Montag, 29. April 2024

Uff! (Gene Cernan Memorial Sonde Hunting)

Gene Cernan war der bisher letzte Mensch auf dem Mond. Sein Kredo: "Bring Duct Tape" ist legendär. Wenn man Genes goldene Regel missachtet, kann das die allgemeine Genervtheit "geringfügig" steigern. Die Story beginnt am 17.4., als eine Radiosonde aus Sasel am Wasserkrüger Weg bei Sarnekow im Wald niederging.



Sondentyp: RS41-SGP
SN:
V2930784
Produktionsdatum: 2023-07-19
Frequenz: 402.7 MHz
Timerkill:
keiner

Startstation:
Sasel
(WMOID:10141)
Flugdatum: 17.04.2024 (12:00Z)
Track
Wettersonde.net & Rasmon (korrigiert)

Maximale Höhe:
26520
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.31m/s

Landegeschwindigkeit:
3.7m/s

Landestelle: Sarnekow
LAT, LON:
53.54025,10.73179 Google Maps
Status:
Baumlander, 16.8m hoch, von unten sichtbar. Lokalisiert am 21.4.2024 12:09UT

Methode:
Extrapolation nach Wettersonde.net-Daten.

Diese Sonde habe landete in einem Wald bei Sarnekow, den ich sehr gut kenne. Nicht weit entfernt konnte ich einmal eine Bergener Sonde hoch im Baum entdecken. Leider ist deren Landestelle nicht mehr zugänglich, sie hängt auch nicht mehr im Baum, und die Sonde ist daher wohl verloren. Aber ich kenne die Anreise mit Rad oder Auto sehr genau. 

Am 21.4. habe ich etwas Zeit, die neue Saseler Sonde zu suchen. Ich erreiche die Stelle mit Bahn und Faltrad. Die Vorhersage ist mäßig genau und das Gelände mancherorts unübersichtlich. Ich brauche volle 3 Stunden, bis ich den Fallschirm am Baum hängen sehe. 

Schnurverfolgung führt zur Sonde, die hoch in einer Kiefer hängt

Mir gelingt es, mit dem Schneidetool den Fallschirm zu bergen, ohne die Sonde am Baum hochzuziehen. Leider ist die Schnur aber derart massiv verhakt, dass sich auf der Sondenseite nichts tut.



Ich nehme mit der 13m Stange Maß. Wenn ich sie ganz nach oben stemme, fehlen noch 1.5 bis 2 Meter. Also hängt die Sonde 16.5-17m hoch im Baum. Das könnte vielleicht mit der 15m Stange knapp funktionieren. Die habe ich in Schmalenbeck im Auto.

Am 28.4. fahre ich beherzt hin. Einen nahen Waldparkplatz liegt nur 450m entfernt, und ein Waldweg führt direkt zur Landestelle. Ich stehe also sehr bald an der Kiefer. Leider ist mein Sondenjägerequipment in Schmalenbeck etwas rudimentär: Fernglas, Haken, Schnur, etwas Werkzeug sind da, aber viele andere Dinge fehlen in dem gelben Rucksack. Was sich sogleich rächen wird...

Ich kann tatsächlich mit der 15m-Stange, wenn ich sie über den Kopf hochstemme, die Sonde antippen. Dann sollte ich sie auch herunterkriegen! Die 15m-Stange neigt dazu, wenn man sie nicht ganz ruhig hält, massiv zu schwingen, und die Schwingungen schaukeln sich bedenklich auf. Wenn man sie nicht auf den Boden stellen kann, ist das besonders kritisch. Ich weiß aus Erfahrung: Da hilft nur Geduld. 

Irgendwann bemerke ich, dass der Bodenverschluss der Stange komplett kaputt ist und unten die Stangenelemente herauszufallen drohen. Notdürftig mit Tape flicken? Nein! In meinem Rucksack greife ich ins Leere. Kein Tape im Rucksack.  Also halte ich die Öffnung mit der Handfläche zu, was das Schaukeln nur verschlimmert. Irgendwann verhakt sich der Haken irreversibel in einem Ast. Glücklicherweise arbeite ich mit der Schnur-Hakentechnik, so dass nur ein Stück Leine und der Haken selbst verloren gehen. Ersatzhaken habe allerdings ich nicht dabei.

Defekte Stange, kein Haken: Hier muss ich aufgeben. Mein Genervtheitsgrad steigt geringfügig.

Zurück im Auto checke ich auf wettersonde.net die Bergener Sonde, die in meiner Gegend landen soll. Sie ist bereits am Boden, und zwar bei Rögnitz. Die Landestelle liegt ein paar Meter im Wald, was in meinem stangenlosen Zustand suboptimal ist. Es sind 30km über Autobahnen und Landstraßen. In einer knappen halben Stunde könnte ich da sein. Also fahre ich los.

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
U3240129
Frequenz: 405.7 MHz
Timerkill: 5:00 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Produktionsdatum:2022-08-11
Flugdatum: 28.4.2024 12:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe: 33919m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.15m/s 
Landegeschwindigkeit: 12.1m/s
Landestelle: Rögnitz
LAT, LON:
53.61734,11.00435 Google Maps
Status: Geborgen am 28.4.2024, 16:00UT

Methode:
Lokalisiert mit Sonden-GPS (TTGO, RDZsonde). Stangenbergung aus Buche aus 5m Höhe

Ich parke das Auto auf einer Art Feldeinfahrt. Bereits im Auto hat mein TTGO Empfang der noch immer sendenden Sonde. Ein Segen: Die Höhe, die mir angezeigt wird, entspricht der Geländehöhe laut Locus. Also hängt sie wahrscheinlich nicht hoch im Baum.

Ich mache mich auf den Weg. Die Stange wird geschultert und unten zugehalten. Sicher ist sicher, ich nehme sie lieber mit. Es geht im Slalom um mehrere Überschwemmungsgebiete, in denen hörbar Rotbauchunken lärmen. Die eigentliche Landeregion ist ein hoher Buchenwald, aber die Sonde soll ja am Boden liegen. Nach einiger Suche entdecke ich sie dann leider doch in einer Buche, lächerliche 5 Meter über dem Grund. Mit einem Haken an der Spitze der Stange würde man die Sonde in 3 Minuten aus dem Baum bekommen. So aber ist man auf Steinzeitmenschenlevel zurückgeworfen. Und da ich in der Steinzeit keine 3 Minuten überleben würde, muss ich erst einmal die Basics im Umgang mit Stöcken und Knüppeln lernen. 

Dass die Stange unten offen ist, macht nichts. Ich kann sie ja auf den Boden stellen. Das erste Element der Stange wird entfernt und dann ein geeigneter Zweig gesucht, den man in das zweite Rohr einigermaßen stabil hineinstecken kann. Ich stelle rasch fest, dass man mit diesem Hakenersatz nicht wie gewohnt die Schnur eindrehen kann. Irgendwann klemmt die Stange hoffnungsvoll über der Sonde selbst. Mal vorsichtig ziehen. Flutsch! Der "Haken" hängt an der Sonde, aber natürlich nicht mehr an der Stange. Am Ende habe ich drei Zweige kunstvoll auf die Sonde gelegt. Offenbar braucht man stabilere Zweige und muss sie wirklich fest in das Rohr hineindrücken.

Also einen weiteren Zweig gesucht. Mit dem lassen sich die aufgelegten Zweige greifen - aber leider fallen sie herunter. Weitere Versuche, mit anderen Zweigen die Schnur einzudrehen, scheitern kläglich. Nach einer halben Stunde steigt meine Genervtheit "ein wenig". Das ist doch lächerlich! Hier hängt ein hochgradig einfach zu bergender Baumlander, und dann hat man aus eigener Unorganisiertheit derartige Probleme. 



Ich suche mir einen Zweig, mit dem man vielleicht die Sonde von oben erfassen könnte. Das klappt im 4. Versuch. Ich kann die Sonde bis fast in Griffhöhe herunterziehen....Flutsch! Schon pendelt sie hoch am Baum.

for i= 1 to 5

    flutsch

next

Mein Genervtheitsgrad nimmt weiter zu. Das kann doch alles nicht wahr sein! Nächster Zweig, diesmal etwas länger und dicker....


Damit kommt zwar der "gute" Zweig herunter, aber ich kann ihn auf dem Boden nicht wiederfinden. Es gelingt mir aber,  diesen unförmigen Knüppel auf Reibung zwischen Sensorarm und Mast zu klemmen und ihn im dritten Versuch auf Griffhöhe herunterzubringen.


Uff! Ich versuche noch vergeblich, irgendwie den Schirm zu finden, kann ihn aber nicht entdecken. Ziemlich sicher hängt er hoch im Baum. Da mein Equipment für solche Fälle nicht wirklich funktionstüchtig ist, ist meine Motivation für eine massive Suche nicht besonders ausgeprägt.  Vor dem Heimweg muss ich noch die unten offene Stange zerlegen und notdürftig reinigen, denn es ist allerlei Erde in die Rohre eingedrungen. Sonst ließe sich das Ding nicht mehr zusammenschieben.

So schultere ich wieder meine Stangenruine, die klaffende Öffnung mit der Handfläche verschließend,  und wandere zurück zum Auto. Von dort aus geht es stressfrei nach Hause.

Was lernt man: 1) Murphy is everywhere. 2) In ein Sondenbergerequipment gehören Ersatzhaken, Kabelbinder, Schneidetool. Und Gene Cernan hat recht: "Going to space? Bring duct tape!" Irgendwie fehlt das alles in meinem Auto-Set. 3) Ich muss jetzt außerdem dringend über eine Reparatur des Stopfens nachdenken.

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Sonntag, 28. April 2024

Glück und Pech nach der Hauptversammlung

Sondenjägerkollege Jürgen und ich sind in unserem Astronomieverein aktiv. So besuchen wir die Hauptversammlung, die erstmals seit der Vertreibung wieder im Planetarium Hamburg stattfindet. Unser Verein neigt nicht zu Vereinsmeierei. Die Zahl sinnloser Anträge hält sich in Grenzen, so dass das Ganze flott erledigt ist. Danach trinken wir noch gemeinsam mit ein paar Vorstandskollegen einen Kaffee. Plötzlich bemerkt Jürgen, dass auf der Whatsappgruppe eine Radiosonde bei Dalldorf diskutiert wird - offenbar ist Bergen 12Z weniger weit geflogen als erwartet. Wir beschließen einen schnellen Check, zumal das Wetter sehr schön ist. Also fahren wir mit Jürgens Auto los.

Außer einem TTGO haben wir nichts dabei. Auf dem Satellitenbild sieht man allerlei Bäume. Also beschließen wir einen kurzen Abstecher nach Schmalenbeck, wo wir Stangenbergungs-Equipment an Bord nehmen. Wahrscheinlich hat uns das am Ende die Sondenbergung gekostet.

Am Ortsrand von Dalldorf haben wir keinen Empfang. Der Grundeigentümer ist gerade mit einem kleinen Bagger auf seinem Grundstück zugange. Er verrät uns, dass vor 30 Minuten zwei Kollegen mit Ludwigsluster Kennzeichen da waren und die Sonde geborgen haben. Sie tragen offenbar in Radiosondy nichts ein. Vielleicht erklärt das das Verschwinden etlicher Radiosonden in der Region in der letzten Zeit,

Was tun wir mit dem angebrochenen Tag? Nicht weit weg sind zwei weitere Bergener Sonden herunter gekommen, beide im Wald. Die heutige Nachtsonde ist im Wald zwischen Leitstade und Schwanheide gelandet und ist ebenfalls noch nicht als geborgen eingetragen. Also nichts wie hin.

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
U3240123
Frequenz: 405.7 MHz
Timerkill: 5:00 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Produktionsdatum:2022-08-11
Flugdatum: 27.4.2024 00:00Z
Track radiosondy
Maximale Höhe: 36106m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.95m/s 
Landegeschwindigkeit: 5.6m/s
Landestelle: Leisterförde
LAT, LON:
53.45433, 10.72376 Google Maps
Status: Geborgen am 27.4.2024, 15:45UT gemeinsam mit Jürgen.

Methode: Extrapolation nach radiosondy-Daten.

 

Jürgen parkt sein Auto direkt an der Abzweigung des Waldweges. Die Landestelle ist nicht weit entfernt - ich hatte heute morgen ein paar Predictions gemacht, mir den Weg auf Google Maps angesehen und alles in Locus auf dem Handy abgespeichert. 

Die Tawhiri-Prediction ist uns zu weit südlich, also suchen wir etwas nördlich und werden sofort fündig:



Die Suche nach dem Fallschirm dauert deutlich länger. Er hat sich hoch in einer Kiefer verhakt.


Jürgen gelingt es, ihn durch Schnurzug aus dem Geäst zu befreien, worauf er etliche Meter heruntersinkt. Nach Kappen der Sondenschnur fällt alles zu Boden,



Nicht weit weg ist U3230963, eine weitere Bergener Sonde, im Wald gelandet. Wir können in diesem Fall die Sonde leider nach längerer Suche im Wald nicht auffinden. Die Prediction ist leider auch nicht sehr genau; sie kann durchaus noch auffindbar sein.

Der ursprüngliche Plan eines Bergungsversuchs bei einer Saseler Sonde im Wald bei Sarnekow ist nicht realsierbar, weil die Sonne bald untergeht.  Also setzt mich Jürgen in Schwarzenbek ab. 

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Dienstag, 9. April 2024

Hilft Radiosondenjagd gegen Finsternissucht?

Am 8.4.2024 findet in den USA eine totale Sonnenfinsternis statt. Die Totalität dauert immerhin mehr als vier Minuten. Leider kann ich diesmal nicht hinfahren. Und für einen Eclipse Junkey ist das hart.  Ich versäume immerhin so etwas:

Finsternis 2008


Soll ich mir am Nachmittag und Abend einen der reichlich vorhandenen Livestreams reinziehen? Nein! Die haben mit der Realität so wenig zu tun, dass man sich nur ärgert. Der ganze Zauber des größten Himmelsschauspiels auf Erden ist auf einem Video nicht vermittelbar. Am Morgen sehe ich, dass die Werbedisplays an den S-Bahnhöfen im 2-Minuten-Takt auf das in Europa unsichtbare Ereignis aufmerksam machen - mit einem Video einer ringförmigen Sonnenfinsternis. Das ist ungefähr so, als wenn man einen Vorbericht zum Endspiel der Fußball-WM mit einem Handballspiel der Kreisliga unterlegt...Meine Stimmung sinkt.

Hilft geben den Finsternisentzug wenigstens eine Ablenkung in Form einer gepflegten Sondenjagd? In letzter Zeit gab es allerlei Meppentandems aus DFM17 und RS41. Sowas wäre doch nett. Aber sie landeten meist weit entfernt, alle wurden schnell abgegriffen oder von nicht eintragenden anonymem Zeitgenossen (NEAZ) beim Abreißen des Fallschirms im Wipfel einer Fichte in 35m Höhe versenkt, wie diese DFM17 im Wald bei Dangensern...

 

D23055899, die Schnüre sind gespannt wie ein Flitzebogen. Nach links geht es zum nicht mehr vorhandenem Fallschirm, nach rechts zur unsichtbar eingeklemmten RS41.

Nein, ein Tandem ist noch übrig: Zwischen Rotenburg/Wümme und Verden/Aller liegt es womöglich auf freiem Feld. Wenn es denn nicht bereits einer unheimlichen Begegnung mit einem NEAZ zum Opfer fiel. Warum also nicht nachgucken? Mit einem Deutschlandticket kostet eine Tour nach Rotenburg nichts extra, und 15km Faltradfahren (pro Richtung) sind bei dem fast schon sommerlichen Wetter eine feine Sache. Und das Strampeln soll auch gegen Finsternis-Entzug helfen. Sagt man.

Sondentyp: Tandem (DFM17 und RS41-SGP)
SN:
23(163)035251 (DFM17) und U3260320 (RS41)
Frequenzen: 403.049 (DFM17) und 404.5 MHz (RS41)
Timerkill: keine
Startstation:
Meppen (WMOID:10304)
Produktionsdatum: 2023-06-12 (DFM), 2022-08-13 (RS41)
Flugdatum: 4.4.2024 05:00Z
Track wettersonde-radiosondy-Mix
Maximale Höhe: 25955m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.65 m/s 
Landegeschwindigkeit: 4.3 m/s
Landestelle: Heidkrug
LAT, LON:
53.01545,9.282178 Google Maps
Status: Geborgen am 8.4.2024, 15:22UT

Methode: Tawhiri-Prediction und Extrapolation nach radiosondy.info-Daten. 

Kurz mal die Chancen prüfen: Tawhiri und Extrapolation liegen erschreckend weit auseinander. Allzu genau kann die Vorhersage nicht sein. Allerdings liegen die beiden Vorhersagen auf einer geraden Linie zur letzten Position. Das bedeutet, dass zumindest die Flugrichtung ziemlich gut definiert sein dürfte. Das Gelände dazwischen ist laut Google-Maps Weide oder Wiese. Zwei Feldwege kreuzen die Flugbahn: Der südliche halbwegs zwischen Tawhiri und Extrapolation, der führt mitten durch den wahrscheinlichsten Bereich. Der andere verläuft weiter nördlich in der Gegend der Extrapolationslösung. Vielleicht kann man von den Wegen aus Ausschau nach dem Gespann halten.

Angesichts der Wiesen brauche ich wohl kein Baumbergegeraffel. Die Landegeschwindigkeit war gering, und der südliche Weg wird von Knickbäumen flankiert. Daran kann das Tandem gut hängegeblieben sein. Also wird doch lieber eine 10m Stange auf die Tasche geschnallt, damit ich am Ende nicht hilflos unter einem Haselstrauch scheitere. 

Obwohl gerade die Rushhour beginnt, ist der Metronom nach Bremen keineswegs überfüllt. Der durch das Deutschlandticket verursachte Megarun auf die Öffis scheint abzuflachen. Das Rad fliegt in eine Ecke neben den Sitzen, man selbst findet einen Sitzplatz. Unerwartet hält der Zug in Rotenburg auf dem Gleis 6, so dass ich sofort auf der richtigen Seite der Gleise aussteigen kann. Es kann instantan losgehen, ich muss nur das Fahrrad ausklappen und bin auf dem Weg.

In dieser Jahreszeit muss man beim Radfahren nur mal ein wenig die Ohren aufsperren. Da die verschiedenen Singvögel zeitlich versetzt aus dem Winterquartier zurückkommen, kann man leicht den Status des Frühlingsbeginns ermitteln. Ja, der Fitis ist unüberhörbar wieder da! Hatte dieses Jahr noch keinen gehört. Was mich komplett umhaut ist die Tatsache, dass Anfang April die Rapsblüte bereits im vollen Gange ist. Zwei Rekord-Mild-Monate in Folge machen es möglich.

 


"Sie haben Ihr Ziel erreicht", meint mein Fahrradnavi auf Locus. Gemeint ist die Stelle, wo die beiden genannte Feldwege von der Straße in die Landegegend abzweigen. Ich wähle den südlichen.

Ich habe mir zur Gewohnheit gemacht ca. 150m vor der Landestelle abzusteigen und zu schieben. Man sollte beim Radfahren nach vorne gucken und nicht in die Landschaft. Ich bin geschockt, wie hoch die Knickbäume sind. Nicht das erwartete Haselgesträuch, sondern hohe Eichen und Buchen. Im Ernstfall ist fraglich, ob die 10m Stange reichen würde. Aber in den Bäumen ist auf den ersten Blick nichts zu sehen, ebenso wenig auf den Wiesen Richtung Norden. Allerdings ist ebenfalls schockierend, wie nass der Boden auf den Wiesen noch immer ist.
 

Ein wunderschönes offenes Gatter befindet sich genau an dem Punkt, wo die vermutete Fluglinie den Weg schneidet. Ich lehne das Rad an und beginne mich gründlicher umzuschauen.



Ich lasse meine Blicke nach Süden schweifen - da fällt mir sofort ein Fremdkörper im Gelände auf, ca. 60m vom Weg entfernt. Das Fernglas habe ich schon herausgekramt. Ja, das sieht schwer nach einem Ballonrest aus. Und daneben liegt ein kleiner roter Bundeswehr-Schirm. Kein Irrtum möglich! Dass es so einfach werden würde, hatte ich nicht erwartet. Allerdings muss man beim Laufen auf diesem Gelände sehr genau nach vorne gucken und etwas Erfahrung mit Matschwiesen haben. Der direkteste Weg ist nicht immer der beste. In Ermangelung von Gummistiefeln müssen Wanderschuhe reichen - und sie reichen. 

 





Oha, um die Bundeswehr steht es schlecht. Das schwarze Tape in Meppen ist alle.




Und die Sonnenfinsternis? Ein Drama von Astrofreunden kriegt man am Rande digital mit. Caro und Dominik sind vom klimatisch favorisierten Texas fluchtartig nach Arkansas gefahren, um irgendwelche Chancen auf gutes Wetter zu behalten. Climate is what you expect, weather is what you get. Am Morgen schien die Sonne. Aber schon mussten sie in letzter Minute nochmals fliehen, um erneut einer heranrasenden Wolkenfront auszuweichen. Mit Erfolg. Am Ende stehen sie im Mondschatten bei bestem Wetter. Beide sind auch Sondenjäger, und sie hätten sogar reiche Beute machen können. Denn während der Finsternis starteten USA-weit jede Menge Wetterballons, überwiegend mit DFM17-Radiosonden. Auf Sondehub sah das so aus: 


Aber am Finsternistag denkt man natürlich nicht an Radiosonden. Als ich nach Hause komme, erreichen mich schon die ersten Finsternisfotos der Freunde.

Fazit: Hilft Sondenjagd gegen Finsternissucht? Nicht wirklich! War es trotzdem ein spannender Tag? Definitiv!


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Montag, 1. April 2024

Café uppen Barg - sehr zu empfehlen

In der Nacht auf Ostern ist die Bergener Sonde bei Klein Pampau an einem Waldrand gelandet. Ich fahre los. Wenn man schon mit dem Auto unterwegs ist, macht es Sinn ein paar Baumlander und Kaltsonden der Gegend zu checken. Am frühen Nachmittag sollte man derweil die Bergener 12Z Sonde im Auge behalten. Die Vorhersage sieht sie zwar südlich der Elbe, aber man weiß ja nie.

Über die B404 und die Berlin-Autobahn bin ich schnell an der Landestelle der Bergener Nachtsonde. 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
U3230750
Frequenz:
405.7 MHz
Timerkill: 5:00 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Produktionsdatum:2022-08-22
Flugdatum: 31.3.2024 00:00Z
Track wettersonde
Maximale Höhe: 32900m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.12 m/s 
Landegeschwindigkeit: 8.1 m/s
Landestelle: Klein Pampau
LAT, LON:
53.505712,10.60182 Google Maps
Status: Geborgen am 31.3.2024, 10:26UT

Methode: Extrapolation nach wettersonde.net-Daten. 

Die letzte Position liegt über einem Wäldchen. Die Tawhiri-Prediction ist komplett unplausibel. Die Extrapolationslösung liegt ganz knapp am Waldrand auf der angrenzenden Koppel. Gespannt wandere ich 600m einen Feldweg herunter und dann am Rand eines Rapsfeldes in Richtung auf die Landestelle. Der Fallschirm ist schon von Weitem sichtbar. Und auch die Sonde hat es knapp auf den Acker geschafft; das Mitschleppen der Teleskopstange hätte ich mir sparen können. 



 



Nach dieser einfachen Bergung steht eine Fahrt nach Wangelau auf dem Programm. Dort hängt im Forst Bornhorst seit einem Jahr die Sonde U2420246 im Baum. Axel hatte damals nur den Fallschirm lokalisieren können. Ich konnte nach langer Suche im Gelände mehr als einen Monat nach dem Flug die Sonde 20m hoch in einer Lärche erspähen. Zuletzt war ich am 23.12. vor Ort. Seither hat es ein paar Stürme gegeben, vielleicht liegt sie ja inzwischen am Boden. 

Mit dem Fahrrad konnte ich bisher fast bis zur Landestelle fahren. So ein Drive-In ist mit dem PKW nicht möglich. So schultere ich wieder sicherheitshalber die 15m Stange und mache mich auf den 2km langen Fußweg. Leider ist vor Ort die Situation unverändert, die Sonde hängt immer noch oben. Allerdings pendelt sie an einer langen Schnur, was hoffen lässt.

Derweil meldet sich Jürgen. Er ist ein Sternfreund aus meinem Astroverein und eifriger Sondensucher. Er wohnt nicht weit entfernt. Er hatte die Radiosonden-Situation nach dem Osterfrühstück erforscht und ist ein wenig enttäuscht, dass die für ihn aussichtsreiche Nachtsonde schon geborgen ist. Er würde aber durchaus an Ostern gerne "Eier" suchen, nimmt aber richtig an, dass ich noch in der Gegend unterwegs bin. Er hat bereits die Bergener Mittagssonde im Auge, die in 20km Höhe ganz gut Strecke macht und es vielleicht doch in unsere Nähe schaffen könnte. Ich schreibe ihm, dass ich sowieso erst einmal zurück zum Auto wandern muss. Er solle sich keinen Zwang antun, und wir könnten ja in Verbindung bleiben. "Wir sehen uns dann vielleicht an der Landestelle". 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
U3230949
Frequenz:
405.7 MHz
Timerkill: 5:00 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Produktionsdatum:2022-08-10
Flugdatum: 31.3.2024 12:00Z
Track radiosondy
Maximale Höhe: 32653m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.04 m/s 
Landegeschwindigkeit: 2.4 m/s
Landestelle: Breitenfelde
LAT, LON:
53.69798,10.58053 Google Maps
Status: Geborgen am 31.3.2024, 13:49UT gemeinsam mit Jürgen Wruck

Methode: Decodierung des GPS-Signals mit TTGO

Zurück am Auto guck ich auf wettersonde.net. Der Ballon kommt gut voran und dürfte bald platzen. Ich rufe mal Jürgen an. Er kommt gerade vom Osterspaziergang zurück. Wir telefonieren in der Folge noch mehrfach und beschließen, in Kontakt zu bleiben. 

Der Ballon platzt. Mein TTGO hat das Signal auch schon erfasst. Laut RDZsonde-Prediction liegt die Landestelle in jedem Fall nördlich von Schwarzenbek. Dort kenne ich das  Dorf Grove, ich tippe es als Ziel ins Navi und fahre los. In Grove befasse ich mich wieder mit der Lage und konferiere mit Jürgen. Da die B207 Richtung Norden gesperrt ist, geht es über die Dörfer. Und am Ende stehe ich direkt südlich von Basthorst. Dort wohnt Jürgen. 

Wir verabreden uns kurz bei ihm zu Hause und laden auf seinen PKW um. Die Vorhersage der Landstelle springt derweil im Raum Breitenfelde herum. Ein paar Minuten nach der Landung mitten im Ort sind wir schon wieder in Empfangsreichweite. Man hört sie auf Jürgens Handfunke, und auch ich kann dem TTGO Positionen entlocken. Jürgen parkt das Auto nahe der Esso-Tankstelle, wir springen heraus und erkunden die Lage. Die Position ist an einer Hauswand direkt an der Bundesstraße. Die Schnur ist auch sofort gesichtet. Sie kommt von einem Dach und endet auf dem Fußweg. Der Fallschirm ist weg - wahrscheinlich lag er auf der Bundesstraße und wurde von einem Auto abgerissen. Das Signal ist aber noch vorhanden, und da sehe ich auch die Sonde 30cm über dem Boden an der Fassade des Hauses baumeln. Jürgen versucht die Besitzer zu kontakten, aber niemand ist da. Wir schnappen uns die Sonde und raffen die Stolperschnur auf dem Gehweg zusammen. 

 



 

Und was machen wir jetzt? Jürgen erinnert daran, dass vor 3 Tagen eine Bergener Sonde auf einem Swingolf-Platz in Bergrade gelandet ist. Bisher ist sie nicht geborgen, und wir sind ja schon auf dem halben Weg. Da könnten wir ja mal vor Ort recherchieren. 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
U3240106
Frequenz:
405.7 MHz
Timerkill: 5:00 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Produktionsdatum:2022-08-11
Flugdatum: 28.3.2024 12:00Z
Track wettersonde
Maximale Höhe: 32837m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.21 m/s 
Landegeschwindigkeit: 6.3 m/s
Landestelle: Bergrade
LAT, LON:
53.69798,10.58053 Google Maps
Status: Geborgen am 31.3.2024, 14:53UT Sonde wurde von Besitzern des Swingolfplatzes geborgen und Jürgen Wruck und mir übergeben.

Methode: Extrapolation nach wettersonde.net-Daten. 


Über die Dörfer geht es nach Bergrade. Der Swingolf-Platz ist leicht zu finden. Die Prediction-Position ist von einem öffentlichen Weg einsehbar. Dort kann Jürgen sogar ein paar Latexfetzen abgreifen. Von der Sonde keine Spur. Da der Rasen von vielen Swingolfern frequentiert ist und auch kürzlich gemäht wurde, bleibt hier nichts lange liegen. Immerhin sind wir am richtigen Ort.  Also fragen wir mal "die Chefs" der Anlage. 

An der Rezeption ist ein Café mit sehr leckerer Konditorei aufgebaut. Und da riskieren wir die Frage. Ob sie "sowas" gefunden hätten. Jürgen hält die frisch geborgene Sonde hoch! Und die Antwort ist ein klares "Ja"! "Die hat mein Mann gerade in die Mülltonne geworfen". Und derselbe Mann fischt die Sonde aus Tonne, und die Besitzerin übergibt uns die Beute feierlich. Wir erstehen ein paar leckere  Tortenstücke für das Teetrinken nach der Rückfahrt. Folks, hier mein Kommentar zum  Café uppen Barg in Bergrade: Selbst für Swingolf-Muffel sehr zu empfehlen, auch wenn sie mal keine Radiosonde im Angebot haben sollten.

 




Auf dem Rückweg fahren wir noch bei der Radiosonde T3350325 (Schleswig 12Z vom 17.7.2022) vorbei. Leider hängt sie immer noch an einem langen Schnurstück in der Eiche. Zurück geht es nach Basthorst, wo wir nett Tee trinken und den sehr leckeren Kuchen vom "Café uppen Barg" vertilgen. Jürgens Frau macht uns darauf aufmerksam, dass eigentlich keine Teetrinkzeit mehr ist - wir haben die in der Nacht eingeführte Sommerzeit noch nicht verinnerlicht.

Danach mach ich mich auf die Rückfahrt nach Schmalenbeck. Als ich kurz vor Hamfelde an einer Wiese vorbeifahre, traue ich meinen Augen nicht: Da hetzt eine Graugans ein Reh über die Wiese! Mit einer Mischung aus Flattern und Fliegen ist der Vogel schneller als das Reh und kann es gelegentlich auch mal zwacken. Das Reh findet keine rechten Mittel gegen die Gans! Ich kann das weitere Drama nicht verfolgen, da ich mich ja auf den Verkehr konzentrieren muss. Es ist ja bekannt, dass Gänse ihr Revier recht herzhaft gegen Eindringlinge verteidigen, aber so etwas habe ich noch nie gesehen.


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