Montag, 25. Januar 2021

Im Dunkeln nach Wendisch Evern

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
R3320618
Frequenz: 405.7 MHz
Timerkill: 5 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 24.1.2021 00:00Z
Track radiosondy.info
Maximale Höhe: 31885 m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.43 m/s 
Landegeschwindigkeit: 5.6 m/s
Landestelle: Wendisch Evern, LAT, LON:
53.22663,10.483795, Google Maps
Status: Kaltsondenbergung im Dunkeln ; 24.1.2021, 17:19UT
Methode: Tawhiri-Prediction aus Radiosondy.info Daten

Arne hatte ich neulich unter einer Sonde getroffen. Er ist seither Mitglied in unsere Whatsappgruppe, hat neulich eine Sonde erfolgreich geborgen und hatte heute wirklich Pech. Erst bei der Bergen 6Z-Sonde vom 23.1. (R3320616). Diesen Baumhänger lokalisierte er erfolgreich beim zweiten Versuch in einem unübersichtlichen Wald bei Gudow in ca. 15m Höhe. Ohne lange Stange war da nichts zu machen. Dass die Lokalisation an sich schon die Dreiviertel-Miete ist, tröstet einen begeisterten Sondenjäger-Neuling natürlich nicht. Dann fuhr er nach Wendisch-Evern, traf die Killtimer-Sonde sogar noch sendend an, hatte ein paar Probleme mit dem TTGO und konnte sie am Ende nicht finden. Das verwirrte mich etwas, denn die Lokalisierung eines Baumhängers im Wald, der laut aussagekräftigem Foto direkt an den Stamm gequetscht hängt, ist gewiss schwieriger als eine Bergung auf einem anscheinend freien Feld. "Da war jemand schneller" hätte ich normalerweise gedacht und die Sache abgehakt. Aber Arne hatte ja bis zum Zuschlagen des Killtimers ein paar Minuten Empfang gehabt. Die Prediction hätte ich als recht genau eingeschätzt- also bestand Aussicht, die Sonde im Kaltsondenstil noch zu finden. Am Abend bin ich dann spontan nach Wendisch Evern aufgebrochen, mit dem Metronom bis Lüneburg und dann mit der Wendlandbahn bis zum Bahnhof Wendisch-Evern, knapp 2 km vom Landeort.

Die Bahnhöfe dieser traditionell unterfinanzieten Bahnlinie am Rande der Erdscheibe kennen keinen Bahnsteig. Man springt also, mit der Tasche auf dem Rücken und dem Faltrad in der rechten Hand, beherzt aus dem Zug ("die Ausstiegshilfe kann nicht ausgefahren werden") auf eine mehr oder minder vorhandene Rasenfläche. Das kannte ich ja schon.  Bei heftigem Schneeregen bestieg ich das Faltrad. Bereits auf den ersten Metern hatte ich das Gefühl, dass ich das Ding besser im heimischen Keller gelassen hätte. Die einzige Straße, die zu diesem "Bahnhof" führte, war eine seit 100 Jahren nicht weiter baulich veränderte Kopfsteinpflaster-Gasse; befahrbar mit  Postkutschen und echten Geländewagen a la Highlux, für andere KFZs grenzwertig. Das 16"-Rad musste definitiv geschoben werden, und schon das machte keinen Spaß. Eine steile schmale Treppe (Schild: "Betriebsgelände, kein Winterdienst, Benutzung auf eigene Gefahr") bot an einer Unterführung einen Fluchtweg nach oben. Also trug ich das Rad beherzt da hoch und konnte oben normal losfahren. Ein kleiner Umweg auf guten Wegen. Immerhin wusste ich aus der SAT24 Radarprognose, dass der massive Schneefall in eine halben Stunde aufhören müsste.

Auf dem tollen Radweg der Umgehungsstraße kam ich nicht weit, denn die Feldwege bis zur Landestelle waren ungewöhnlich schlecht und nur im Schneckentempo befahrbar. Sehr dankbar war ich für die helle Beleuchtung meines Rades, damit sieht man Hindernisse wie umfallene Knickbäume und Schlaglöcher rechtzeitig. Es ging unter einer Hochspannungsleitung hindurch. Linkerhand in Richtung Landestelle befand sich ein festes und einigemaßen trockenes Zwischensaat-Feld, auf dem die abgewelkten Reste einer undefinierbaren Brassicacee herumstanden. Ich konnte das Rad auf dem Feld genauso gut schieben wie auf dem letzten Stück Feldweg und musste daher nicht nach einer Möglichkeit fahnden das Rad anzuschließen. 30m vor dem Ziel holte ich meine starke Taschenlampe raus, stellte das Rad ab und hielt mich grob in die vermutete Richtung. 20m downstream der Prediction lag etwas Weißes. Eine RS41, ohne Bundeswehrzettel. Na sowas. Irgendwie schien ich hier richtig zu sein.


 


Bei dem Versuch das Fahrrad nachzuholen verhedderte ich mich glatt in der Schnur, die sich zwischen zwei Pflanzen verhakt hatte und dadurch in eine unerwartete Richtung verlief. Danach ging es zu dem üblichen kleinen Bundeswehrschirm.


Als alles verstaut war, bemerkte ich, dass es aufgehört hatte zu schneien und sogar der Mond und die Sterne in Wolkenlöchern zu sehen waren. Wie sollte ich die Heimfahrt antreten? Die Bahn in Wendisch Evern fährt im beeindruckenden 3-Stunden-Takt. Es gibt auch irgendeinen Bus mit ähnlichem Takt, aber der war gerade weg. Die beiden Züge Lüneburg-Hamburg fahren alle Stunde, und zwar direkt nacheinander. Der erste braust durch, der andere hält auf jeder Station. Wenn ich nicht eine  Stunde warten möchte, sollte ich jetzt besser ernsthaft in die Pedale treten, um einen, möglichst den ersten, zu erreichen. Hatte ich nicht eben gemeint, dass ich das Rad auch hätte zuhause lassen können? Auf besten Wegen, sogar noch überwiegend bergab, erreichte ich Lüneburg in dem Augenblick, als der schnelle Regionalzug nach Hause einlief.  

So, da ich diese Zeilen schreibe löst Arne sein TTGO-Problem, und vielleicht helf ich ihm bei  Gelegenheit bei der Stangenbergung seines Baumlanders.

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Mittwoch, 20. Januar 2021

Wind und Matsch

 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
S0610854
Frequenz: 404.1 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Norderney (WMOID:10113)
Flugdatum: 20.1.2021 12:00Z
Track radiosondy.info
Maximale Höhe: 20594 m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.98 m/s 
Landegeschwindigkeit: 7.5 m/s
Landestelle: Ritschermoor, LAT, LON: 
53.6886027,9.3594797, Google Maps
Status: Kaltsondenbergung auf nassem Feld; 20.1.2021, 11:57UT
Methode: Tawhiri-Prediction aus Radiosondy.info Daten; einfach nach vorne gucken beim Radfahren

Diese Sonde hatte anfangs einen sehr guten Fallschirm, und es sah ganz so aus, als ob sie im Raum Uetersen niedergehen würde. Dann versagte der Fallschirm, und die Sonde schaffte es nicht mehr über die Elbe. Die Gegend nördlich von Hammah ist ja ein bekannter Sondenmagnet. Ich bin am späten Vormittag hingefahren und dann vom Bahnhof Hammah auf bekannten Wegen zur Landestelle gefahren. Mein Fahrrad verhielt sich wegen des extremen Rückenwinds wie ein E-Bike; ich brauchte kaum treten. Die Temperatur waren fast frühlingshaft, 10°C.  In der Gegend beginnen Bauarbeiten für eine Autobahn. Unmittelbar an der Abzweigung auf den Feldweg war die Welt zuende - aber der Weg war noch passierbar. Schon aus ca. 500-800m konnte ich den leuchtenden weißen Fleck des Fallschirms eindeutig ausmachen, praktisch direkt an der Prediction.



Das Feld war allerdings teilweise überschwemmt und bestand aus einem tonreichen schlickigen Marschboden...


der an meinen ungeeigneten Schuhen wie Klebstoff haftete. Das Gewicht meiner Schuhe verdreifachte sich nach einigen Schritten; glücklicherweise lag die Sonde direkt am Weg. Die Sondenposition befand sich nur 9m von der Prediction entfernt; also stimmte die Vorhersage im Rahmen der GPS-Genauigkeit perfekt.




Den großen Ballonrest konnte ich per Schnurzug zu mir ziehen und dadurch weitere Wanderungen vermeiden. Offensichtlich hatte sich ein langer Latexlappen mit dem anfänglich geöffneten Schirm verheddert.



Die Schuhe habe ich dann erst einmal notdürftig gereinigt. Wasser war massenhaft vorhanden, weil der Südteil des Ackers fast vollständig überschwemmt war. Nur der Bereich um die Landestelle war matschig, aber nicht überflutet.



Der Rückweg war total anstrengend. Der Wind blies jetzt natürlich brutal von vorne. Die gefühlte Temperatur lag um den Gefrierpunkt. Zusätzliche Fleecejacke unterziehen, Mütze aufsetzen, Handschuhe an, und gegen den Wind half dann nur herzhaftes Strampeln. Als ich in Hammah ankam, schlief der Wind recht plötzlich ein. Frühlingstemperaturen, die Vögel fingen an zu singen. Gegen die schlagartige Überhitzung half nur das Ausziehen all der Zusatzklamotten. 


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Freitag, 8. Januar 2021

USA (Unkonventioneller Sonden Aufstieg)

Sondentyp: RS41-mod
SN:
IDA 17
Frequenz: 434.66 MHz, RTTY und  4FSK
Timerkill: lieber nicht!
Startstation: Mecklenburg Vormpommern  (Amateurfunk-Nutzlast)

Flugdatum: 06.01.2021 14:20Z
Track habhub

Maximale Höhe:
4360 m

Landegeschwindigkeit: 1.3m/s
Landestelle: Talkau, LAT, LON: 53.57774,10.564558, Google Maps
Status: Geborgen am 7.1.2020 10:31UT, gemeinsam mit Jürgen Wruck
Methode: Tawhiri-Prediction nach Habhub-Daten

Es gibt Funkamateure, die RS41-Radiosonden umbauen und wieder fliegen lassen. Das geht nur, wenn man die Sonde so umprogrammiert, dass sie auf einer Amateurfunkfrequenz senden. Um Strom zu sparen, senden sie meist nur alle 30 oder 60 Sekunden eine kurze Mitteilung im RTTY und/oder 4FSK-Format. Auf Radiosondy oder wetterson.de sucht man diese Flüge vergeblich. Meistens fliegen sie im Floater-Modus spazieren, und da sie nur sehr selten senden, halten sie sehr viel länger durch als gewöhnliche Radiosonden.

Am Abend des 6.1. erfuhr ich, dass ein solcher Ballon einen plötzlichen Heliumverlust hatte und in unserer Region niedergehen würde. Es war schon ziemlich spät und schneite heftig, so dass ich da direkt nicht viel machen konnte. Ich konnte sogar 2 Frames der Sonde decodieren, bevor sie bei Talkau niederging. Für das Tracking war das nicht weiter von Belang. Für mich war der kurze Test in sofern wertvoll, dass ich noch einmal sicherstellte, dass ich in der Lage war, das Zeugs zu decodieren, denn so häufig hatte ich das noch nicht probiert. 

Nach der Landung war guter Rat teuer. Die letzte Position war über Talkau, 98m hoch. Mit ein paar Leuten, die sich mit umgebauten RS41 auskennen, habe ich am Abend länger online konferiert. Zeigt so eine Sonde, so wie das Original, die Höhe über dem Geoid an? Oder über Normal Null? Bei der Landegeschwindigkeit von 1.3m/s war das entscheidend. Im ersten Fall war die letzte Position fast die Landestelle, und das wäre eine Landung direkt in der Wohnstraße . Im zweiten Fall würde die Sonde auf einem Acker vor dem Dorf landen. Letzteres war mir wesentlich sympathischer. Bernd hatte eine  umprogrammierte RS41 zur Hand, aus sein Test ergab, dass die Sonde Normal Null anzeigt. Also der Acker. Wie nett! 

Jürgen wohnt sehr nahe an der Landestelle, also wurde er informiert.  Ich bin dann am nächsten Morgen von Schmalenbeck aus mit der U-Bahn zum Wandsbecker Markt und dann mit dem Bus nach Talkau gefahren. Dort an der Haltestelle traf ich gleich Jürgen. Der hatte mit dem Fernglas bereits erfolglos den Acker abgesucht. Allerdings lag Schnee, was das Auffinden je nach Ballonfarbe erschweren würde, und außerdem konnte so ein Floater auch nach Bodenberührung noch ein ganzes Stück verdriftet sein. Wir würden also uns den nächsten Knick einmal genauer angucken müssen

Da die umgebauten Sonden eine lange Lebensdauer haben, machte aber erstmal ein Empfangsversuch Sinn. Also wurde im Bus-Wartehäuschen der Laptop herausgeholt, der SDR und eine Antenne eingestöpselt. Wegen der TTGOs habe ich das lange nicht mehr gemacht. Leider blieb die Sonde stumm. Das ließ doch etwas Pessimismus aufkeimen.

Wie verfährt man nun? Trotz überwältigender Logik hatten wir instinktiv irgendwie Zweifel an der Ackerlösung und fanden es strategisch sinnvoller, uns mal die ganze Strecke von der letzten Position und der Prediction und darüber hinaus genau anzugucken. Oder hatten wir bei dem Wetter keine Lust auf Schneematsch und Acker? Im Wohngebiet wäre eine Nachsuche sicher dringender, also fingen wir da an. Wir mussten nicht lange suchen....Ich hatte das Ding gerade wahrgenommen, da jubelte Jürgen schon auf. Mir kam es im ersten Augenblick wie ein Kinderspielzeug und nicht wie  ein Ballon vor. Als ob es da hingehört.... Jürgen schaltete eine Sekunde schneller. 

 




Die umprogrammierte Radiosonde war aus Gewichtsgründen stark abgespeckt und befand sich in einer Plastiktüte und war nur auf den dritten Blick als RS41-Platine zu erkennen. 






Unsere Diskussionspartner von gestern hatten das ganze per Messenger verfolgt. Nach der Meldung "Hier sendet nix mehr" bis zum Selfie Foto zweier grinsender Sondenjäger waren nur 10 Minuten vergangen, was zusammen mit der Landestelle einigermaßen erstaunte. Man gratulierte uns heftigst, aber uns kam es gar nicht so außergewöhnlich vor. Wir hatten uns ja gar nicht irgendwie angestrengt, sondern waren direkt irgendwo hingelaufen, wo die Sonde nicht sein sollte, und hatten Glück, dass sie noch niemand entsorgt hatte. 

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Donnerstag, 7. Januar 2021

Graupellandung und Schnack unter der Sonde

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
P2620041 Frequenz: 402.7 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Sasel
(WMOID:10141)
Flugdatum: 06.01.2021 12:00Z
Track radiosondy.info

Maximale Höhe:
24012 m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit:
5.24 m/s
Durchschnittliche Fallgeschwindigkeit:
9.97 m/s
Landegeschwindigkeit: 4.8m/s
Landestelle: Hamburg-Bergstedt, LAT, LON: 53.67114, 10.14179, Google Maps
Status: Geborgen am 6.1.2020 13:31UT. Anwesend Hans, und etwas später auch Arne
Methode: Decodierung des GPS mit TTGO

Diese Sonde startete in Sasel, drehte in der ruhigen Luft eine Runde über der Stadt und landete dann in Bergstedt, nur 3.5km vom Startplatz entfernt. Es sah anfangs so aus, als würde die Sonde in Schmalenbeck landen - wo ich mich gerade aufhielt. Nerviges Graupelwetter. Hans, der ja auch an der Beimoorwaldsonde war, wohnt dichter dran. Als ich über Whatsapp nichts von ihm höre, mache ich mich auf den Weg. Mal wieder mit dem großen Rad zum Bahnhof Schmalenbeck, dann mit der U-Bahn nach Hoisbüttel. Von da aus sind es nur 1km zur Landestelle. 

Die wetterson.de - Prediction lag südlich eines recht hohen Wohnhauses. Kurt hatte die Sonde noch tiefer runter verfolgt, und seine Position lag AUF dem Haus. Der TTGO erfasst das Ding am Boden, und zwar knapp nördlich des Hauses. 

An der Hausfassade wurden gerade Renovierungsarbeiten durchgeführt, und Glaser schleppen Fenster in das Haus. Es ist eine Art Baustelle. Ich muss mich etwas orientieren, die Bauarbeiter gucken etwas verwirrt - und da liegt sie. 



 

 

Die Schnur geht Richtung Straße Stüffeleck und verschwindet da in einem Baum.

Kaum habe ich die Sonde an mich genommen, kommt Hans des Wegs. Gemeinsam erkunden wir die Lage am Fallschirm. Hans entdeckt ihn am Dach eines Mietshauses. Wir versuchen es mit vorsichtigem Seilzug, aber ohne Erfolg. Eine Inspektion mit dem Feldstecher zeigt, dass der Schirm im Schneefanggitter komplett verhakt ist. 

Unsere Aktivität ist nicht unbemerkt geblieben. Eine Frau (gefühlt Generation 85 Plus) guckt aus dem Balkonfenster. Wir winken. Sie kommt auf den Balkon. Hmmm, da holt sie lieber ihren Mann. Der meint, dass er erst einmal nachdenken müsse, und dass das aufgrund seines fortgechrittenen Alters etwas Zeit benötige (Denken, überlegen und dann Handeln! Wenn sich dafür einige meiner 20-jährigen Studis mehr Zeit nehmen würden, wäre das aus meiner Sicht komplett ok). Anyway, er holt sich einen Besen und etwas Schneidwerkzeug, und dann geht das ziemlich zügig.


Er wirft die Rolle vom Balkon, so dass ich die Schnur komplett aufrollen kann. Ich merke irgendwie, dass er den Fallschirm als Andenken behalten will und ermuntere ihn darin.

Kaum haben wir alles in graupelnassen Tüchern, taucht ein weiterer Sondenjäger namens Arne auf. Er hat offenbar schon mehrere Sonden versucht zu finden, aber entweder waren andere schneller, oder es war schwierig (z.B. im Beimoorwald). Egal, er kommt auf unsere Liste und gut. Nach längerem anregenden Geratsche wird es immer nasser; ich muss auch sehen, dass ich mit meinem ungewohnt großen Fahrrad vor Beginn der U-Bahn-Sperrzeit wieder aus der Bahn bin - dieses Problem bin ich gar nicht mehr gewohnt....

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Samstag, 2. Januar 2021

UFO über Büttenwarder...diesmal wirklich

Sondentyp: RS41-SGP
SN: R3320143
Frequenz: 405.7 MHz
Startstation: Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 29.12.2020 0Z
Timerkill: 5:00h
Track  Radiosondy
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.54 m/s
Gipfelhöhe: 23811
Durchschnittliche Fallgeschwindigkeit: 6.51 m/s
Landegeschwindigkeit: 3.6m/s
Landestelle "Büttenwarder", LAT LON: 53.64915,10.41308  Google Maps
Status: geborgen am 02.01.2020, 10:37 UT
Methode: Tawhiri-Prediction auf Basis von Radiosondy.Info-Daten


Büttenwarder, das Dorf aus der beliebten NDR-Serie mit "Brakelmann", "Adsche", "Shorty" und den anderen gibt es wirklich. Es heißt in Wahrheit Grönwohld. Die Bergener Nachtsonde vom 29.12. landete direkt nördlich von Shortys Dorfkrug. Es gab ja mal eine Folge "UFOs über Büttenwarder". Als sich niemand für die Landung interessierte, habe ich meinen Sylvesterausflug dorthin unternommen. Der Radfahr-Wanderweg auf der Trasse einer nicht mehr existierenden Kleinbahn bringt mich von Schmalenbeck über Siek direkt ans Ziel. Ich seh mich an der Prediction dieser Kaltsonde um, kann aber zunächst nichts entdecken. Von der gegenüberliegenden Auffahrt auf einen Hof aus erspähe ich den Fallschirm 30m hoch im Baum. 


 

Vor einem Einzelhaus komme ich mit der Besitzerin ins Gespräch. Die erlaubt mir den Zugang auf ihr Grundstück. Mit dem Fernglas verfolge ich die Schnur bis in den Baum und kann dort auch die Sonde lokalisieren. Der Baum steht direkt an der Straße, nur wenige Meter von der Prediction. Auch die Stangenbergung kann wohl am besten von hier aus erfolgen. 

 


 

Die 10m-Stange ist zu kurz, selbst wenn man sie mit einem Knüppel und etwas Tape verlängert. Ich radel zurück. 

Am 2.1. bin ich in Hamburg, greife mir die 15m-Stange und fahre gleich mit Bus und Bahn über Rahlstedt nach Grönwohlt.  Zum Jahreswechsel habe ich drei Baumlander gesehen, jetzt muss wenigstens einer mal herunter. Von der Haltestelle Grönwohld-Schule geht es bei Nieselregen zu Fuß vorbei an Shortys Krug....



zur bekannten Landestelle. Angefeuert von Spaziergängern gelingt es mir, die Sonde zu Boden zu bekommen. Allerdings reißt die Schnur selbst bei gewaltsamen Zerren nicht, ich muss sie durchtrennen. Leider bedeutetet das auch, dass es keine Restchance mehr gibt, über die Schnur vielleicht an den Fallschirm in dem anderen Baum heranzukommen und dass unerfreulich viel Material nicht geborgen werden kann. 



Die totale Überraschung ist dann aber der Begleitzettel, auf dem jede Menge zusätzliche Daten aufgedruckt sind. Einiges ist mir klar, anderes nicht...Womöglich hat jemand die Dinge statt auf ein eigenes Formular auf den Begleitschein gedruckt. Dabei ist Büttenwarder doch ARD und nicht ZDF (letzteres steht nach Meinung eines Kameramanns in meinem Bekanntenkreis für "Zettel, Durchschläge, Formulare")....



Ich muss relativ lange auf den Bus nach Bad Oldesloe warten. Über ein großes Stück der Strecke bin ich der einzige Fahrgast.


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Zusammenrottung im Beimoorwald

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
S2251600
Frequenz: 404.1 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Norderney (WMOID:10113)
Flugdatum: 30.12.2020 12:00Z
Track radiosondy.info 

Maximale Höhe: 33395 m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.62 m/s
Durchschnittliche Fallgeschwindigkeit: 18.34 m/s 
Landegeschwindigkeit: 9.3 m/s
Landestelle: Beimoorwald, LAT, LON: 
53.68419,10.29852, Google Maps
Status: Baumlander, von unten sichtbar, ca. 16m Höhe. Stangenbergung am 5.1.2020, 14:57UT
Methode: Decodierung des GPS mit TTGO

Der Beimoorwald ist mir von Kindesbeinen an gut bekannt. Er war auch irgendwie ein Faktor für meine Berufswahl. Ich "tümpelte"als Schüler nämlich gerne im "Molchsteich" und anderen Kleingewässern der Gegend. Am Ende der Schulzeit war klar, dass es beruflich etwas mit Biologie werden soll.  Daher ist mir die Gegend bestens vertraut. 

Am 30.12. landet die Mittagssonde aus Norderney genau dort, direkt an einem mir bekannten Weg. Ich muss sowieso in meinem Elternhaus was erledigen. Also geht schulter ich zwei Rucksäcke: Einem mit Zeugs für Schmalenbeck und das Sondenjägergepäck. Achso, das Faltrad muss auch mit. Rein in die S-Bahn und den Regionalzug. Ich muss einen kleinen Umweg machen, um den Rucksack loszuwerden. Ohne den ganzen Ballast geht es sofort weiter in den Beimoorwald. Eine Navigation brauche ich nicht. Am Waldrand hat der TTGO eine Position. Die GPS-Höhe entspricht leider 20m über dem Boden.

Durch den Wald geht es auf dem schnurgeraden "Pad". Der macht erst dort eine Kurve, wo früher das Forsthaus stand, wo meine Eltern immer die Fällgenehmigung für den  Tannenbaum erstanden. Danach ging man mit dem Förster in den Wald und suchte sich den Baum aus. Sowas wie Strom gabs da für den Förster und seine Frau nicht. Der Baum wurde dann auf einen Schlitten geschnallt und nach Hause gezogen. Merke: In den 1960ern gab es in Norddeutschland noch regelmäßig eine Schneedecke im Dezember. 

Rechts geht der Weg zur Landestelle ab. Da steht ein Auto mit Hamburger Kennzeichen und einem lokalpatriotischen Lehmsahl-Aufkleber. Knapp 200m weiter steht da ein netter Herr. Es ist offensichtlich, dass er  etwas sucht, und zwar eindeutig keine Pilze. 

Für Hans ist es der erste Versuch als Sondenjäger. Er hat bereits  Ballonrest und den darin eingeschlossenen Fallschirm etwas "gewaltsam" geborgen, wobei leider die Schnur gerissen ist. Er hat auch schon mit seinem Handfunkgerät und ohne Richtantenne die Landestelle erstaunlich gut eingegrenzt. Er kann sich aber keinen rechten Reim darauf machen. Da er nicht ernstlich mit einer Schnurlänge von 50m rechnet, traut er seiner eigenen Peilung nicht ganz über den Weg. Alles Dinge, die ich aus den Anfängen meiner eigenen Sondenjägerei sehr gut kenne. 

Bei nettem Smalltalk wird das eine lustige Suche. Mit einer Bergung der Sonde rechne ich angesichts der Sachlage nicht mehr ernstlich. Aber vielleicht können wir die Sonde sichten. GPS ist nur auf ein paar Meter genau, weshalb in dem dichten Wald 3-4 Bäume infrage kommen. Da Hans aber den Schnurverlauf abschätzen kann - dort haben sich beim Zerren an der Schnur Äste bewegt - können wir die Schnur am Ende im Fernglas im Schummerlicht erkennen und die Sonde 20m hoch in einer Fichte entdecken.

Kaum haben wir die Sonde gesichtet, bricht ein weiterer mir unbekannter Sondenjäger, Stefan, durchs Unterholz. Es gibt ein nettes Geratsche unter der Sonde, und am Ende ist es eigentlich überhaupt nicht mehr schlimm, dass wir uns fürs erste geschlagen geben müssen. Die beiden kommen auf unsere Whatsappgruppe, die Sonde auf die Baumlanderliste, und gut. 

Der Beimoorwald ist gerne mal ein Ort für krasse Baumlander und coole Treffen mit anderen Sondenjägern. Und runter kommen sie alle. Garantiert. Vielleicht helfen wir auch nach.

 Eine Sache fuchst mich aber: Dass ich die Sonde im Baum wegen der einbrechenden Dunkelheit nicht fotografieren kann. Also wird sie das Ziel meines Neujahrsausfluges, bei dem  ein paar Aufnahmen gelingen. Es sieht bei der Telebrennweite alles so nah aus und es ist doch so fern.

 


Update 5.1.2021

Am 4.1. habe ich die Bilder einmal genauer ausgemessen. Das Erstaunliche: Ich kam auf 13m Entfernung. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass es erheblich höher ist und eine 15m Stange nicht reichen würde. Aufgrund geometrischer Effekte ist das Ergebnis allerdings ungenau. Also bin ich am 5.1. vom Bahnhof Großhansdorf zur Landstelle gewandert. Da es in den vergangenen Tagen teilweise windig war, hoffe ich, dass die Sonde sich vielleich oben am Baum losgerissen hat, weil es ja auf den Bildern den Anschein hat, dass die Schnur nur lose aufliegt. Die Situation ist aber unverändert.

Ich finde eine Stelle, an der man die Sonde direkt von unten sehen kann. Mit der 15m-Stange komme ich knapp nicht an die Sonde heran. Gerade mit der 4kg schweren langen Stange ist es kompliziert, sie nach oben zu stemmen, weil dann die Stangenspitze gerne mal meterweit hin- und herschwingt.  Um aber den Haken einzufädeln, muss man zentimetergenau arbeiten. Irgendwann gelingt das.

Ich arbeite mit der Schnur-Haken-Technik: Der Haken ist nur auf die Stange aufgesteckt, so dass sich der Haken bei starkem Zug von der Stange lösen kann. Dass passiert dann auch. Ich muss schon mit sehr extremer Kraft an der Schnur zerren, um die Sonde zu Boden zu bekommen. Die Schnur ist direkt über der Sonde durchgerissen. Die straff gespannte Schnur zum Nachbarbaum ist leider noch vollständig vorhanden.



 

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