daten durchaus verwertbar waren. Den kannte ich damals aber noch nicht, und Sondemonitor konnte mit dem Signal nichts anfangen. Aber Peilung führte ja auch so zum Ziel.