Samstag, 23. März 2024

3-Wetter-Taft nach 2040 Tagen leer

Sondentyp: DFM09
SN: 17008862
Frequenz: ? MHz
Startstation: bei Bergen (Manöver)
Flugdatum: 22.8.2018 15:06 LZ
Timerkill: -
Track eigene Daten
Landestelle Sülbeck, LAT LON: 53.268155,10.553033 Google Maps
Status:Baumlander, von unten sichtbar, 25m hoch.
Geborgen 2040 Tage nach dem Flug am 23.3.2024, 9:18 UT

Methode: Tawhiri-Prediction auf Basis eigener Daten; abwarten und Tee trinken.

Jede normale Sonde fällt auf Dauer vom Baum. Einige aber nicht, sie trotzen den Elementen und bleiben eisern oben. Physikalisch orientierte Zeitgenossen definieren diese ewigen Baumlander eben als Naturkonstanten.  Andere Experten halten es lieber mit der Chemie. Sie behaupten, dass sie vor dem Start heimlich jede Menge "3-Wetter-Taft" getankt haben, viel hilft viel.  "Sülbeck und Klecken, 15 Uhr: Jahrhundert-Orkan! Die Frisur hält!" Ein krasser Fall dieser Art war N3340159 im Klecker Wald, die sich nur mit einem gekonnten Angelwurf und viel Gewalt herunterholen ließ. 17008862 ist ein ähnlicher Kandidat. Hier eine kurze Zusammenfassung aus lauter einzelnen Blogeinträgen seit 2018: 

22.8.2018 15:06 UT: Eine DFM09 Manöversonde aus dem Raum Bergen landet im Wald östlich von Lüneburg, unweit der Busstation "Sülbeck, bei den Eichen". Radiosondy meint zu dem alten Schätzchen: 

Da gibt es nichts zu überprüfen. Wetterson.de hatte die Sonde wahrscheinlich auch nicht, sonst hätte ich mir die Daten abgespeichert. So segelte dieses Exemplar am Internet vorbei. Zum Glück konnte ich die Sonde damals bis in 160m GPS-Höhe mit einer Yagiantenne und einem SDR-Stick vom Balkon in Altona mitschneiden und per Zilog decodieren. Sonst wäre die Story hier zu Ende gewesen.

 


30.8.2018: Erste Suche im Landegebiet. Nach der Bergung einer RS41 fuhr ich nach Lüneburg und dann bereits mit dem Faltrad nach Lentenau, wo ich N2240718, eine Bergener Hartplastik-RS41 bergen konnte. Mit dem Rad ging es weiter nach Sülbeck und von da in den Wald. Der Bericht von damals war frustrierend: "Die Prediction von 17008862 sollte ähnlich gut sein, aber ich konnte die Sonde nicht finden. Entweder hatte die schon andere Freunde gefunden, oder sie hing in dem sehr dichten Laubdach des Buchenwaldes. Man hatte wenig freien Blick in die Wipfel. Vielleicht lohnt sich eine Nachsuche nach dem Blattfall." Ohne den Entschluss, nach dem Blattfall wiederzukommen und das Vertrauen in die Prediction, wäre die Story hier zu Ende gewesen.

30.12.2018: Erneute Suche. Diesmal entdeckte ich den Fallschirm, konnte aber die Sonde nicht entdecken. Immerhin, wir robben uns ran!

7.9.2019: "am Boden lag auch mehr als ein Jahr nach dem Flug nichts herum, und der Fallschirm im Baum war nicht mehr rot, sondern komplett ausgeblichen." Von der Sonde wieder keine Spur.

22.2.2020: Auf dem Rückweg von einer Seedorf-DFM-Bergung steige ich spontan an der Bushaltestelle "Sülbeck, An den Eichen" aus. Da ich eigentlich mit der Sonde abgeschlossen hatte, wäre ohne diesen plötzlichen Impuls die Story hier zuende gewesen. Ich schließe mein Rad an dem Fahrradständer der Busstation an und verschwinde im Wald.

Diesmal kann ich die Sonde erstmals in einer Lärche entdecken, 20-25m hoch und 20m neben der Prediction. Die Sonde war, wenn man sie erst einmal gesichtet hatte, sogar recht gut erkennbar. Die Lärchen werfen ihre Nadeln im Spätwinter ab, und bisher verdeckten sie den Blick in den Wipfel. 


 

 

Afokales Foto durch den Feldstecher

19.8.2020: Lage unverändert.

23.1.2021: Ohne Nadeln sieht man mehr. Mal wieder ein Foto zur Winterzeit!




14.3.2021: Nach 2 Frühjahrsstürmen ist die Situation leider unverändert....Die Sonde hängt nicht mehr an der Schnur, sondern die Schnur ist im Geäst verhakt. Überhaupt sind DFM-Schnüre viel haltbarer als die von Vaisala.

11.12.2021:  Sonde hängt an einem dünneren Ast etwas tiefer.

13.3.2022: Check der Sonde - Lage unverändert. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich bei diesem Besuch versucht, im Arne-Stil mit einer Angelrute eine Schnur einzuwerfen - bin aber kein Arne.

28.4.2022: Eine frisch gelandete DFM09 bei Holzen eingesammelt. Nach langer Radtour die Bushaltestelle "An den Eichen" angesteuert, um dort mit dem letzten Bus die Rückreise zu starten.  "Dort habe ich noch 50 Minuten Zeit. Genug, um eine kalte DFM09 zu besuchen, die dort seit 2018 im Wald in einer Lärche hängt. Ich war erst vor ein paar Wochen da. Auf dem Boden liegt sie nicht, und den Blick nach oben versperren die sprießenden Nadeln und die Blätter der Umgebung. Ich kann mich nicht lange aufhalten und wandere zurück zur Bushaltestelle. Bus und Bahn bringen mich diesmal problemlos zurück nach Hamburg. "

9.10.2022: Auf dem Weg zwischen zwei Bergungen wieder mal Sülbeck angesteuert: "Ich kann das inzwischen graue Gehäuse nur mit Schwierigkeiten sichten, sie ist immer noch oben und hängt leider ziemlich verhakt zwischen jungen Ästen. Mal sehen, was nach dem Nadelfall passiert".

16.4.2023: Lage eher schlechter: "Die DFM09 von 2018 hängt natürlich immer noch im Baum. Ich kann mir das Ganze aber mal im Hinblick auf eine zukünftige Bigshotaktion angucken. Ein passender Ast ist vorhanden, aber leider hängt die Sonde in dem kurzen Gezweig darunter. Das wird schwieriger, als es auf den ersten Blick aussieht."

Ich bin nicht sicher, ob diese Liste alle meine Besuche bei der Sonde erfasst, es könnten auch mehr gewesen sein. Falls es stimmt, startet am 23.3.2024 der verflixte 13. Besuch, 2040 Tage nach der Landung. U1240374, eine wahrscheinlich verlorene RS41 bei Echem, soll vor dem Sprießen des Laubes noch mal überprüft werden, und die Uralt-DFM vor dem Sprießen der Nadeln. Der Metronom nach Lüneburg baut eine politisch bedingte Verspätung auf, als in Harburg mal wieder stolze Mitglieder der "Erstmals im Leben Bahnfahren Elite" (ELBE) und ihrer Koalitionspartner von der BRIR (Begehbare Rollenkoffer im Regionalzug) die uneingeschränkte Blockdade aller Türen fordern 💪. Glücklicherweise hat der Bus nach Sülbek auch Verspätung.

Das Faltrad wird wie so oft an der Bushaltestelle angeschlossen, und los geht es in den Wald. Rechts abzweigen, auf den bekannten Weg den Hügel hoch, dann wie üblich am zweiten Jagdstand nochmal rechts. Ein GPS zur Identifikation der richtigen Lärche ist unnötig. Tatsächlich ist die Markierung im Unterholz noch da. Feldstecher raus - wo ist die Sonde? Ich sehe mich im Umfeld um und...

und....????...yeah? .. und !!!!   yeaaah!!!!


 



Dies ist jetzt meine längste Zeit zwischen Flug und Bergung - die Naturkonstante im Klecker Wald haben wir nach 1905 Tagen gewaltsam geändert.

Die Tour bei Schauerwetter zu der anderen Sonde am Rande des Golfplatzes von Echem war übrigens erfolglos. Auf dem Weg beobachte ich aber immerhin Schwarzspechte. Die Hoffnung, dass sie meinen Blicken nur durch das Laub verborgen geblieben war, erwies sich als unzutreffend. Ich vermute - wie schon damals - dass sie schon vor meinem ersten Besuch ein nicht eintragender Sondenjägerkollege eingesammelt hat. Drüben waren damals Fußspuren zu sehen. Das können natürlich auch Golfer gewesen sein, die ihren Ball aus dem Rough befreit haben. Dagegen spricht der heruntergedrückte Zaun direkt an der Prediction.....naja.


Übersicht über alle Sondenfunde hier
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Montag, 18. März 2024

Sondenberger-Auflauf bei Meilsdorf

Eigentlich möchte ich am Sonntag nach der  AKM-Tagung, an der ich online teilnehme, den Nachmittag in Schmalenbeck verbringen. Die Schleswiger Mittagssonde soll westlich von Kaltenkirchen niedergehen, das passt nicht so ganz in den Plan. Die werden sich andere Sondenfreunde schnappen. Dann aber sehe ich, dass die Nachtsonde einen sehr guten Fallschirm hatte und bis nach Dannenberg schwebte - statt Lauenburg. Ich fütter den sondehub-Predictor mit den gleichen Daten. Und was soll ich sagen: Wenn auch die Mittagssonde so langsam heruntersinkt, liegt die Landestelle exakt IN Schmalenbeck. Also widme ich Schleswig 12Z etwas mehr Aufmerksamkeit.

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
V2350922
Produktionsdatum: 2023-06-09
Frequenz: 402.5 MHz
Timerkill:
keiner

Startstation:
Schleswig (WMOID:10035)
Flugdatum: 17.03.2024 12:00Z
Track
wettersonde.net

Maximale Höhe:
31361m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.24m/s

Landegeschwindigkeit:
2.7m/s

Landestelle: Meilsdorf,
LAT, LON: 
53.621266,10.285766, Google Maps
Status:
komplett geborgen am 17.3.2024,14
:14 UT, Patrick, Arne, Axel, Anita, Hartwig....
Methode:
TTGO-Empfang bis zur Landung

Ich sitze noch in der U-Bahn, als der Ballon platzt. Zunächst sieht es nach Kaltenkirchen aus. Dann nach dem Duvenstedter Brook. Dann springt die Prognose weit nach Osten, nach Trittau. Wenn man berücksichtigt, dass die Prognosen in 13000m Höhe fast immer zu weit zielen, sitze ich in Schmalenbeck ziemlich gut!  Als die Prediction stabil im nur 5km entfernten Papendorf steht, fahre ich los. Es wird sowieso eine Zusammenrottung an der Landestelle geben. Da die Prediction über den gesamten Hamburger Nordwesten und Nordosten sprang, hat fast jeder Interesse angemeldet. 

In Siek angekommen, parke ich das Auto und gucke sicherheitshalber auf die Prediction. Sie springt jetzt zwischen Schmalenbeck - da komm ich gerade her -, der Siedlung am Hagen und dem U-Bahnhof Ahrensburg Ost hin- und her. Also bin ich in die falsche Richtung gefahren! Jürgen meint auf Whatsapp, dass sie mir aufs Haus fallen wird. Als ich dort bin - ist die Prediction an der 4. Achtertwiete in Schmalenbeck, 300m westlich meines Hauses. Als ich dort das Auto parke, liegt sie wieder Richtung Osten, zwischen Siek und Meilsdorf. Ich habe die Schnauze voll von diesem Hin- und Hergefahre. Jetzt geht es definitiv nach Meilsdorf. Die Kreuzung Drift/Alte Landstraße passt ziemlich gut. Vor Ort parkt in einer Feldeinfahrt ein Auto - Anita und Axel erwarten bereits die Landung direkt auf dem angrenzenden Acker. Ein Blick auf die RDZsonde-Prediction spricht für diese Theorie. Noch ein Auto hält. Arne und Patrick, beide sind scharf auf ihre erste Live-Landung! 

Die Sonde ist an uns vorbeigeflogen, soll aber laut Prediction umdrehen und uns vor die Füße fallen. Da sieht jemand einen weißen Punkt am Himmel - der DWD-Fallschirm. Die Sonde ist noch in 1km Entfernung - aber auf dem Weg zu uns - sie hält direkt auf uns zu. Arne macht ein sehr "dokumentarisches" Video, aus dem auch mit Bildverarbeitung nicht viel herauszuholen ist. Aber immerhin erkennt man den Fallschirm als weißen Punkt hinter einer Hochspannungsleitung.

Foto: Arne


Fallschirm, Ballonrest, Sonde sind im Feldstecher wirklich gut zu erkennen, zumal die Sonde sich rasch annähert. Die Flugrichtung stimmt!  Mitunter sieht man sogar die Schnur aufleuchten. Die wird doch wohl nicht etwa in der Hochspannungsleitung enden? 

Da nimmt aber leider die Fallgeschwindigkeit ein wenig zu, so dass die Sonde es nicht zu uns schaffen wird, sondern auf mitten einem sehr großen Rapsfeld landet. Das Feld ist für Stormarner Verhältnisse ziemlich groß. Egal von welcher Seite man kommt, sind es zur Einschlagstelle 400-500m. Wir sehen das Gespann hinter einem flachen Hügelzug verschwinden. Patrick rennt los, je nach Sportlichkeit hecheln wir anderen hinterher. Arne und ich erreichen die Landestelle ein paar Minuten nach ihm. Axel lässt seinen TTGO laufen und dokumentiert die Landung und die anschließende Bergung für wettersonde.net. Ganz Sondendeutschland kann live zugucken.

 

Foto: Patrick

 


Natürlich tragen wir uns wie üblich alle in Radiosondy ein. Und ein Gruppenbild reicht auch nicht:

Foto: Patrick


Foto: Patrick

Patrick ist immer noch euphorisch wegen seiner ersten Live-Landung. Die war zwar etwas "long distance"-mäßig, aber live is live. Und so lädt er uns zu einem Kaffee ein, in der Braaker Mühle, wo es einen langen Sondenjäger-Klönsnack vom Allerfeinsten gibt. 


Foto: Patrick



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Freitag, 8. März 2024

Astrohardy ermittelt - der Fall der abgestürzten Sonde

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
V2930781
Produktionsdatum: 2023-07-19
Frequenz: 402.7 MHz
Timerkill:
keiner

Startstation:
Sasel
(WMOID:10141)
Flugdatum: 07.03.2024 (12:00Z), Startzeit 10:45UT, Landung 10:49UT(!!)
Track
sondehub.org            DWD

Maximale Höhe:
359.8m (!!)
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 3m/s

Landegeschwindigkeit:
-4.3m/s

Landestelle: Poppenbüttel
LAT, LON:
53.64814,10.09822, Google Maps
Status:
Geborgen am 7.3.2024, 13:36UT. Intakter Ballon mit Gasinhalt.

Methode:
Lokalisiert mit Sonden-GPS (TTGO, RDZsonde). Stangenbergung aus Eiche aus 10m Höhe

Gemeinhin startet Sasel Sonden nur am Mittwoch. So bin ich am Donnerstag sehr erstaunt über den Sondenstart um 10:45UT, den ich auf wettersonde.net eher beiläufig registriere. Ich will mit einer Prediction rasch feststellen, wo das ungefähre Zielgebiet ist - da sehe ich, dass die Sonde schon wieder im Abstieg begriffen ist. Tatsächlich erreicht sie nur eine GPS-Höhe von knapp 360 Metern und landet nach ca. 4 Minuten nur 854m vom Startplatz entfernt. 

Leider haben wir derzeit keine besonders gute Abdeckung des Hamburger Raums mit Empfangsstationen mehr. Um ein Haar wäre die Sonde komplett unbemerkt geblieben. Nur Bernd bei Oldesloe konnte Daten der Sonde in Wettersonde.net und Sondehub einspeisen. In Radiosondy.info kam die Sonde gar nicht vor. 

Natürlich wird die Lage in unserer Whatsappgruppe eifrig diskutiert. Ich kann mich nicht so schnell auf Arbeit loseisen und bin erstaunt, dass niemand bei der Landestelle vorbeiguckt. Wegen des Bahnstreiks muss ich auch erst einmal abchecken, ob man mit vertretbarem Aufwand nach Poppenbüttel kommt. Die Antwort: Die S-Bahn fährt diesmal tatsächlich im Rahmen des Notfallplans alle 20 Minuten dorthin. Am Ende fahre ich nach Hause und dann 20 Minuten später - mit einer 13m Stange und allerlei Bergegeraffel bewaffnet - los. Derweil wird der Fall der abgestürzten Sonde schon auf der wettersonde.net-Telegram-Gruppe eifrig diskutiert. Und der ziemlich einmalige Fall, dass nur ein einziger Funkamateur die Sonde den Flug dokumentierte, gibt zu allerlei Frotzeleien Anlass:

 

Für echte "Ermittlungen" muss man erstmal zum "Tatort" kommen. Vom Bahnhof Poppenbüttel sind es nur 800 Meter Fußweg. Eigentlich müsste der TTGO die Sonde bereits empfangen. Aber da ist nichts! Mit einem unguten Gefühl wandere ich los. Erst kurz vor dem Ziel lässt der TTGO doch noch Koordinaten sprudeln. Eine Überschlagsrechnung ergibt, dass die Sonde ca. 10 Meter über dem Boden hängen müsste. 

Die Landezone ist ein Wohngebiet mit Eigenheimbebauung. Ohne Kommunikation mit den Eigentümern geht da natürlich nichts. Bevor man irgendwo auf Verdacht klingelt, sollte man allerdings die Lage gut kennen. Von einem öffentlich begehbaren Fußweg aus ist die Sonde leicht zu entdecken. Sie hängt in einer Eiche über Privatgrund, und die vermutete Bodenhöhe erweist sich als richtig.


Die Schnur müsste in luftiger Höhe über den Fußweg verlaufen, aber ich kann sie nicht ausmachen. Dann sehe ich sie aber auf dem Grundstück auf der anderen Seite des Weges hinter einer Hausecke verschwinden. 

Also wird dort geklingelt. Der Mann ist erst skeptisch und fragt mich, ob ich vom Wetterdienst sei und ich mich ausweisen könne. Diese Frage habe ich bei fast 500 Sonden bisher erst einmal gestellt bekommen. Wie üblich erkläre ich ihm, dass wir das rein hobbymäßig und u.a. aus Umweltschutzgründen tun. Seine Neugier ist geweckt, und er lässt mich ums Haus gehen. Ich kann mich vor Lachen kaum halten, was da unter dem Terrassentisch festgebenzelt ist...

...ein praktisch intakter Ballon mit Gasfüllung. Drinnen ist der Fallschirm fühlbar. Damit habe ich jetzt nicht gerechnet.

Leider wird die Hoffnung, dass sich die Sonde drüben sich mit der Schnur ablassen ließe, enttäuscht. Die Schnur geht nämlich über einen riesigen Nadelbaum und die Reibung an den Nadeln ist zu groß. Also schneide ich die Schnur durch.

Inzwischen kommt auch die Frau des Eigentümers dazu. Auch sie macht einen interessierten Eindruck. Sie schafft es, durch massives Winken ihre Nachbarn von dem Sonden-Grundstück herbeizurufen. Wieder die Frage nach meiner offiziellen Legimitation, dann auch hier zunehmendes Auftauen nach ein paar Erklärungen meinerseits. Die beiden Bewohner sind im Homeoffice eingespannt und erleichtert, dass ich meine, dass ich die Sonde auch ohne ihre Hilfe herunterbekommen dürfte. Die knappen 10 Meter sollten kein nennenswertes Problem für meine Teleskopstange darstellen. 

Das ganze erweist sich dann doch als etwas schwieriger als gedacht. Die Sonde liegt fast an dem Eichenstamm auf, und es erfordert etwas Konzentration, die Schnur und nicht die feinen reisigartigen Zweige der Eiche einzuhaken.




 Am Ende gelingt es aber doch:




Die LED an der Sonde leuchtet noch! Das bedeutet, dass die Flughöhe nicht ausgereicht hat, dass die Sonde ihren Start registriert hat! Da die Sonde erst nach einem eindeutigen Start ihre Sendeleistung heraufregelt, erklärt das auch das relativ schwache Signal. Inzwischen hat der alte gelbe DWD-Info-Label auch schon einen antiken Flair.

 


Die Grundstücksbesitzer erzählen mir, dass der Ballon ursprünglich auffällig an einem Baum auf dem Nachbargrundstück hing. Die Leute haben dann den Ballon heruntergeholt, auf ihre Terrasse getragen und dort wohl mit der Schnur an ein Stuhlbein geknotet - wo ich den Ballonrest dann vorgefunden habe. Dabei haben sie die Sonde einige Meter nach oben gezogen, aber glücklicherweise nicht zu hoch. Die Inhaber des Sondengrundstücks haben die Sonde im Baum entdeckt und sogar den DWD in Frankfurt angerufen (aber da niemandem mit Wettersondenahnung an den Hörer bekommen). Sie haben es auch mit dem Wiedereintritt einiger ISS-Teile, der durch die Medien ging, in Verbindung gebracht. Jetzt sind sie sehr froh, dass sie von dem obskuren Besucher eine  Aufklärung des an sich harmlosen Sachverhalts erhalten.  

Die "Ermittlungen"  konnten dank einer Öffentlichkeitsfahndung ("RS41 ungelöst") erfolgreich abgeschlossen werden. Zwar konnte nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden, was den Absturz der Sonde bewirkt hat, aber ein "Abschuss" kann wegen der völlig unverletzten Ballonhülle eindeutig ausgeschlossen werden 😁.




Das ganze erinnert mich sehr stark an eine andere Saseler Sonde, P2611286, die 2020 ebenfalls gleich nach dem Start herunterkam. Sie schaffte aber immerhin eine doppelt so weite Strecke und erreichte 745m Höhe. Sie war übrigens die erste Sonde, die ich mit einem TTGO erbeutete - diese kleinen Helfer waren damals noch brandneu. Auch war dieser Ballon ganz normal geplatzt, nur eben in 1700m Höhe.

Dann war da noch P2531126, eine Saseler Sonde aus dem Jahr 2019. Die erreichte immerhin 2900m Höhe und landete nach einem kurzen Flug in Hamburg-Berne. Ich war ca. eine Stunde danach vor Ort, wo nichts mehr sendete und nichts mehr zu finden war. Es gibt Hinweise dafür, dass hier ebenfalls ein intakter Ballon heruntergekommen ist.

Übrigens erfolgte heute in Sasel umgehend ein Nachstart. Diesmal wurde eine Sasel-typische Höhe von 25km erreicht. Und Axel konnte auch diese Sonde in der Wedeler Marsch bergen. Er musste dazu breite Gräben überwinden und erhielt dazu wertvolle Hinweise von Ortskundigen aus unserer Whatappgruppe. 

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier

Nachtrag: Bernd machte mich freundlicherweise darauf aufmerksam, dass der DWD die Sonde natürlich auch empfangen und die Daten auf der Rasomon-Seite bereitgestellt hat. Der Empfang durch den DWD geschieht ausschließlich von der Startstation aus, die ja in diesem Fall nicht einmal einen Kilometer  von der Landestelle entfernt lag. Und daher haben sie sogar Positionen der Sonde im Baum erfasst (Track: hier). Sie haben den Empfang um 10:53UT, also 4 Minuten nach der Landung, abgeschaltet.
Rasomon hat einen Fehler in der Koordinatenaufbereitung, der sich im Laufe eines normalen Sondenfluges
zu beträchlichen Positionsabweichungen aufsummiert (bis zu mehreren Kilometern). Das macht die Seite für den Sondenjäger unattraktiv. Im vorliegenden Fall eines kurzen Hopsers ist der Effekt aber noch nicht relevant, so dass diesmal Rasomon den besten Datensatz lieferte.