Sonntag, 19. April 2020

Stay at home...Trotzdem Spaß mit Pinneberger Sonden am Himmel

In den letzten Tagen startete Pinneberg diverse Sonden, zum Teil drei pro Tag in kurzem Abstand. Alle senden auf der Frequenz 402.01 MHz.  An den Daten sind die wohl weniger interessiert. Die Sondenstarts dienen wohl der Einweisung von Schiffsbesatzungen, die das ganze dann auf hoher See zur Aufführung bringen sollen.

Die Sonden am Donnerstag und Freitag flogen fast exakt an meiner Wohnung vorbei. Das ließ hoffen, dass man die Sonde mal wieder durchs Teleskop verfolgen und fotografieren konnte. Leider waren die Ballons  oft nicht allzu hell. Wenn sie direkt an mir vorbeiflogen, hatten sie eine extreme Winkelgeschwindigkeit und ließen sich schwer im Zehnzöller einstellen. Ein paar Blicks durchs Teleskop im 40mm Okular waren allerdings spektakulär.

Ich überlegte mir also, dass man sich das ganze vereinfachen muss: Keine DMK41 mit ihrem winzigen Chip, sondern eine DSLR. Zudem muss man alles vorfokussieren und die Montierung am Sternenhimmel alignen und dann parken. Dann findet man auch die Sonden nach Koordinaten am Himmel, wenn man sie nicht mehr im Sucherfernrohr erkennt. Leider kam ich zu diesem Schluss am Freitag. Dennoch habe ich den klaren Abend dazu genutzt, alles soweit vorzubreiten.

Wer beschreibt meine Freude, dass die Pinneberger am Samstag Mittag doch noch eine Sonde auf die Reise schickten.

Sondentyp: DFM09
SN:19034585
Frequenz: 402.01 MHz
Startstation: Pinneberg (WMOID:-)
Flugdatum: 18.04.2020 11Z
Track  Radiosondy
Landestelle LAT LON: 53.24269, 10.49773  Google maps
gefunden durch Sylvio (dg5sux) am 18.4.2020


Teleskop auf die Montierung, alles verkabeln, Steuerung entparken. Da glaubt man die Skywatcher-Goto-Steuerung gut zu kennen und ist dann doch erstaunt: Beim Entparken und Schwenken hakt die Azimut-Anzeige: Man muss erst per GOTO-Schwenk aus der Parkposition herausfahren, dann geht es.

Rechner an, SDR eingestöpselt. Sondemonitor tut und zeigt Azimut und Höhe an. Die Sonde fliegt nur 4km an meinem Balkon vorbei und ist zeitweise so zenitnah, dass die Dachtraufe im Weg ist. Dann aber vermindert sich die Geschwindigkeit so weit, und sie ist nur noch 60 Grad hoch. Schnell die Montierung auf die von Sondemonitor angezeigten Koordinaten eingestellt. Und schon sieht man den schwachen rötlichen Lichtpunkt im Sucher. Und kurz darauf sehe ich sie erstmals im Kamerasucher. Leider nicht 100% scharf. Auch rast das Teil durchs Gesichtsfeld.






Als sich die Sonde fast direkt von mir entfernt, kann ich endlich das Bild im Liveview nachfokussieren und dann den Sonde längere Zeit filmen. Phantastisch ist die Übereinstimmung der Koordinaten der Teleskopsteuerung und aus Sondemonitor. Als sie sich ca. 38km von mir entfernt hat, platzt der Ballon in 24km Höhe.





Die Sonde landet im lockeren Nadelwald zwischen Lüneburg und Barendorf. Den kenn ich gut. 1000m südlich habe ich eine kalte DFM09 gefunden, 1500m nördlich im Wald eine Bergener RS41, und noch eine 1500m westlich im Industriegebiet. Etwas östlich liegt irgendwo eine Essener RS41 im Wald. Bei der heutigen DFM dürfte, anders als bei der verlorenen Essener Sonde,  die Prediction auf Meter genau stimmen. Das wäre die Gelegenheit, eine am Himmel gefilmte Sonde einzusammeln.  Angesichts Corona ist aber die Verwendung öffentlicher Verkehrsmitteln ein Problem, also lässt man es besser. Im Wald hätte ich endlich mal den Sylvio getroffen, der die Sonde am Ende vom Baum geholt hat.

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier

Sonntag, 5. April 2020

Du kennst die Strecke doch schon....

...kommentierte Hein aus Uetersen, als am 31.3.2020 eine weitere Sonde direkt südlich von Buxtehude landete, keine 3km von meiner coronakompatiblen letzten Sondenbergung entfernt.

Sondentyp: RS41-SGP
SN:  R2821231
Frequenz: 402.5 MHz
Startstation: Schleswig (WMOID:10035)
Flugdatum: 31.03.2020 0Z
Timerkill: Keiner
Track  wetterson.de und radiosondy.info
Landestelle Ottensen bei Buxtehude, LAT LON: 53.436355,9.660406 Google maps
Status:  Baumlander, 7m hoch. Geborgen am 04.04.2020, 15:15
Methode: Tawhiri-Prediction auf Basis von radiosondy.info-Daten

Eine weitere 55km-Radtour? Och nö! Als am Samstag bei bestem Wetter die Sonde noch nicht als gefunden gemeldet ist und ich nach einer Woche Homeoffice deutlichen Bewegungsmangel verspüre, komme ich ins Grübeln. Besser mal im Internet checken: Was ist eigentlich derzeit bei uns erlaubt? Das schwankt von Bundesland zu Bundesland.  Alle wollen Tourismus unterbinden, machen das aber unterschiedlich: Während Mecklenburg seine Grenzen für Auswärtige komplett sperrt, herrscht in Schleswig-Holstein für jemanden, der Biologie und nicht Jura studiert hat, ein unentstrüppbares Chaos aus superstrengen Regeln und "naja, so ernst meinen wir es doch nicht"-Erläuterungen auf FAQ-Seiten. Das für die angedachte Tour relevante Niedersachsen erlaubt Motorradtouren, sofern man nicht in Horden unterwegs ist und Sport im Freien - also darf man wohl auch als Nicht-Niedersachse alleine ohne Motor durchs Land radeln. Natürlich erlässt jeder Bürgermeister und jeder Kreis eigene Bestimmungen. Nur in Hamburg ist alles einfach verständlich, realistisch durchdacht, sauber formuliert und einheitlich: Hamburg ist Bundesland, Kreis und Gemeinde in einem, und irgendwo haben die jemanden, der denken und sowas zu Papier bringen kann. Tourismus kann man auch ohne Einreiseverbot vermeiden, indem man alles verbietet, was ein Tourist in Hamburg machen könnte. Ich komme zu dem Schluss, dass mein Tripp nach Buxtehude wohl nicht einmal sublegal sein dürfte, und außerdem kann man sich da ein wenig abreagieren.  Denn nach dieser Lektüre und der Entdeckung, dass in Polen das Betreten der Wälder zur Bekämpfung der Pandemie gerade verboten wurde, ist meine Laune echt schlecht.

Biologisch ist alles eine Frage der Statistik. Geschlossene Luftvolumina in S-Bahnen sind wohl bei geschätzen  Infektionsrate von 1% besser zu meiden. Also alles wie am letzten Samstag: Mit dem Elbschiff, auf dem luftdurchfluteten Außendeck nach Finkenwerder und von dann die ganze Strecke mit dem Rad. Pro Richtung sind es wieder mal  über 27km. Wieder durch das Alte Land. Das "Naturschutzgebiet Moore bei Buxtehude" ist die größte Show Niedersachsens. Es entpuppt sich als Autobahnbaustelle, und wo keine Bulldozer unterwegs sind, handelt der güllesprühende Landwirt nach dem Motto: "Eutrophie, jetzt oder nie". Ortskerne, wo es schwerfällt,  Passanten per Slalom zu umfahren, um die 2 Meter Mindestabstand einzuhalten, werden konsequent gemieden. Das klappt noch besser als bei der Routenplanung erhofft: In Buxtehude geht es durch ein Industriegebiet, welches bei Wochenende und Shutdown eher an eine Industriebrache erinnert. Dann den Geestrand hochgestrampelt und auf nach Ottensen. 

Die Landestelle ist über einen kurzen Waldweg erreichbar. Der weiße Fallschirm hängt weithin sichtbar - völlig verhakt in einem Baum. 




Über einem Wegabzweig baumelt extrem gut sichtbar die Radiosonde, 14 Meter von der Prediction entfernt. Danke an Kurt aus Uetersen für die schönen Daten....






Diese Sonde wäre ein ideales Übungsobjekt zum Erlernen der Stangen- Schnur-Bergungstechnik für den unerfahrenen Anfänger. Die Sonde hängt 7m hoch. Kein Wind, keine Hindernisse zwischen Boden und Sonde, kein Stangenmikado, einfach ein Traum. Wenig Kraftaufwand bringt die Sonde zu Boden. Leider reißt die Schnur, so dass der Schirm im Baum hängen bleibt.




Nun geht es die Strecke zurück, angenehmerweise überwiegend bergab. Auf dem Schiff ein wunderschöner Sonnenuntergang.

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