Dienstag, 27. Dezember 2022

Fallschirm widersteht brutaler Gewalt

 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
T3310875

Frequenz:
405.3 MHz

Timerkill:
keiner

Startstation:
Norderney (WMOID:10113)

Flugdatum:
28.11.2021 12:00Z

Track
wettersonde

Maximale Höhe:
32791 m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.05 m/s

Landegeschwindigkeit:
2.0 m/s

Landestelle:
Schwiederstorf  LAT, LON:
53.412261,9.80736, Google Map

Status:
Baumlander im Wald, von unten sichtbar, 13m hoch in Birke
. Geborgen am 27.12.2022, 14:19UT

Methode:
GPS-Koordinaten nach der Landung in wettersonde.net verfügbar, danke Kurt für die schönen Daten. Sonde lokalisiert am 6.8.2022, geborgen am 27.12.2022. 

Diese Sonde landete vor mehr als einem Jahr. Nach der Landung konnte sie direkt via Kurts Antenne empfangen ist. Ein Sondenjäger, DF2HY hatte sie sogar gleich nach der Landung versucht zu finden: "Die Sonde ist sehr wahrscheinlich im Baum auf 130m ü.NN. Gut zu empfangen, aber wegen Dunkelheit & Höhe nicht zu finden", notierte er in Radiosondy. Im August habe ich der Sonde einen Besuch abgestattet, und sie nach langer Suche in einer Birke erspäht. Das war definitiv nicht die ursprüngliche Landestelle - die Sonde muss ein ganzes Stück Richtung Fallschirm gependelt sein. Hinzu kam, dass man die Sonde wegen des Laubs direkt von unten nicht erkennen konnte, sondern nur aus einiger Distanz. Immerhin konnte ich ein Foto aufnehmen.


Bild vom 6.8.2022


Am 27.12.2022, also 13 Monate nach der Landung, will ich nach dem Laubfall diesen Baumhänger kontrollieren. Also geht es mit S-Bahn und Bus nach Elstorf-Bachheide. Mit dem Faltrad ist der gute Kilometer bis zum Waldeingang schnell bewältigt. Wieder geht es den Hügel hoch. Oben habe ich mich schnell orientiert. Die Sonde liegt nicht am Boden, hängt aber in der Birke. Die Schnur sieht auf weiten Strecken so aus wie ein Wattebausch. Diese Sonde kommt bald von selbst herunter. Aber kann ich nachhelfen? Letztes Mal war der Blick direkt von unten durch Blätter blockiert. Jetzt geht es einfacher. Ich bin nicht sicher, ob die Laguna-Stange reicht. Also fahre ich sie aus und sehe mir die Sache von der Seite an. Jetzt bin ich sicher, dass es gehen wird, wenn ich die Stange ein wenig anhebe. Im ersten Versuch gelingt es, die Sondenschnur einzuwickeln. Sie reißt bei geringer Belastung. Die Sonde fällt mir tatsächlich auf den Kopf....



Der gelbe DWD-Label ist stark verblichen, und dass dies das letzte Bild des Sondenhakens ist, kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht erahnen.



Beim letzten Besuch habe ich vergeblich nach dem Schirm gesucht. Dieses Mal gehe ich wieder in die fragliche Richtung und... werde fündig.



Ich mache einen weiteren Stangenbergeversuch - wieder mit der Schnur-Hakentechnik. Es gelingt mir, den Haken irreversibel in den Fallschirmschnüren zu verheddern. Ich kann ziehen und zerren wie ich will - das ist erfolglos. Fallschirmleinen zu zerreißen erfordert Kraft. Der Schirm ist stabil in den Zweigen vertütelt. Wenn man daran zieht, kann man auch die Sondenschnur nicht zerreißen, weil sich die Zweige beliebig verbiegen. Irgendwann wende ich derart viel Gewalt an, dass die Spule, auf der meine Sondenschnur aufgewickelt ist, bricht.


Der Schirm sieht ziemlich zerfetzt aus, aber ich kann ihn keinen Millimeter bewegen. Am Ende zerschneide ich die rote Leine und gebe auf. 

Wenn man, wie viele Sondenjäger, den Haken starr an der Stange befestigen, kann so eine Aktion leicht eine Beschädigung oder den Verlust einer Stange bewirken.

Geschlagen gehe ich bei Sonnenuntergang den Hügel herab, mache das geparkte Faltrad klar und radel gemütlich zum S-Bahnhof Neu Wulmstorf. Dort muss ich gegen die Uhr das Rad falten, um noch vor dem Türenschließen einsteigen zu können.

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Montag, 26. Dezember 2022

Sonden aufspüren am Ufer der Ilmenau

Berufliche Verpflichtungen haben im Dezember meine Sondenjagd ein wenig eingeschränkt. Bei den wenigen Versuchen kommt allgemeine Erfolglosigkeit hinzu. Ob Passanten oder nicht eintragende Sondenjäger der Grund waren: Sondenjagd ist gerne mal erfolglos - wäre es anders, wäre ja auch die Spannung weg.

Da hilft nur noch das Ausweichen auf abschreckende Waldlandungen mit unplausibler Prediction. Zwei davon haben sich im Oktober/November im Raum Bad Bevensen angesammelt. Wer sowas anpirscht, wird es sicher in Radiosondy eintragen. Also sind die Dinger höchtwahrscheinlich noch da. Als am 2. Weihnachtsfeiertag das Wetter weniger regnerisch ist als angekündigt, fahre ich spontan los.

Mit dem Zug geht es nach Bad Bevensen. Das Ziel sind die Flussufer der Ilmenau und die dortigen Wälder in Richtung des Nachbardorfes Medingen. Dort ist vor mehr als einem Monat eine Radiosonde unweit des Ilmenau-Uferwegs gelandet. Sounds easy.

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
T3010170
Frequenz:
405.7 MHz
Timerkill: 5 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 23.11.2022 12:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe:
24505m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.59 m/s 
Landegeschwindigkeit: 11.8 m/s
Landestelle: Medingen
,
LAT, LON:
53.10655,10.57151  Google Maps
Status:
Geborgen am 26.12.2022, 12:05 UT
Methode: Extrapolation nach Wettersonde.net-Daten.

Die Sache ist aber nicht so simpel. Die Sonde ist  bis in 191m Höhe über Grund empfangen worden und zuletzt steinartig mit 11.8m/s abgesunken. Allerdings war die Windgeschwindigkeit hoch und zeigte stramm nordwärts. Laut Tawahiri sollte sie nur ein paar Meter entfernt westwärts im Wald liegen. Das ist extrem unplausibel. Eine schnell gerechnete Extrapolationslösung liegt viel weiter entfernt. Wahrscheinlich macht man nichts falsch, wenn man vom Ilmenau-Uferweg von der zur letzten Position nach Norden bis zu dieser Prediction läuft und aufmerksam die Bäume inspiziert. Ich rechne damit, dass die Sonde etwas kürzer geflogen ist, aber nicht viel. 

Neulich habe ich bei einer Göhrde-Tour eine etwas angehmere Fahrradroute durch Bevensen entdeckt, die mir jetzt zugute kommt. Dann geht es nördlich zum Elbe-Seitenkanal. Dessen Serviceweg ist wunderbar fürs Radfahren geeignet. Irgendwann muss ich allerdings links in den Wald abbiegen. Der Ilmenau-Uferweg ist auf den ersten Blick nicht zu entdecken. Erst bei genauem Inspizieren sehe ich einen schmalen und schlimmen Pfad nach rechts abzweigen. Soll ich das Rad anschließen und die ca. 400 Meter bis zur letzten Position zu Fuß gehen? Ein Blick auf die Karte zeigt mir eine bessere Option: Man kann von einem breiten Waldweg aus auch von Norden ins Landegebiet gelangen - das passt auch besser zu der geplanten Weiterfahrt nach dem Bergungsversuch. 

Es kommt noch schöner: Von dem Waldweg zweigt ein auf der Karte nicht angezeigter Pfad  ab, der mich bis auf 70m an die Extrapolationsposition heranbringt. Hier haben Waldarbeiter nur höhere Bäume stehen lassen. An der Extrapolationsposition ist leider nichts zu erkennen. Ich laufe nur 20m auf die letzte Position zu und sehe sofort die Schnur in einer Fichte verschwinden...

Ich gehe auf die andere Seite der Bäume, und da hängt die Sonde nach dem Motto: "Ein Männlein steht im Walde" ganz still und stumm direkt über der Grasnarbe.


Abschneiden bewirkt ein Absacken von Schirm und Ballonrest auf ca. 5 Meter. Sie bewegen sich auch danach noch im Zeitlupentempo abwärts. Würde ich ein Viertelstündchen warten, käme der Schirm sicher ganz herunter, aber die Ungeduld siegt....



 


Bei leichtem Nieselregen radel ich über Bruchstorf nach Medingen. Dort ist im Oktober eine weitere Bergener Sonde am Ilmenau-Ufer heruntergekommen. Die Situation ist exakt wie die eben. Wieder weichen Extrapolationslösung und Tawhiri extrem voneinander ab. Wieder liegt Tawhiri westlich, die Extrapolation nördlich, allerdings sind die vorhergesagten Rest-Strecken diesmal weniger diskrepant. Die letzte Position liegt über der wiesenartigen Uferniederung der Ilmenau, und zwar an der anderen Seite des Flusses. Sie muss es aber, egal wie man es dreht und wendet, über den Fluss bis in den Wald geschafft haben. Das Schlimme: Ich habe diese Sonde schon einmal mehr als zwei Stunden lang vergeblich gesucht. Irgendwie glaube ich nicht an eine Bergung durch Passanten, zumal man in den Wipfeln der extrem hohen Buchen nicht durch das Laubdach gucken konnte. Inzwischen liegen die Blätter am Boden. Das ist meine Hoffnung. Vielleicht ist es ja heute ganz leicht?


Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
T1330884
Frequenz:
405.7 MHz
Timerkill: 5 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 10.10.2022 00:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe:
18761m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.63 m/s 
Landegeschwindigkeit: 9.4 m/s
Landestelle: Medingen
,
LAT, LON: 
53.09447,10.5702  Google Maps
Status:
Baumlamder in 25m, lokalisiert  am 26.12.2022, 14:00 UT
Methode: Extrapolation nach Wettersonde.net-Daten. 

Ich suche mit dem Fernglas das Landegebiet ab. Eine Stunde lang. Nichts. Allmählich geht die Sonne unter.

Ein letzter Versuch: Rauf auf den Hang - von oben ist der Überblick besser. Als die Sonne durch ein Wolkenloch scheint, werden die Wipfel wunderbar rötlich beleuchtet. Aber da oben glänzt etwas Weißes in einer krummen Buche. 25m über dem Boden. 



Ich mache mich auf die Suche nach dem Schirm und entdecke ihn in 9m Höhe in einem Baum. Ich könnte den Schirm mit der Schnur-Hakentechnik zu Boden bringen. Die Sonde hängt nur 1m unter dem Ast - wenn ich jetzt am Schirm ziehe,  würde ich im besten Fall die Sonde in der Astgabel verklemmen. Das wäre dumm, denn damit würde ich verhindern, dass die Sonde von  selbst herunterkommt - was sie im jetztigen Zustand irgendwann garantiert tut.  Der einzige Weg wäre, die Sondenschnur über dem 12m hohen Abroller zu kappen. Sehr vielleicht kommt die Sonde dann herunter - zumindest macht man damit nichts schlimmer. Allerdings ist es sehr schwierig, die Stange mit dem Schneidwerkzeugt im Mikado-Stil, an allerlei Ästen vorbei in Position zu bringen. Mehrfach tippe ich den Abroller an. Inzwischen schwindet das Tageslicht, so dass ich abbreche, zurück zum Bahnhof Bevensen radel und den Heimweg antrete. Mit einem schmaleren Schneidetool könnte ich es noch einmal probieren. Immerhin ist diese schwer zu findende Sonde lokalisiert und eine weitere im Rucksack.

Nachtrag: Sonde geborgen am 22.10.2023

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