Montag, 26. Juni 2023

Kaltsondensuche an Prags Touri-Hotspot

        

Sondentyp: RS41-SG
SN: U4614195
Frequenz: 401.10 MHz
Startstation: Praha Libus (WMOID:11520)
Flugdatum: 08.06.2023 0Z
Track  radiosonda.sk
Landestelle  Prag, Staroměstské náměstí LAT LON: 50.08793,14.42148  Google maps

Lokalisiert am 25.06.2023, 19:19Z durch Extrapolation von Radiosonda.sk-Daten. Nicht geborgen. Liegt auf einem Regenrinnen-Gitter auf  dem Dach der Narodni Galeria Praha (Palác Kinských) gleich gegenüber vom Hus-Denkmal. Von unten sichtbar (Localized by extrapolating radiosonda.sk data, not recovered. On a rain gutter on the Palác Kinských (building of the Narodni Galeria) Praha, visible from the vicinity of the Hus-memorial.

 

Ich bin endlich mal wieder auf meiner Lieblingstagung Auxins and Cytokinins in Plant Development. Sie findet alle 3-4 Jahre in Prag statt. Dieses Mal sind es 5 Jahre geworden - ein Virus war Schuld. Prag ist eine Startstation (Praha Libus) für Radiosonden. Letztes Mal, 2018, gab es kaum Wind, so dass die Sonden aufstiegen und nach vollendeter Mission ins Stadtgebiet plumpsten. Zwei Sonden konnte ich bergen - eine in der Kaffeepause, eine vor dem Frühstück - meine einzigen RS41SG bisher. Dieses Mal ist diese Aktion nicht machbar, weil die Sonden wegen des Windes viel zu weit weg fliegen. Habe auch kein Auto oder Faltrad für Touren ins weitere Umland mit. Zudem wäre dafür auch gar keine Zeit, denn ich bin ja nicht im Freizeitmodus in Prag. Wenn, dann muss das wie damals schnell gehen.  Meine letzte Hoffnung ist, dass eine Sonde im Prager Stadtgebiet ungeborgen herumoxidiert. Und tatsächlich werde ich beim Stöbern in der Radiosondy-Liste mit der Nachtsonde vom 8.6.23 fündig.

Diese Sonde ist nicht irgendwo gelandet, sondern auf dem Staroměstské náměstím, dem Altstädter Ring. Das architektonische Ensemble dieses zentralen Platzes der tschechischen Hauptstadt ist extrem beeindruckend, und  in Europa gibt es kaum eine Stadtfläche, die derart geschichtsbeladen ist. 

Auf dem Weg zum Hotel gehe ich dort vorbei, allein schon, um ein wenig Prager Atmosphäre zu schnuppern.

Hus-Denkmal


Prager Rathaus

Reste des Gespanns an dieser Stelle zu finden, halte ich für fast ausgeschlossen, denn der Platz ist natürlich 24/7 von Touristen bevölkert. Ich orientiere mich: Nach den Daten der slowakischen Sondenfreunde ist das Ding direkt zwischen Hus-Denkmal und Kinských-Palast heruntergekommen. Der Palast hat übrigens eine bewegte Geschichte: Hier  verbrachte die Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau ihre Kindheit, spätere Bertha von Suttner. Sie war die erste Friedensnobelpreisträgerin. Später beherbergte das Gebäude ein Gymnasium, wo u.a. ein gewisser Franz Kafka zur Schule ging. Vom Balkon aus wurde der Beginn der kommunstischen Herrschaft und auch ihr Ende verkündet. Angesichts der ganzen Touristen wird da nichts mehr liegen. Ich schaue mir aus der Ferne den Palast an, als ein weißer Fleck oben an dem Schutzgitter der Regenrinne meine Aufmerksamkeit erweckt.

Da ich kein Fernglas habe, muss ich mir das Objekt aus allen Richtungen ansehen, bis ich sehr sicher bin, dass das die Sonde ist. Leider hängt keine Schnur herunter, an der man ziehen konnte (das hat wahrscheinlich gleich nach der Landung irgendwer versucht).


Letzte Zweifel schwinden, als ich direkt von unten den Sensorarm über die Regenrinne ragen sehe.

 

Machen kann man da nicht viel. Ich trage sie mit ACHTUNG in Radiosondy ein und gut. Vielleicht kann ein lokaler Sondenjäger sich Zutritt verschaffen oder zumindest die Lage im Blick behalten, aber auch das wird schwierig sein.  Erinnert mich alles an eine Radiosonde in Hamburg Ohlsdorf, die ähnlich an einem Regenrinnengitter hing und an die wir auch nie herangekommen sind.

Eine weitere Suche in Radiosondy.info ergab noch mehrere andere in Prag gelandete Sonden. Am 28.6. konnte ich die Landestelle der Mittagssonde vom 16.6. besuchen. Viel Chancen sah ich keine. Laut Google Maps war die letzte Position über einem abgesperrten Parkplatz, eine Extrapolation auf der Straße. Nach 12 Tagen würde es unwahrscheinlich sein, etwas zu finden. 

 

Sondentyp: RS41-SG
SN: U4614326
Frequenz: 404.2 MHz
Startstation: Praha Libus (WMOID:11520)
Flugdatum: 16.06.2023 12Z
Track: radiosondy.info
Landestelle  Prag, Holosevice LAT LON: 50.10415,14.44809  Google maps
Status: Teil der Schnur gefunden am 28.06.2023, 19:19Z durch Extrapolation von Radiosondy.info-Daten. Sonde und Ballonrest nicht auffindbar. 

 Der besagte Parkplatz ist mit einer mit NATO-Draht getoppten Mauer umgeben und ich konnte ihn nicht absuchen. Auf dem Gehweg fand sich zu meinem Erstaunen ein Teil der Sondenschnur!

 

Leider konnte ich keine Reste oder Trümmer der Sonde mehr finden, was aber 12 Tage nach dem Flug auch unwahrscheinlich wäre. Vielleicht könnte man sich Zutritt zu dem abgesperrten Stellplatz verschaffen, aber ich hatte keine Zeit, denn ich musste zurück zur Konferenz.

Am Freitag wird die Konferenz beendet. Ich fahre aber erst am nächsten Morgen nach Hause, so dass am Abend noch eine kurze Suche nach der Abendsonde vom 5. Juni möglich erscheint. Mit dem Bus sind es nur wenige Stationen bis zur vorhergesagten Landestelle.

Sondentyp: RS41-SG
SN: T3930193
Frequenz: 404.2 MHz
Startstation: Praha Libus (WMOID:11520)
Flugdatum: 5.06.2023 18Z
Track: radiosonda.sk
Landestelle  Prag,  LAT LON: 50.08841, 14.46068  Google maps
Status: Dachlandung. Sonde und Ballonrest von unten nicht sichtbar. Schnur verläuft gut sichtbar hoch über den Dächern der Straße
Konevova und über einen Innenhof des Hauskomplexes.

Bei Radiosondy endet die Spur in über 4000m Höhe, aber auch hier hilft die Datenbank des slovakischen Radiosondenforums weiter. Sie hat die Sonde bis fast zum Einschlag, bis in 342m GPS-Höhe. Der letzte Punkt ist an einem Altbau.-Gebäudekomplex an der Straße Rohacova. Dort sind ein paar Bäume, man kann nicht auf die Dachfläche gucken - nichts. Nach einer erfolglosen Suche nach Trümmern auf dem Boden gehe ich um den Gebäudekomplex herum. Und Bingo: Die Schnur leuchtet unübersehbar über den Dächern der Straße   Konevova

 



Ein Weg durch einen Park nördlich der Straße ist erfolglos; so weit scheint die Schnur nicht zu reichen. Laut meiner Karte ist in dem Gebäudekomplex selbst ein Innenhof, vielleicht kann man die Sonde dort einfach einsammeln oder abpflücken? Ich frage bei einem Restaurant/Hotel. Die nette Dame an der Rezeption meint: "Gehen sie einfach durch die Tür dahinter, viel Glück". Auch von dort ist die Sache leider eindeutig:

 



Die Schnur verläuft quer über den ganzen Innenhof. Fazit: Die Sonde liegt ganz oben auf dem Dach, die Schnur geht über den Innenhof, über die Straße Konevova. Prager Sonden haben keinen Schirm. Ballonrest und Abroller liegen ebenfalls oben auf dem Dach an der Nordseite der Straße Konevova. Wenn man eine lange Stange hat und die Bewohner der entsprechenden Wohnungen freundlich fragen würde, könnte ein lokaler Sondenjäger diese Herausforderung annehmen. Aber auch der Innenhof ist nicht so einfach zu durchqueren. Für mich ist hier Schluss. 

Ein letzter Ausflug bringt mich zur Landestelle von T2920594. Hier kann man gar nichts machen: Das Gelände ist eine riesige Baustelle.

Fazit: Die Prager Sondenjäger sammeln alles ein, was offen zugänglich ist. Was dann noch verbleibt, sind harte Nüsse, zu hart für den ortsfremden Gast ohne Spezialausrüstung. Ansonsten: Tolle Konferenz, tolle Stadt.

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Sonntag, 18. Juni 2023

Eine Kuh macht Muh, viele Kühe machen Mühe

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
U4054960
Produktionsdatum: 2022-10-07

Frequenz: 402.5 MHz
Timerkill:
keiner

Startstation:
Schleswig (WMOID:10035)
Flugdatum: 17.06.2023 00:00Z
Track
wettersonde.net

Maximale Höhe:
33425m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.46m/s

Landegeschwindigkeit:
2.1m/s

Landestelle: Hüll,
LAT, LON:
53.72677,9.290841, Google Maps
Status:
geborgen am 17.6.2023,12
:14 UT. Wiesenlandung
Methode:
Tawhiri-Prediction nach wettersonde.net - Daten

 

Diese Sonde landet in der Nacht auf Samstag in freier Feldmark nördlich von Hemmoor. Die Prediction ist extrem genau, weil die letzte Position nur 8m über Grund liegt. Am frühen Nachmittag bin ich mit dem RE5 und dem Faltrad zur Landestelle gefahren. Vom Bahnhof Hemmoor sind es 11km bis Hüll. Von der Grünen Straße fädelt sich ein Feldweg ins nahe Moor aus. Auf einer Wiese ist schon aus der Ferne der Fallschirm zu erspähen...





Die Schnur verläuft in Richtung auf die benachbarte Kuhweide. Die Tiere kommen, kaum dass sie mich erspäht haben, neugierig an den Zaun gelaufen. Glücklicherweise liegt die Sonde 20m vor der Weide.





Auf dem Rückweg zur Straße kommt mir der Bauer, dem die Kühe gehören auf einem Trecker entgegen. Er fragt mich natürlich, was da los war. Nach einem netten Smalltalk radel ich zurück nach Hemmoor. 


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Sonntag, 11. Juni 2023

Gelbes Fähnchen unter dem Schirm

Eine der Putlos-Sonden ist noch nicht geborgen: 17051866. Die Tawhiri-Prediction liegt auf einer Wiese. Ähnlich wie bei den anderen Putlos-Sonden dieses Tages waren die Wettermodelle auch hier nicht plausibel, so dass sich die Landestelle wohl eher am nahen Waldrand befinden sollte. Rüdiger (zz1mv in Radiosondy) und Froggy waren dort und schrieben: "Wiese und Waldrand gründlich abgesucht, leider ohne Erfolg". Auf unserer Whatsappgruppe kamen ein paar Details: "Wir haben die Wiese gründlich abgesucht. Zwar ziemlich hohes Gras, sind aber im Zick Zack drüber. Da hätten wir eigentlich über die Schur stolpern müssen. Vielleicht ist sie doch irgendwo in den Wald. Den Waldsaum haben wir auch abgesucht, aber leider nix gefunden. Kann aber gut sein, dass wir sie dort beim dem vielen Laub übersehen haben." Am 10.6. fahre ich mal von Schmalenbeck spontan mit dem Auto hin, mit dem Vorsatz, mal den Waldrand auf links zu drehen. Die gesamte Situation sieht danach aus, dass die Sonde noch da ist.

Sondentyp: DFM09
SN:
 
17051866
Produktionsdatum: 2017
Frequenz:
403.55 MHz
Timerkill: keiner
Startstation:
Putlos (Manöver, WMOID:-)
Flugdatum (Landezeit): 30.5.2023 10:28Z
Track Radiosondy.info
Maximale Höhe:
19632m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.69 m/s 
Landegeschwindigkeit: 3.9 m/s
Landestelle: Klinkrade
,
LAT, LON:
53.71465,10.58222 Google Maps
Status:
Geborgen am 10.6.2023, 15:56 UT
Methode: Extrapolation nach Radiosondy-Daten. Baumlander 10m, Stangenbergung

Erst einmal erweist es sich als schwierig, überhaupt zum Landeort vorzustoßen, weil der Weg, der laut Google-Maps und OSM dort hinführen soll, in dieser Form nicht existiert. Ich finde einen Zugang durch den Wald und gelange von der Waldseite her zur Extrapolationslösung. Hier ist auf den ersten Blick nichts zu sehen. Der eigentliche Waldsaum ist ein undurchdringliches Gestrüpp, und die Sonde dürfte sich im Wald oder in diesem Gestrüpp im Laub verbergen. Mücken und Bremsen verlangen ihren Blutzoll. Ein Erdwall auf der Waldseite gibt einen etwas besseren Überblick, was aber auch nicht weiterhilft.

Es ist überhaupt schwierig auf die Wiese vorzudringen. Von dort suche ich aus einiger Distanz mit dem Fernglas den Waldrand ab - nichts. Ein Jagdstand erlaubt einen Scan der Wiese von oben. Nichts ist zu erkennen. Angesichts der Flugrichtungsextrapolation wäre eine Wiesenlandung ja auch unwahrscheinlich. So muss ich Rüdiger recht geben - da ist sie nicht.

Zurück im Wald beschließe ich einen letzten Versuch: Einfach entgegen der Flugrichtung auf die Extrapolationslösung zulaufen. Sofort stoße ich auf eine gelbe Markierung an einem Busch:



Jemand hat einen gelben Streifen mit einer Wäscheklammer an einen Zweig befestigt! Oha, Obacht! Was bedeutet das? Ich scanne die Bäume über mir und sehe sofort den Fallschirm in ca. 6-8m Höhe.




Hier hat ein Sondenjägerkollege die Schirmposition markiert! Die Schnur verschwindet senkrecht nach oben im Baum. Ich suche etwa eine halbe Stunde die Gegend ab, wo sich die Sonde befinden muss. Aus einem bestimmten Blickwinkel entdecke ich in einem Baum mit dem Fernglas eine Schnur, die senkrecht herunterkommt. Und nach weiterer Inspektion entdecke ich an derem Ende auch die Sonde, die etwa 10m hoch hängt. Irgendwelche Markierungsfähnchen gibt es nicht, woraus ich mal folgere, dass mein Vorgänger die schwer sichtbare Sonde nicht finden konnte.


 

Was tun? Mein praktisches Schnurmesser auf Rasierklingenbasis, das man auf die Stange stecken kann, befindet sich daheim in meiner Faltradtasche. Der Kit, den ich im Auto mitnehme, enthält so etwas nicht. Sonst würde ich den Fallschirm kappen. Womöglich fiele die Sonde dann von selbst herunter. Und wenn nicht, müsste man eben mit der 15m Stange nachhelfen.  Den Fallschirm am Haken der 15m Stange nach unten ziehen und die Schnur dann zu kappen birgt das Risiko, dass die Sonde um 8m nach oben gezogen werden müsste, und wer weiß, ob sie nach Entfernung der Fallschirm-Last nicht oben hängen bleibt? Also versuche ich die direkte Bergung der Sonde mit der Stange.

Das funktioniert besser als bei der letzten Baum-DFM. Leider zieht dieser Ansatz wie befürchtet den Schirm nach oben. Er ist nicht mehr von unten sichtbar und auch nicht wieder freizuschütteln. Ich muss unbedingt ein Schneidetool in meine Auto-Ausrüstung packen; damit wäre heute eine vollständige Bergung des gesamten Gespanns gelungen. 




Was ich heute auch nicht dabei hatte ist ein Edding zum Hinterlassen von Grüßen auf gelben Fähnchen. Ich möchte mich auf jeden Fall bei dem unbekannten Kollegen bedanken. Ich würde ihn gerne in Radiosondy als Co-Finder eintragen, wie man es macht, wenn man nennenswerte Vorarbeiten anderer Leute für die eigenen Bergungen nutzt. Meine Emailaddresse findest Du auf im Impressum von astrohardy.de/radiosonde.

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Sonntag, 4. Juni 2023

Such-und Rätselsonde bei Talkau

Sondentyp: DFM09
SN:
 
17050350
Produktionsdatum:
2017
Frequenz:
403.25 MHz
Timerkill: keiner
Startstation:
Putlos (Manöver, WMOID:-)
Flugdatum (Landezeit): 30.5.2023 08:52Z
Track Wettersonde.net
Maximale Höhe:
17432m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.44 m/s 
Landegeschwindigkeit: 3.4 m/s
Landestelle: Talkau
,
LAT, LON:
53.57467,10.59346 Google Maps
Status:
Geborgen am 3.6.2023, 16:26 UT
Methode: Extrapolation nach Wettersonde.net-Daten. Baumlander 12m, Stangenbergung

Am Vormittag des 30.5.2023 startet von Putlos eine Manöversonde nach der anderen. Ich selber kann mich berufsbedingt kaum darum kümmern und habe Schwierigkeiten, bei kurzen Blicken ins Netz überhaupt den Überblick zu behalten. Die Sonden werden überwiegend von Mitgliedern der Hamburger Whatsappgruppe gesucht. Zwei landen relativ hamburgnah. Steve schnappt sich 17050241 und versucht auch 17050350.  Beide sind  im Raum Schwarzenbek/Talkau/Kankelau gelandet, letztere aber schwer zu finden im Wald. Steve berichtet von einem schönen Waldweg, der direkt hinführt. Aber finden kann er nichts. Am Nachmittag rollt Rüdiger das Feld der gelandeten DFM09-Sonden von Norden her auf und ist auch ziemlich erfolgreich. Bei 17052559 trifft er einen neuen Sucher namens Froggy. Die beiden tun sich zusammen und Froggy wird auch schnell Mitglied der Gruppe.

Ich habe inzwischen mit der Sonde im Wald bei Talkau befasst. Eindeutig ist die sehr nach Süden zielende Tawhiri-Prediction von wettersonde.net völlig unplausibel. Offenbar haben die Wettermodelle heute einen Hau. Eine Extrapolationslösung sieht viel schnuckeliger aus und passt auch sehr gut zu dem in letzter Minute nordostwärts abdrehenden Bahnverlauf, der auf wettersonde.net sehr gut aufgelöst erscheint. Sie sieht die Sonde nur 20-30m von der letzten Position. Und da die Sache auf Google-Maps nach Wald mit hohen Buchen aussieht, dürfte die Sonde in Wahrheit noch dichter an der letzten Position sein. Das Ergebnis der Überlegungen poste ich auf der Whatsappgruppe. Rüdiger und Froggy   versuchen kurz darauf am Ende der Tour auch 17050350 im Wald. Sie bleiben aber ebenfalls erfolglos. Rüdiger postet ein aussagekräftiges Foto eines abschreckend-unübersichtlichen Waldes im satten Grün mit reichlich Vegetation im Unterholz. Weia, das dürfte die Sache reichlich erschweren.

Am Samstag geht die Sache mit der Sonde nicht aus dem Kopf. Zwar hat niemand GPS-Positionen der Landestelle sichern können - Steve war ohne Empfänger unterwegs, und Rüdiger und Froggy trafen die DFM nicht mehr sendend an. Aber eigentlich gibt es nur einen "heißen" Bereich von wenigen Dutzend Metern Durchmesser. Da passen allenfalls eine Handvoll hohe Bäume hinein. Vielleicht kann man sie aus verschiedenen Richtungen mit dem Fernglas inspizieren und dann Schnüre, Schirme und weiße Boxen erkennen? Da mir ohnehin nach einer Radtour ist, pack ich alles zusammen und ab geht es nach mit dem Zug nach Schwarzenbek.

Schon am Bahnhof gibt es ein Problem: Um die 13m-Stange an das Faltrad zu bänzeln, greife ich in die Seitentasche des Frontrucksacks. Keine Spannriemen!. Das hat man davon, wenn man den Rucksack umpackt, um das Chaos zu lichten. Ich improvisiere mit einer Schnur und ein paar gewagten Knoten. Wie lange das wohl hält? Idee: Hier gibt es doch bestimmt einen Baumarkt? Stellt sich heraus, dass meine Route direkt daran vorbeiführt. Nach 2km ist das Problem gelöst.

Sehr schön sind die Gerstenfelder am Wegrand. Um den Nachschub an netten Getränken muss sich der Sondenjäger offenbar keine Sorgen machen.


 

Die garstigen Maispflanzen hingegen sind noch klein und niedlich. Bald werden sie dank C4-Photosynthese in Sachen Biomasse die Gerstenpflanzen auspowern und dem Sondenjäger bis in den Herbst das Leben schwer machen. Bei Tramm biege ich rechts ab und bin sehr bald auf dem von Steve erwähnten Waldweg. Ich kette das Faltrad an einen Baum. Der Anblick nach Süden entspricht exakt Rüdigers Foto. Die Sonde hängt ja aber nordwärts des Weges. Da sind die Bäume noch höher, stehen aber recht dicht, und es gibt weniger Unterholz. Aber nach oben kann man kaum blauen Himmel sehen. Dafür summen und saugen überall Mücken herum.

Ich fange 30m stromabwärts meiner Prognose an die Wipfel der 30-40m hohen Bäume nach Schirm und Schnur abzusuchen. Nichts - das Laubdach ist zu dicht. Ich erwarte die eigentliche Sonde zwischen letzer Position und Extrapolationslösung. Da die Bäume so hoch sind, sicher eher nahe ersterer.  Durch das Laub geht auch hier nichts.  Ich stapfe auf den Weg, vielleicht hat man von da aus einen besseren Blick? Ja, man hat einen besseren Blick, und was für einen! Da hängt nämlich eine DFM09, 12m hoch, es kann doch so einfach sein.  Es muss aber gesagt sein: Diesen Anblick hat man nur von ganz wenigen Punkten des Weges aus - sonst sind Blätter davor.



Schnell zurück zum Rad, die Stange holen. Danach suche ich noch einmal nach dem Schirm. Aber nein, man sieht von diesem Gespann die Sonde und einen Meter Schnur. Über den Schirm kommt man da bestimmt nicht heran.

Die Bergung mit der Schnur-Haken-Technik erweist sich als komplizierter als gedacht. 5mal kann ich die Schnur mit dem Haken fangen. Die Schnur gibt in keiner Weise nach. Weiter oben muss sie an einem dicken Ast irreversibel verknotet oder verhakt sein. Und DFM-Schnüre sind reichlich reißfest. Immer flutscht bei Gewaltanwendung die Schnur wieder aus dem Haken. Die Sonde scheint jetzt sogar einen Meter höher hängen als ursprünglich.

Ich biege den Haken etwas anders zurecht. Wieder kann ich die Schnur einhaken, und diesmal hält der Haken auch einen strammen Zug an der Leine aus. Endlich kann ich die Schnur zerreißen. Jede Hoffnung, dass auch der Schirm herabsegelt, habe ich längst aufgegeben. Die Sonde fällt mit reichlich Schnur herunter. Sie trifft nicht den Boden - ich kann sie im Flug  auffangen. Das habe ich, wenn ich es recht bedenke, nie vorher versucht, geschweige denn geschafft.



So, jetzt wird es aber Zeit, diesen Wald mit seinen saugenden Mücken zu verlassen. Ich radel gemütlich zurück nach Schwarzenbek, Zeit bis zur nächsten Regionalbahn habe ich genug.

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Freitag, 2. Juni 2023

Le beaujolais nouveau est arrivé!

 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
V0821111
Produktionsdatum: 2023-02-21
Frequenz:
402.5 MHz

Timerkill:
keiner

Startstation:
Schleswig (WMOID:10035)
Flugdatum: 01.06.2023 00:00Z
Track
radiosondy
Maximale Höhe:
33282m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.24 m/s

Landegeschwindigkeit:
1.8 m/s

Landestelle: Delingsdorf,
LAT, LON:
53.70145,10.27792, Google Maps
Status:
geborgen am 2.6.2023,4
:13 UT
Methode:
Extrapolation aus radiosondy.info - Daten

Bernd whatsappt: "Moin, hast Du die SL 0z auf dem Zettel?" Nein, habe ich nicht. Tatsächlich: Ganz unweit vom heimatlichen Beimoorwald ist diese Sonde an einem hervorragend funktionierenden Fallschirm in der Feldmark niedergegangen. Meine Antwort: Ohja, aber vor heute Nachmittag kann ich nicht hin. Also tut Euch keinen Zwang an. Das mit dem Nachmittag ist viel zu optimistisch. Am Ende breche ich erst kurz vor Mitternacht nach Schmalenbeck auf, wo ich die Nacht verbringe. Der Plan: Das Auto nehmen und im ersten Morgenlicht, vor der Fahrt zur Arbeit, schnell noch einmal dort vorbeizuschauen. Eingetragen ist die Sonde jedenfalls noch nicht.

Ich parke das Auto am Wegrand. Der vermutete Landeplatz ist mit Raps bewachsen. Treckerspuren laufen in ungünstiger Richtung parallel zur Flugrichtung. Von Schnur oder Sonde ist nichts zu sehen! Das Gras am Feldrand - wo der Fallschirm liegen sollte - ist frisch niedergetreten. Spuren eines anonymen Sondenjägers? Ich gehe mehrere Treckerspuren ab - nichts. Aber da leuchtet oberhalb der Knickeiche am Koppelrand die Schnur auf!




Ich sehe dann die Schnur in der Eiche verschwinden und entdecke auch den etwas getarnten Schirm:



Nach einigem Hin-und Her erkenne ich auch, wo die Schnur im Rapsfeld endet. Von meiner Treckerspur aus liegt die Sonde zu weit entfernt. Leider ist der Kontrast am Himmel sehr gering. Es dauert eine ganze Weile, bis ich von der Parallelspur aus die Sonde direkt neben mir liegen sehe.




Nach Einholen der Schnur kann ich den Schirm und den sehr kleinen Ballonrest aus der Eiche aushaken und zu Boden bringen und somit das ganze Gespann bergen. Danach geht es zurück nach Hause. Dort wird erst einmal ein Frühstück und 2 Tassen Kaffee eingeworfen und der Arbeitsweg mit der U-Bahn angetreten.

Ach so: Diese gut getarnte Sonde ist meine erste des neuen Jahrgangs 2023. Le beaujolais nouveau est arrivé in Gestalt des Erstbuchstaben V! 


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