Donnerstag, 22. September 2022

Das Schaf und die Sonde

Am 20. und 21.9. schickt Putlos einen Schwall Manöver-DFMs in das südöstliche Schleswig Holstein und das Wendland. Rüdiger aus Mecklenburg-Vorpommern fährt  große Strecken und verbraucht viel Benzin, um drei von ihnen einzusammeln. Am 21.9. liegen die Einschläge dichter an Hamburg. Ich habe bis nach 16:00 beruflich einige Verpflichtungen. Danach lockt das wunderbar sonnige Frühherbstwetter. Ich stürze mit dem Faltrad in den RE1 nach Büchen Richtung Witzeeze. Die Strecke am Elbe-Lübeck-Kanal ist im Vergleich zu der radweglosen und hügeligen Landstraße für den Radfahrer einfach nur traumhaft. Am gegenüberliegenden Ufer steht eine Kranichfamilie (2 schon fast ausgewachsene Diesjährige mit Eltern) und guckt herüber.



Die erste Sonde liegt laut Prediction direkt südöstlich der Schleuse Witzeeze auf einer Trocken-Wiese. 

Sondentyp: DFM09
SN:
18079999
Frequenz: 403.084 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Putlos
Flugdatum: 21.09.2022 13:21Z L
Track wettersonde.net

Maximale Höhe:
19110m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 4.79 m/s

Landegeschwindigkeit:
4,7 m/s

Landestelle: Witzeetze,
LAT, LON:
53.45006,10.62398, Google Maps
Status:
Geborgen am 21.9.2022, 15:25 UT

Methode:
Decodierung des Sondensignals per TTGO


Ich habe mir vor ein paar Tagen 2 weitere TTGOs zugelegt und bespielt, um in jedem Rucksack ein Exemplar parat zu haben. "Never leave home without it". Das frisch erstandene Lillygo-Exemplar tut seinen Job und zeigt mir die Position exakt an. Der Rest ist einfach. 





Nach dieser Bergung muss ich schnell mal gucken, was die nächste Putlos-Sonde (D18079834) so macht. Nachher landet die unmittelbar in meiner Gegend. Sie geht auch Richtung Lauenburg, zielt aber etwas zu weit. Am Elbdeich bei Lauenburg befindet sich aber noch die während meiner Anfahrt gelandete D18079914...Also trete ich in die Pedalen.

Sondentyp: DFM09
SN:
18079914
Frequenz: 403.84 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Putlos
Flugdatum: 21.09.2022 14:49Z L
Track wettersonde.net

Maximale Höhe:
16640m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 4.76 m/s

Landegeschwindigkeit:
4.7 m/s

Landestelle: Lauenburg,
LAT, LON:
53.36401,10.58288, Google Maps
Status:
Geborgen am 21.9.2022, 17:07 UT

Methode:
Decodierung des Sondensignals per TTGO

Der Weiterweg geht erst einmal den Kanal entlang und dann über die Kanalbrücke am Lanzer See ostwärts. Den Weg über das Dörfchen Lanze kenn ich noch nicht - er ist sehr angenehm zu befahren. Am Ende geht es ein paar Meter über die B5 - da vorne kommt bereits der Parkplatz in Sicht, von dem ich neulich die R92-SGPW geborgen habe. Vorher biege ich ab. Über einen asphaltierten Wirtschaftsweg geht es zum Elbdeich. Laut Prediction sollte sie auf der Deichkrone liegen oder diese sogar überquert haben. Da - die Sonde ist in Reichweite des TTGO. Wer beschreibt mein Erstaunen, dass die Position weit NÖRDLICH vom Deich, jenseits des Grabens liegen soll. Das passt absolut nicht zur Flugrichtung. 


Leider liegt die Sonde auf einer riesigen Schafweide, von meinem Standort durch Elektrozaun, Maschendraht, Stacheldraht und - natürlich - einen Graben getrennt - wahrscheinlich Wolfsschutz. Die Schafe grasen gerade alle auf der Nachbarkoppel, die aber durch einen Durchgang mit "meiner" Koppel verbunden ist. Ich glaube sogar den Fallschirm drüben zu erkennen. Und da geht ein Übergang über den Graben. Das typisch norddeutsche Holzgatter liegt in kaputt am Boden und ist frisch durch ein massives Metallgatter ersetzt - mit Stackeldraht und Elektrodings. Ich habe Glück: Das Vorhängeschloss hängt funktionslos an den Stäben. Der fabrikneue Riegel funktioniert einwandfrei. Riegel auf, Sondenjäger rein, Riegel zu.

Ich stratze über die Weide, Slalom laufend zwischen den Hinterlassenschaften der Schafe. Da liegt auch schon etwas Weißes. Das ist die DFM!


Die Schnur läuft ein paar Meter Richtung Deich - und endet leer im Nichts... Hä? Wo ist denn der Schirm? Da liegt etwas auf der Weide - könnte sogar rot sein. Jawoll, da sind Schirm, Ballonrest und der Rest der Schnur. Jetzt begreife ich, was hier passiert ist:

Die Sonde ist nicht wie erwartet auf dem Deich gelandet, sondern ein paar Meter kürzer, gerade eben noch auf der Schafkoppel. Leider bin ich zu spät: Ein Schaf hat sich in der Schnur verheddert und hat das Gespann über die Weide gezerrt. Dann ist die Schnur gerissen - hoffentlich blieb das Tier unverletzt. 

Nach dem Einsammeln der umgekehrte Vorgang: Riegel auf, Sondenjäger raus, Riegel zu. Ich mach noch ein paar Fotos mit Rad und der heutigen Beute...


...als auf dem Weg ein Paar naht. Jana macht einen interessierten Eindruck und hat  50mm Fernglas dabei. Guido ist nicht zum Pilzesuchen hier. Das erkennt man an dem Handscanner in der einen und der kleinen 2-Element-Antenne in der anderen Hand. Die übliche Frage: "Hast Du die zufällig gefunden oder bist Du wegen der Sonden unterwegs?" Eigentlich können ja zwei DFM09s nicht "zufällig" neben einem Faltrad liegen.


Sie kommen aus dem nahen Schwanheide, haben natürlich ein paar Manu Lausmann Videos gesehen, schon mal vom TTGO gehört und tausend Fragen.  Guido ist erkennbar ein Neuling - so wie ich vor 6 Jahren. Gestern hat er es schon versucht - Rüdiger war schneller. Natürlich kriegt er die Sonde. Er erzählt von einer erfolglosen heutigen Suche bei Witzeetze, da sendete nix mehr. Ich zeige ihm die Witzeetze-Sonde. Wie ich denn da hingekommen bin? "Mit dem Zug nach Büchen, von da mit dem Rad nach Witzeetze, von da aus hier her". Das kann er kaum fassen: "Wozu habe ich überhaupt ein Auto?" fragt er lachend. Er kriegt meine Email-Adresse und wird sich sicher mit vielen Fragen melden. Ich hätte sie gerne noch alle beantwortet, muss aber weg. Denn der Zug in Lauenburg fährt in 20 Minuten - sagt jedenfalls die HVV-App.


Dort angekommen: Bauarbeiten auf der Strecke - der Zug fährt nicht weiter! Informieren Sie sich auf den Aushängen. Komisch - von Bauarbeiten weiß die HVV-App gar nichts! Und Aushänge sehe ich auch nicht.


Das Rätsel löst der Lokführer, der mir erklärt, dass der Zug in einer halben Stunde nach Lüneburg zurück fährt. Es sind gar keine planmäßigen Bauarbeiten, sondern es handelt sich um eine spontane Crashaktion. Gasleitung bei Büchen. Gasleitung? Kaputt? 2022? WTF!  Woanders nennt man sowas Störung. Leider gibt es fahrplanmäßig keinen Anschluss in Lüneburg. Die HVV-App empfiehlt daher - garnix. Denn mein Zug kommt superpünktlich um 20:30 am Bahnhof Lüneburg auf Gleis 4 an. Am Gleis gegenüber fährt zwei Minuten vorher fahrplanmäßig  der direkte RE3 nach Hamburg. Da er eine Minute Verspätung hat, fährt er real los, als die Räder meines Zuges stehen. Der langsamere RE31 fährt immer ein paar Minuten später, er ist meine Hoffnung. Der fährt auf Gleis 6 - das klingt easy. Aber ich bin leider ortskundig, daher schwindet meine Hoffnung. Gleis 6 hieß früher "Westbahnhof", er ist 150-200m vom ehemaligen "Ostbahnhof" entfernt.  Das ist normal in 120 Sekunden nicht zu schaffen, weshalb die HVV-App das auch nicht empfiehlt. Also aus dem Zug springen,  Faltrad schultern und rennen, was das Zeug hält. Die Schaffnerin lässt mich noch rein.  Türen schließen, und auch dieser Zug fährt superpünktlich los. Uff! Ohne diese Gewaltaktion hätte ich eine Stunde in Lüneburg warten müssen. Mir ist dieser Effekt auch neu, denn ich bin eigentlich schon öfter aus dieser Richtung problemlos umgestiegen.

Aber Ende gut, alles gut.

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Samstag, 17. September 2022

Hartnäckige Baumlander im Sachsenwald

Am Hafengeburtstagswochenende ist es für die einheimische Zivilbevölkerung ratsam, sich außerhalb der Stadt in Sicherheit zu bringen.  Wenn nichts auf Hamburg zuschwebt, bietet sich eine Baumlanderkontrollrunde an.  Wenn Schauerwetter keine langen Touren erlaubt, ist das Ziel der Sachsenwald. Hier hängen die ganz hartnäckigen Fälle am Baum. Wenn sie runterfallen, werden sie Opfer von Wildschweinen und Fürst Bismarcks fleißigen Waldarbeitern. Da ist zum Beispiel eine DFM17 aus Pinneberg, D20038896 vom 19.7. 2021. Diese Sonde wurde von DF1JB glatt am Flugtag als VERLOREN eingetragen, weil sie in einer belaubten Buche komplett unsichtbar war. Fazit: Die hat dann wohl jemand Unbekanntes geborgen. Am gleichen Tag hat Lauritz die gelandete Sonde per TTGO decodieren können, und die GPS-Höhe deutete auf eine Höhe von ca. 30m über Grund hin. Auch er hat sie nicht sehen können. Ich war dann am 24.7.2021 vor Ort und hatte ebenfalls immense Schwierigkeiten. Dann fand ich aber einen Punkt 40m südlich der betreffenden Buche, wo man die Sonde durch eine Laublücke sehen konnte, 25m hoch oder höher.

Etwas leichter wurde es im Winter - ohne Laub. Da konnte ich ein paar Fotos der Sonde mit dem starken Tele der Bridge-Kamera machen.




Am 17.9.2022 fahre ich mit S-Bahn und Faltrad nach Aumühle. Von dort ist es ein Katzensprung. Leider liegt die Sonde nicht unter der Buche, und das dichte Laub erlaubt auch keinen Blick auf die Sonde. Aber die Sondenschnur ist von der damaligen Stelle im Fernglas sichtbar, und sie ist straff gespannt. Die Sonde ist noch oben, alles ist unverändert.

Ein weiterer heftiger Fall im Sachsenwald ist die Schleswiger Mitternachtssonde vom 18.8.2021. Eine kleine Radtour über Friedrichsruh und die Königsallee (royaler Name für einen Wald-Fahrweg) bringt mich hin.

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
S0620304
Frequenz:
402.5 MHz

Timerkill:
keiner

Startstation:
Schleswig (WMOID:10035)
Flugdatum: 18.8.2021 00:00Z
Track
radiosondy
Maximale Höhe:
34762m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.15 m/s

Landegeschwindigkeit:
3.3 m/s

Landestelle: Sachsenwald,
LAT, LON:
53.51755,10.37948, Google Maps
Status:
Geborgen am 17.9.2022, 15:01UT

Methode:
Lokalisation durch Tawhiri-Prediction nach Radiosondy-Daten. Aufgesammelt am Boden nach Orkanen und Baumfällarbeiten. 

Diese Landestelle habe ich schon mehrfach besucht, und es war immer sehr schwierig, die Sonde überhaupt zu sichten. Wenn ich mich richtig erinnere, war Jürgen Wruck auch schon vor mir vor Ort, konnte aber nur den Fallschirm ausmachen. Ich habe mich am 13.9.2021 vom im Baum hängenden Fallschirm aus durch Schnurverfolgung bis zum fraglichen Baum vorarbeiten können, wozu ich mehr als eine Stunde brauchte. Die Sonde hing mindestens 25m hoch und recht verwickelt in einer Fichte und war nur von einer ganz bestimmten Position aus sichtbar.

Nach den Orkanen 2022 waren die meisten Bäume der Umgebung alle umgestürzt und das gesamte Gelände ein einziges Chaos. Ich hatte massive Orientierungsprobleme. 

 

 



 

 

 Auch damals habe ich fast 2 Stunden gesucht, bis ich die Sonde wiederfinden konnte - sie war leider noch oben. Ich bin mir nicht sicher, ob die Sonde am selben Baum hing. Aber die Hoffnung, dass man sie nach den Stürmen unten aufsammeln könnte, hatte sich nicht erfüllt.


Heute wird alles leichter. Allerlei Markierungen und eine aktualisierte GPS-Position sollten das Wiederfinden ein Kinderspiel werden lassen, denke ich. Aber, nein. Die Baumleichen sind entfernt und bei der Gelegenheit hat man wohl allerlei Fichten gefällt! Die Gegend sieht komplett verändert aus. Ich bin auch schlecht vorbereitet. Die Fotos von damals habe ich nicht auf dem Handy, weil sie mit einer anderen Kamera aufgenommen wurden. Ob man damit Orientierungspunkte identifizieren könnte, steht auf einem  andereren Blatt. Ein  weiteres Problem sind die großen Farnwiesen, in denen sich eine heruntergefallene RS41 prima verstecken könnte.

Um die GPS-Position herum sind keine meiner Markierungen zu entdecken, dafür aber Spuren der Waldmaschinen. In den Bäumen ist mit dem Fernglas so direkt nichts erkennbar, aber die Sonde war ja immer schon schwer von unten zu sehen. Eine massive Suche am Boden in 25X25m Umkreis ist komplett erfolglos. Es ist zudem zu vermuten, dass der Baum nicht mehr steht, und dass die Sonde nach all den Fällarbeiten auch nicht mehr  da  liegt, wo der Baum  mal stand. Wenn sie überhaupt noch da ist.

Nach mindestens einer Stunde checke ich, diesen Gedanken weiter verfolgend, eine markante Fahrspur. Sie führt von der damaligen Postion weg - hier könnte man den Baum samt Sonde herausgezogen haben. Ich gehe sie entlang und sehe in der Spur etwas Weißes. Mal dran kratzen! Ooops, es ist Styropor! Etwas Archäologie beweist, dass das der flache Boden einer RS41 ist... Die wurde von einem Fahrzeug in den Waldboden gepresst...



Nach 90 Minuten endlich der Erfolg. Immerhin war die Sonde auf diese Weise vor der gemeinen Wutz sicher. Es gab schon vom Baum gefallene Radiosonden mit schlechterem Allgemeinzustand.

Vor dem nächsten Schauer geht es nach  Aumühle. So schnell sieht mich der Chaos-Wald nicht wieder...

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Dienstag, 13. September 2022

Überraschungslandung am Morgen

 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
  U1440710
Frequenz: 405.3 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Norderney (WMOID:10113)
Flugdatum: 13.09.2022 00:00Z
Track radiosondy wettersonde MIX
Maximale Höhe: 25552 m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 4.15 m/s

Landegeschwindigkeit:
2.3 m/s

Landestelle:
Hasloh  LAT, LON:
53.695684,9.919718 Google Maps
Status:
Geborgen am 13.9.2022, 4:30 UT

Methode:
Position war in wettersonde.net nach der Landung sichtbar (danke Kurt für die schönen Daten)

Um 5 Uhr morgens bin ich kurz wach. Ein Blick auf wettersonde.net macht mich ganz wach! Die Mitternachtssonde aus Norderney ist direkt am Bahnhof Hasloh gelandet und dröhnt seit Stunden Kurts Empfänger in Uetersen zu! Es gibt also im Netz exakte Koordinaten nach der Landung. Damit war nicht zu rechnen gewesen. Diese Sonde hatte einen extrem performanten Schirm und landete mit nur 2m/s Sinkgeschwindigkeit. Obwohl der Ballon über der Küste zwischen Bremerhaven und Cuxhaven in nur 25km Höhe geplatzt war, reichte es für eine Landung bei Hamburg! Hängt sie hoch im Baum? Nein, Höhe über Grund: 3 Meter! Um 5:26 sitze ich im Zug nach Hasloh. Leider erwische ich den Anschluss an die AKN in Eidelstedt nicht mehr, so dass ich 20 Minuten warten muss. Gegen 6:12 Uhr stehe ich dann am Bahnhof Hasloh im Regen. Dass ich keinen TTGO dabei habe, ist in diesem Fall kein Problem. 

Die Landestelle liegt direkt auf der anderen Seite der Bahn. Ein direkter Zugriff über die Gleise wäre illegal, gefährlich und würde spätestens an dem dichten Brombeergestrüpp auf der anderen Seite abprallen. Die GPS-Position ist auch eher dahinter; und es ist auch nichts zu sehen.

Ich hatte schon einen guten Zugang über die benachbarte Freifläche auf Google Maps erkundet, und tatsächlich schickte mir Lauritz sogar einen Google-Maps-Screenshot, in den er die gleiche Idee eingezeichnet hat. Tatsächlich ist es eine ziemlich naturbelassene ungemähte Wiese. Auf der liegt dann auch gleich der offene Schirm und angesichts der Sinkgeschwindigkeit überraschend große Ballonrest. 



Ich rolle die Schnur auf, gehe dabei Richtung Knick, der die Wiese gegen das Bahngelände abgrenzt. Die Sondenschnur geht über einen niedrigen Haselbusch und verschwindet in dem bereits von der anderen Seite gesehenen Brombeergetrüpp. Wahrscheinlich schwebte die Sonde ursprünglich in bequemer Pflückhöhe über dem Gebüsch, und nur wegen meiner Abseilaktion liegt sie jetzt unsichtbar in den Brombeeren. Dafür spricht, dass in Uetersen der Empfang just zu der Zeit abgebrochen ist.



Ich versuche die Sonde an der Schnur herauszuziehen - Fehlanzeige; sie ist völlig verhakt. Ich muss in die Stacheln! Schnell noch Arbeitshandschuhe anziehen. Ich finde einen einigermaßen brauchbaren Zugang und habe meine erste U-Sonde schnell erbeutet.







Ab geht es zum Bahnhof, wo sofort eine verspätete AKN eintrudelt. Zuhause duschen, dann Frühstück und einen starken Kaffee, und dann ab zur Arbeit.




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Sonntag, 4. September 2022

Anschlag auf einen Faltradfahrer

Am Sonntag, den 4.9. fahre ich zu einer Kaltsonden-Nachlese ins Wendland. Die Landestellen dreier DFM09-Sonden vom letzen Manöversondenschwall und diverser ältere Kaltsonden kann man mit einer einzigen Radtour besuchen. Die Tatsache, dass das 9-Euro-Ticket ausgelaufen ist, hat Vor-und Nachteile. Einerseits wird es etwas teuerer, andererseits ist der Zug am Sonntag Morgen leer und fährt pünktlich. So erreiche ich den Startpunkt Uelzen so pünktlich, dass ich diesmal den Bus nach Lüchow noch erwische. Ich muss allerdings 5.80 Euro bezahlen, weil diese Linie nicht zum HVV gehört. Wir sind zu dritt: Außer dem freundlichen Busfahrer und mir gibt es heute morgen nur einen Fahrgast. Ich verlasse den Bus in Zarenthien und radel los in Gegenrichtung. Schon nach 600m geht es rechts in den Wald, zur Landestelle von D18081168. Die Prediction ist ziemlich ungenau, und nach mehr als einer Stunde gebe ich die Suche auf. Es gibt dort u.a. eine von dichtem Unterholz bewachsene eingezäunte Schonung, in der ich die Sonde sehr stark vermuten würde.

Danach geht es weiter zur Landestelle von D18081286. Die Tawhiri-Prediction liegt auf einem geeggten Acker. Dort liegt sie nicht - und dort ist die Chance für eine vorherige Zufallsbergung durch Bauern, Jäger oder Spaziergänger groß.  Ich vermute die Sonde allerdings eher in dem nördlich gelegenen Wald, weil an dem Tag alle Tawhiri-Predictions zu weit südöstlich lagen. Eine längere Suche ist auch hier erfolglos.

Weiter geht es; nur 1.5km weiter liegt die Sonde D18081169. Hier ist die Landestelle bekannt, denn DB7XO hat die Koordinaten in Radiosondy geloggt. Kommentar: "Schirm in ca 20m Höhe in einer Fichte, Sonde im Nachbarbaum in ca. 15m Höhe. Für mich leider zu hoch."

Sondentyp: DFM09
SN:
18081169
Frequenz: 403.87 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Munster Süd (Stellung 34)
Flugdatum: 30.08.2022 0704Z L
Track wettersonde.net

Maximale Höhe:
19282m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.47 m/s

Landegeschwindigkeit:
3 m/s

Landestelle: Stütensen,
LAT, LON:
53.0032,10.7987, Google Maps
Status:
Geborgen am 4.9.2022, 12:19 UT
, Baumlandung
Methode:
Koordinaten von
DB7XO

 

Wenn die Sonde tatsächlich nicht mehr als 15m hoch hängt, sollte ich sie mit der 13.4m "Laguna"-Stippe und langem Arm erbeuten können. Das, was dann folgt, wird zu einer der bedenklichsten Aktionen meiner bisherigen Sondenjägerlaufbahn. Aber der Reihe nach.

Nicht weit weg von der Landestelle steht eine Art Wirtschaftsgebäude mit allerlei land-und forstwirtschaftlich genutzer Fläche davor. Etwas weiter nördlich kette ich wie üblich das Rad an einen Baum. Direkt am Weg. Sicher ist sicher. Ich klappe das Rad - sonst wird das Weitere nicht verständlich - nicht zusammen.  Bis zur Sondenposition sind es nur 40m, aber das Rad ist von dort aus außer Sichtweite.

Meine Augen wandern angesichts des Berichts nach oben in die Wipfel. In besagter Fichte sehe ich auch sofort den roten Fallschirm. Sicher sind es keine 20m, sondern weniger als 15m. 


 

Dann sollte die Sonde ja erst recht kein Problem machen, denn die soll ja niedriger hängen. Aber wo ist sie hin? Es dauert etwas, als ich sie am Fuß der Fichte in Bück-Erntehöhe, direkt vor meinem Knie, baumeln sehe! Damit hatte ich ja jetzt nicht gerechnet. Offenbar hat sie sich seit DB7XOs Besuch verlagert.




Mit der Stange kann ich nach einigem Gefuchtel auch den Schirm und den Ballonrest aus 11-12m Höhe herunterholen.

Etwas Schnur verbleibt leider im Baum. Allerdings befindet sich fast die gesamte Schnur noch auf dem Abroller.

Wahrscheinlich ist das der Grund für die bodennahe Lokalisation - es haben sich wohl nach kurzer Zeit ein paar zusätzliche Meter abgewickelt, was meine einfache Bergung von heute ermöglichte. Da ich die Koordinaten von DB7XO verwendet habe, trage ich ihn auf Radiosondy als Co-Finder ein. Er hat wirklich Pech gehabt. Wenn er ein paar Stunden später gekommen wäre, hätte er wahrscheinlich die DFM mit nach Hause nehmen können. Siehe auch ein ähnlicher Fall hier.

Ich packe alles zusammen - und auf geht es zurück zum Rad. Es steht auf den ersten Blick genau so da, wie ich es verlassen habe.

Als ich die Stange am Rahmen des Rades befestigen will, entdecke ich, dass die Schraubklemme des Rahmenverschlusses komplett fehlt!

 

nachgestellt

So sieht es normalerweise aus
 

Abgefallen? Abgebrochen? Letzteres wäre ein Totalschaden! Aber nein, das Gelenk an der Rahmenseite sieht intakt aus, bloß, dass eben die Aluklemme und die Schraube nicht mehr da sind. Das bedeutet immer noch das Ende der Tour, denn damit wird ein Weiterfahren lebensgefährlich. Ich könnte höchstens das Rad mit der Stange "schienen" und dann vorsichtig zur nächsten Bushaltestelle schieben.

Wenn die Klemme abgefallen ist, muss das nicht hier passiert sein. Aber wie kann sie überhaupt abfallen? Ich lasse mein Auge schweifen, und tatsächlich: Unweit des Rades liegt etwas Metallisches im Gras - die Schraube und das dazugehörige Klemmprofil. Uff!




Als ich das ganze wieder anschraube, fällt allmählich der Groschen: Die Klemmkonstruktion des Bromptons ist bekanntlich total simpel, sicher und unkaputtbar. Die fällt nicht von selbst ab, sie kann sich auch nicht einfach lösen. Um sie wie hier ganz abzuschrauben, braucht man ca. 15 Umdrehungen. Da hat jemand Hand angelegt!!! 

Als ich alles repariert habe, kann ich das Rad nicht wegschieben. Derselbe "Jemand" hat netterweise einen  Knüppel zwischen die Speichen geschoben. Ich kriege das Ding nur mit Mühe wieder herausgefädelt. Dreist! Ich war die ganze Zeit nur 40m entfernt!




Bevor ich weiterfahre, inspiziere ich das Rad gründlich von oben bis unten nach weiteren "Freundlichkeiten", kann aber keine entdecken.

Was hat jemand davon, so etwas zu veranstalten? Reine Böswilligkeit? Man wird es realistischerweise nie erfahren. Dass es Zeitgenossen gibt, die Fahrradfahrer hassen, merkt man gelegentlich im Straßenverkehr. Aber so etwas? Im Wald? Hat jemand was gegen meine Anwesenheit dort? War es eher neugieriges Rumfummeln an fremdem Eigentum - huch, wo ist denn jetzt die Schraube hin - besser weglaufen? Aber welches Motiv auch immer: Wäre ich nach Entfernen des Knüppels nichtsahnend losgefahren, hätte sich das Gelenk sehr schnell geöffnet. Der unvermeidliche Sturz hätte ganz böse ausgehen können.  Gesehen habe ich den Täter nicht. Bei genauem Nachdenken hat man in der einsamen Gegend selber andere Menschen gesehen, also wird man selber auch beobachtet. Die meisten Menschen sind freundlich, manche aber nicht. Und Klappskallis der weniger harmlosen Sorte gibt es auch auf dem Land. 


Nachtrag am 28.10.2022: Heute habe ich "unter einer Sonde" die nette Bekanntschaft mit dem Co-Finder DB7XO gemacht. Zu dem Vorfall konnte er beitragen, dass er bei seinem Besuch den Eindruck hatte, dass sich da Leute rumdrückten, die ihn beobachteten...

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Ich  radel weiter Richtung Uelzen. An der Kreuzung Stütensen liegt links im Wald eine RS41-Landestelle; ich habe da aber schon einmal erfolglos gesucht. Aber unweit meiner Rückfahrtroute liegt noch eine Bergener Sonde aus dem Juni, Status laut Radiosondy "unbekannt". Da kann ich ja noch  nachgucken.

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
T1320625
Frequenz:
405.7 MHz
Timerkill: 3:40 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 11.6.2022 00:00Z
Track wettersonde
Maximale Höhe: 24015m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.85 m/s 
Landegeschwindigkeit: 4.1 m/s
Landestelle:Rätzlingen
LAT, LON:
52.97245,10.70309 Google Maps
Status: Baumlander, von unten sichtbar, ca. 17m hoch in einer Kiefer. Lokalisiert am 4.9.2022. GEBORGEN AM 25.2.2024

Methode: Tawhiri-Prediction nach wettersonde.net-Daten.

Wieder wird das Rad angekettet, und los geht es in den Wald. Nach kurzer Suche entdecke ich an einem Baumstamm einen bereits teilweise ausgeblichenen Fallschirm und den Ballonrest. Der Abroller hat sich davon losgerissen und hängt am selben Baum. Es ist recht schwierig, die Schnur bis zur Sonde von Baum zu Baum zu verfolgen, aber dann kann ich die Sonde an einer Kiefer hängen sehen.




Mit der Stange kann ich Abroller Schirm und Ballonreste mitnehmen. Für die Sonde sind 15m Reichweite zu wenig. Sie kommt auf die Baumlanderseite und gut.



Es geht mit dem Rad zurück nach Uelzen, wo ich Sekunden vor der Abfahrt des Zugs eintreffe.


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