Mittwoch, 31. August 2022

Für 9 Euro in den Manöversondenschwall

Am 29.8. starten allerlei Sonden vom Fliegerhorst Fassberg ostwärts. Ich überlege mir, ob ich ein letztes Mal einen Ausflug außerhalb des HVV-Bereichs unternehmen möchte. Das 9-Euro Ticket, welches mir die freie Nutzung auch solcher Verkehrsmittel garantiert, läuft ja am Monatsende aus. Am Morgen des 30.8. fliegen plötzlich Sonden von der Artilleriestellung 34 des Truppenübungsplatzes Munster. Die Idee ist ein Tripp von Uelzen mit dem Bus Richtung Lüchow und dann ein Abklappern der Landestellen mit dem Rad.

Das klappt leider überhaupt nicht. Obwohl die Regionalzüge inzwischen wieder etwas pünktlicher die Elbe überqueren, kann man den Busanschluß in Uelzen vergessen. Und da die Busse Richtung Lüchow nur alle 2 Stunden fahren, fahr ich die 20km mit dem Faltrad. Das hat Nachteile: Die Verzögerung führt dazu, dass die Sonden teilweise bereits kalt sein dürften. 

Aber auch auf der Straße ist der Weg steinig. Gleich hinter Uelzen ist die Straße wegen einer Baustelle voll gesperrt - auch für Räder. Das verlängert den ohnehin weiten Weg noch mehr. Als ich bei dem Versuch, die Sperrung zu umfahren, durch Molzen radel, sehe ich auf wettersonde.net, dass wenige Kilometer nördlich gerade eine weitere Manöver-DFM niedergeht - ein klassischer Erdnagel. Wie cool ist das denn? Den sollte man doch eben mal schnell mitnehmen können.

Sondentyp: DFM09
SN:
18081203
Frequenz: 403.87 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Munster Süd (Stellung 34)
Flugdatum: 30.08.2022 09:27Z L
Track radiosondy.info

Maximale Höhe:
18451m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 4.95 m/s

Landegeschwindigkeit:
12.1 m/s

Landestelle: Jastorf,
LAT, LON:
53.0379,10.6137, Google Maps
Status:
Geborgen am 30.8.2022, 10:40 UT
, Ackerlandung
Methode:
GPS-Empfang durch TTGO

Die Landestelle steht noch nicht ganz fest. Ich entscheide mich, über Oetzendorf und nicht über Jastorf  zu fahren. Das erweist sich als unglücklich. Auch diese Straße ist kurz vor Oetzendorf gesperrt - wieder total, auch für Räder. Kein Problem: Gleich an der Baustelle zweigt ein Waldweg ab, und laut Karte kann man hier in wenigen hundert Metern nach Oetzendorf gelangen. Das erweist sich als Fehleinschätzung. Die Wege sind nämlich nicht mehr befahrbar. Na, gut, dann eben schieben! Aber nein, nach 100 Metern kommt man auch zu Fuß kaum noch voran. Der ehemalige Weg ist komplett mit Brombeeren  zugewachsen. Ich kann das Rad nicht schieben, sondern muss es durch Brennnessel-Wüsten tragen. Das ist anstrengend und kostet Zeit. Irgendwann kämpfe ich mich nach Oetzendorf durch. Von dort geht eine Schotterstraße Richtung Landestelle. Weiter hinten ist sie plötzlich asphaltiert und geht bergab - welch ein Luxus nach diesem Krampf! Die Tawhiri-Prediction aus wettersonde.net sieht völlig unplausibel aus, und in dem ganzen Stress bemerke ich nicht, dass radiosondy die Sonde bis 300m Höhe hat. 

Ein Feldweg geht auf den Wald zu, in dem die Sonde liegen soll. Der TTGO wird durch eine auf der gleichen Frequenz sendende Sonde verwirrt. Das dürfte sich geben, wenn ich etwas näher herankomme. Und tatsächlich, plötzlich wird das Objekt der Begierde auf der RDZsonde-App angezeigt. Zum Ausgleich für den ganzen zeitfressenden Stress ist die Bergungssituation sehr einfach. 







 

 

Eine weitere Sonde hatte ich vorhin noch auf wettersonde gesehen. Sie müsste unweit niedergegangen sein. Auf der 6h-Ansicht von wettersonde.net ist sie aber nicht erkennbar. Das war dann wohl ein Irrtum. Also fahre ich über Molzen wieder auf meine ursprüngliche Route zurück. Dort müsste D18083928 gelandet sein. Die Prediction liegt laut wettersonde.net auf einer riesigen gemähten Wiese nördlich der Straße. Senden tut da nichts mehr. Ich suche die Gegend ab - nichts. Ich kenne diese Region nicht sehr gut und weiß daher nicht, dass es  Leute gibt, die die Sonden nur in radiosondy einspeisen. Dort gibt es die Daten der Sonde bis 300m Höhe. Der Grund für meine Erfolglosigkeit ist rückblickend, dass ich zu weit südlich gesucht habe.

Ich überlege, wie es jetzt weitergeht. In meinem ursprünglich angedachten Suchgebiet wären die Sonden jetzt kalt und wegen der großen Endhöhen in den Internetquellen sicher schwierig zu finden. Eine ist von einem Kollegen soeben als Baumhänger > 15m Höhe eingetragen worden - da werde ich mit der 10m Stange nichts; außerdem ist offenbar jemand vor Ort. Ich guck noch mal auf wettersonde.net, und da ist jetzt die Spur der Sonde, die ich vorhin nicht angezeigt bekam, zu sehen. Die hat auch eine erdnageltechnische Aufschlaggeschwindigkeit und ist direkt an der Brücke über den Elbe-Seitenkanal bei Uelzen niedergegangen. Da man eh langsam an eine Heimfahrt denken muss und in der Region nur Rufbusse fahren, könnte man ja die Route entsprechend wählen. Über den Kanal muss man ja eh. Also geht es die ganze Strecke mit dem Rad zurück.

 

Sondentyp: DFM09
SN:
18081178
Frequenz: 403.449 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Munster Süd (Stellung 34)
Flugdatum: 30.08.2022 09:47Z L
Track radiosondy.info

Maximale Höhe:
18050m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.36 m/s

Landegeschwindigkeit:
10.3  m/s

Landestelle:
Heitbrack (Elbe-Seitenkanal), LAT, LON:53.028403,10.583906, Google Maps
Status:
Geborgen am 30.8.2022, 15:55 UT
, aus Elbe-Seitenkanal gefischt
Methode:
Ad-hoc-Extrapolation aus wettersonde.net-Daten

Ich komme an der Brücke an.  Empfang: Keiner. Es ist dafür wohl auch etwas spät.  Es stellt sich heraus, dass die wettersonde.net Prediction in einem hohen Maisfeld liegt. Wenn sie da liegt, liegt sie  gut und landet im Maishäxler. Aber: Die Spur der Sonde endet in 700m Höhe und zielt etwas nördlich, so dass die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich die wahre Landestelle im Umfeld der Kanalbrücke befindet. Also schließe ich das Rad an einem Verkehrsschild an und gehe auf die Brücke. Mit dem Fernglas scanne ich das Wasser, das Ufer und die Bäume auf beiden Seiten - ohne Erfolg. 

 

 



Dann gucke ich senkrecht nach unten - und da schwimmt etwas Rotes. Eindeutig zuzuordnen: Ballonrest, Fallschirm und DFM-Abroller, glücklicherweise dicht am Ufer. Schnell geht es die Treppenstufen an der Brücke herab auf den Serviceweg des Kanals.


 

Und 10m südlich dümpelt die DFM





Die Sonde kann ich so aus dem Wasser heben. Der Schirm wird mit der Stange ans Ufer gebracht. Allerdings ist die Schnur am Kanalboden an einigen Stellen an den Steinen des Schotterbetts verankert. Das ist mein Glück, denn sonst wäre die Sonde sicherlich weggeschwommen. 

Nach der Bergung halte ich mich nordwärts und radele nach Bad Bevensen. Ich bin ziemlich fertig, als ich da ankomme - immerhin waren es mehr als 63km Strecke auf teilweise grenzwertigen Wegen, und ich war eigentlich nur auf eine kürzere Strecke eingerichtet.


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Mittwoch, 24. August 2022

Live-Landung ohne Bilder

Dies war meine Sonde Nr. 417, ein echtes Unikat: Meine Live-Landung Nr. 3. Die erste Sonde, die ich sowohl beim Aufstieg als auch bei der Landung gesehen habe. Die Landung sah ich aus 130m Distanz. Gleichzeitig ist die meine erste Sonde ohne jedes Fotodokument. Angekommen an der Landestelle hat ein anderer Sondenjäger bereits mit der Bergung begonnen. Und auch der hat die Sonde nicht behalten. Aber der Reihe nach:


Sondentyp: RS41-SGP
SN:
S1520659
Frequenz:
402.7 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Sasel
(WMOID:10141)
Flugdatum: 24.08.2021 12:00Z
Track wettersonde.net

Maximale Höhe:
27017m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit:
5.61 m/s
Landegeschwindigkeit: 6.4m/s
Landestelle: Groß-Niendorf, LAT, LON:
53.77935,10.18544, Google Maps
Status: Geborgen. Landung aus 130m Distanz beobachtet am 8.9.2021 12:55 UT. Gemeinsame Bergung mit Sven (DL1YT), der das Ganze aus ca. 35m Distanz beobachtet hat
.
Methode: Decodierung des GPS mit TTGO, Kontinuierliche Prediction der Landestelle mit Tawhiri (RDZsonde-App und wettersonde.net).

Ich komme gerade in Schmalenbeck an, als die Sonde bereits ca. 6000m Höhe erreicht  hat. Kaum Wind in der Atmosphäre, daher kann man schon jetzt abesehen, dass die Sonde im Raum Itzstedt/Nienwohld/Sülfeld herunterkommen dürfte. Ideale Situation für eine Live-Landung. Die neue Richtungsanzeige in wettersonde.net erlaubt es mir, den Ballon am stahlblauen Himmel als weißen Fleck zu erkennen. Ich denke kurz darüber nach, ob ich einen Live-Landungsversuch wagen oder lieber den Ballon am Himmel filmen soll und entscheide mich für Ersteres. Allerdings komm ich etwas zu spät mit dem Auto los. Es geht über die Autobahn und die B75 nach Sülfeld. Eine kurze Orientierung dort zeigt, dass die Prediction Sonde am Ortsausgang von Nienwohld liegt. Also hin. Ein paar Minuten vor der Landung bin ich vor Ort. Eine Seitenstraße scheint mir optimal, um das Auto abzuparken.

Ich verlasse das Auto, starte den TTGO und RDZsonde und löse eine Prediction aus. Die Landestelle liegt in 150m Entfernung, aber die Flugrichtung scheint nicht zu passen. Und da sehe ich schon das Gespann am Himmel, knapp 2000m hoch. Leider entfernt sich die Sonde, fliegt dann aber direkt auf mich zu! Da ist die Schnur, da sieht man auch die rasch rotierende Sonde! Vielleicht sollte man so kurz vor der Landung keine hektischen Stellungswechsel mehr machen. Ich laufe in die Straße "Siedlung" hinein, die sich leider als Sackgasse erweist. Zwischen den Häusern kann man auf das Feld gucken, und ich sehe die Sonde und den Fallschirm darauf niedergehen - aus 130m Distanz! Ich hatte nicht erwartet, dass sie so weit über die Straße komme und so nah bei mir niedergehen würde. In der Aufregung habe ich nicht daran gedacht, mit der Handycam ein dokumentarisches Video zu machen.

Nun muss ich aber dringend  rüber auf die andere Seite. Soll ich zu Fuß auf die Hauptstraße laufen, außen um die Siedlung am Feldrand entlang oder die kurze Strecke mit dem Auto fahren? Ich entschließe mich für letzteres, halte am Straßenrand an und sehe auf dem Feld bereits eine Person mit dem Fallschirm hantieren!. Da hat es einer aber eilig! Ich parke das Auto um, und da kommt mir Sven schon entgegen. Er hatte die Sonde aus 40m Entfernung von der Hauptstraße aus landen sehen - sie muss ihm direkt über den Kopf geflogen sein.

Kaum haben wir ein paar Worte gewechselt, stehen an einem der Siedlungshäuser eine Mutter mit ihren zwei Töchtern am Zaun. Die Mädels hatten die Sonde landen gesehen und haben ihre Mutter gerufen. Jetzt waren die drei verwirrt über die "beiden Männer" auf dem Feld. Die Kids bekommen natürlich die Sonde geschenkt und und freuen sich vor allem über den Schirm. Leider hab ich gerade keinen zweiten Fallschirm im Auto, damit jede Tochter eine erhält. So wechselt alles  den Besitzer, bevor irgendwer von uns in der Lage wäre, ein Foto von der "Beute" anzufertigen. Stellt sich auch heraus, dass Sven genau wie ich keinen Film von der Landung und danach kein Foto der Sonde aufgenommen hat. So ist dies meine dritte Livelandung und die allererste Radiosonde, von der keine Fotos vorliegen.

An unserem Parkplatz steht eine Bank, auf der wir uns wie üblich gründlich über das Erlebte und die Welt an sich ausquatschen. Sven hat keinen Internetempfang, so trage ich die Bergung in Radiosondy ein. Genau wie ich  ist er etwas verwirrt über die geradezu erratische Flugbahn in der Landephase. Der Blick auf die Landekarte gibt etwas Aufklärung. Tatsächlich hat die Sonde die Straße überflogen, dann über einem Maisfeld eine 8 gedreht, ist wieder zurück über die Straße geschwebt und hat dann eine Landung auf dem gegenüber liegenden Feld hingelegt.

Zurück geht es nach Schmalenbeck, wo ich noch schnell vor dem Ende des Tankrabatts den Benzintank auffülle.


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Sonntag, 21. August 2022

Faltrad-Troll verwirrt Mountainbiker

Als ich neulich nach zwei Bergener Sonden im Bereich Hollenstedt fahndete, sah ich unweit meiner Strecke zwei ältere Eintragungen auf meiner Locus-Karte. Beide waren offenkundige Baumlander, denn sie waren von Kurt in Uetersen noch lange nach der Landung empfangen worden, wie man auf wettersonde.net sehen konnte. Die Landestellen in den Harburger Bergen waren also bekannt. Leider lagen sie etwas weit weg von meiner Route, aber sie erforderten einen Kontrollbesuch. DF2HY hatte eine von beiden sogar gleich nach der Landung versucht zu finden: "Die Sonde ist sehr wahrscheinlich im Baum auf 130m ü.NN. Gut zu empfangen, aber wegen Dunkelheit & Höhe nicht zu finden."

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
T3310875
Frequenz: 405.3 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Norderney (WMOID:10113)
Flugdatum: 28.11.2021 12:00Z
Track wettersonde

Maximale Höhe:
32791 m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.05 m/s

Landegeschwindigkeit:
2.0 m/s

Landestelle:
Schwiederstorf  LAT, LON:
53.412261,9.80736, Google Maps

Status:
Baumlander im Wald, von unten sichtbar, 15-18m hoch in Birke

Methode:
GPS-Koordinaten nach der Landung in wettersonde.net verfügbar, danke Kurt für die schönen Daten. Sonde allerdings in anderen Baum gependelt und nur erst durch massive Suche zu entdecken. Letzter Check: 6.8.2022

Naja, da muss man hin. An einem stressfreien Montag fahre ich mit der  S-Bahn nach Neu Wulmstorf. Da wegen der fahrplanmäßigen Verspätung der Bus nach Elstorf schon weg ist, muss ich die ganze Strecke radeln. Das macht aber nichts, denn der Elbhang dort hat eine gleichmäßig-angenehme Steigung. Hinter dem Bassental (seufz) geht es durch eine fast ebene Geest weiter. Hinter Schwiederstorf muss ich auf die links ein paar Meter Kreisstraße abbiegen und bin dann fast am Ziel. Da die Wege in den Wald durch umgestürzte Bäume keine Wege mehr sind, wird das Faltrad wie üblich am Baumstamm abgesichert und weiter geht es zu Fuß. Dann geht es einen richtigen kleinen Berg hoch. Überall haben die Schwarzkittel den Boden durchgewühlt. Da seit der Landung mehrere Orkane den exponierten Hügel heimgesucht haben, ist damit zu rechnen, dass die Sonde heruntergefallen ist und die Wildschweine die Sonde wie üblich als Kaugummi verwendet haben. Aber es liegen an der gut bekannten Landestelle keine Trümmer herum. Ich suche sicher 40-50 Minuten mit dem Glas die Baumwipfel ab - nichts. 

Vielleicht sollte man die Sache von der Fallschirmseite her aufrollen? Ich mach mir von der bekannten Position aus eine Projektion mit Locus, 50m in Flugrichtung. Ich stapfe dort hin - in den Bäumen ist nichts zu sehen. Allerdings ist der Mischwald auch wegen des Laubdachs nicht übersichtlich. Auf halber Strecke zurück zur Landeposition sehe ich plötzlich in einer Birke die Sonde baumeln. Das ist definitiv nicht die ursprüngliche Landestelle - die Sonde muss ein ganzes Stück Richtung Fallschirm gependelt sein. Viel zu hoch für meine 10m-Stange, und wahrscheinlich wird es sportlich für eine 15m-Stange, wenn die denn reicht. Hinzu kommt, dass man wegen des Laubs direkt von unten nichts erkennt, sondern nur aus einiger Distanz. Hier sind weitere Versuche vor dem Laubfall zwecklos.



Zurück geht es nach Schwiederstorf. Der Weg in den Wald zur Landestelle der Schleswiger Sonde S0940926 vom letzten Oktober ist spannend. Weitere 60 Meter Höhenunterschied, aber wieder angenehme Steigung. Erst Asphalt, dann Gravel, dann etwas steilerer und grober Schotter. Aber angenehm zu fahrende Spuren; selbst auf meinen miesen Untergrund wenig tolerierenden 16"-Rädern komme ich bequem durch. Die Landestelle ist gut bekannt, sie muss direkt rechts am Weg liegen.

Auch hier das gleiche Bild: Keine Sondensichtung. Aber dann sehe ich LINKS vom Weg eine RS41 in einer Fichte baumeln. Auch diese Sonde ist beim Orkan offenkundig  in den Nachbarbaum gependelt, wenn auch nicht so weit.




Die Schnur ist längst zerfetzt, aber die Sonde hängt eben an einem längeren Schnurstück noch in den Nadeln fest. Mit meiner 10m Stange werde ich auch hier nichts - da fehlt noch einiges. Ich lege die Stange an einem Ast an, um aus einiger Distanz einen Eindruck über die Höhenverhältnisse zu bekommen, und bin danach sicher, dass sie in ca. 14m Höhe hängt. Das müsste mit der 13.4m langen "Laguna"-Stange und etwas Armeinsatz gehen und sollte nicht den sperrigen DXWire 15m-Masts erfordern.

Angenehm ist natürlich die Heimfahrt: 120m Höhenunterschied - nur bergab. Schnell bin ich wieder in Neuwulmstorf. Erfolglos, aber schlauer. Bei der nächsten Gelegenheit bin ich wieder bei der zweiten Sonde, diesmal mit der auf dem Faltrad angenehm zu transportierenden Laguna-Stange. Denke ich mir so.

Dann passiert die Sache mit dem LKW-Brand an den Elbbrücken. Seither gibt es keinen normalen Schienenverkehr mehr über die Elbe. Nach meinem Perseiden-Urlaub hat sich die Lage keineswegs gebessert. Aber am 20.8. will ich es wissen,  zumal das Wetter endlich mal sonnig und etwas kühler ist als in der zurückliegenden Hitzewelle. Immerhin sind seit neuestem die ICEs und ICs für Zeitkarteninhaber bis Harburg freigegeben, da sollte es selbst am Wochenende entspannter sein. Welch ein Irrtum.

Der Metronom nach Bremen fährt am Gleis 13. Auf dem Weg dahin kommt mir eine Menschenlawine rennend entgehen, dann ist der Bahnsteig leer. Der Zug soll nur nach Harburg fahren. Gut für mich, denn weiter will ich eh nicht. Dann fällt er allerdings komplett aus. Alle Nachfolgezüge fallen auch aus. Also staut sich alles in einem IC nach Koblenz. Die regulären Fahrgäste verstehen die Welt nicht mehr, als urplötzlich indische Verhältnisse ausbrechen und Weg zu den reservierten Sitzplätze durch die schiere Masse Mensch blockiert ist.  Keine erklärenden Lautsprecherdurchsagen, bei den den Zug stürmenden 9-Eurioten verschärftes "erstmals im Leben Bahn-Fahren"-Syndrom. Ich versuche in meinem 5 Meter-Umfeld den Leuten erklären, dass JEDER mitkommt und in Harburg wieder rauskommt. Dass nächste Station 95% der Leute aussteigen werden und man dann zu den Sitzplätzen vordringen kann. Rege an, dass man durchgeht und nicht im Eingangsbereich stehen bleibt. Das ist schwierig- die Leute haben Angst, dass sie in Harburg nicht mehr  rauskommen. Beruhigende Einwirkung: "Jeder kommt hier raus, so wie immer." Der  Stoff, aus dem die Massenpanik ist. Organisiere mit 2 anderen Leuten, dass in einer nicht blockierten Ecke die Koffer gestapelt werden. Das volle Programm. Gelernt: Auch in so einer Lage ist ein Brommy problemlos in einer Ecke zu versenken. Effekt der Kommunikation: Bei UNS schließen sich die Türen im ersten Anlauf. Sonstwo eher nicht. 30 Minuten verspätet rattert der Zug los. Währenddessen noch ein paar durchbrechende "Bah-Ich habe Reserviert"-Rollenkoffertypen beruhigen. In Harburg dafür sorgen, dass alle rauskommen und der arme Rentner  in seinen Zug nach Rotenburg kommt - er ist 80 und will zu Enkels achzehntem - baaaaah.


Erstmal tief durchatmen. Was war DAS gerade eben? Dann rein in die S-Bahn. Die hat 20 Minuten Verspätung und enthält Luft zum Atmen - optimal für mich. In Neu Wulmstorf endlich raus aus dem ÖPNV und rauf aufs Rad.

Wie entspannend das ist! Auf dem bekannten Weg die bequemen Höhenmeter rauf. Auf dem Waldweg prangen alle Naslang Schilder von einem Halbmarathon. Und offenbar ist am Samstag der Weg Ziel für  Dutzende Mountainbiker mit beeindruckenden Geräten, fetten Reifen und coolen Klamotten. Wo außer in den Harburger Bergen kann man sonst im Hamburger Umland einen echten Waldweg mit echtem Schotter usw., sogar mit etwas Höhenunterschied befahren? Da mutiert der harmlose Waldweg offenbar in der Phantasie zu einem ausgewachsenen MTB-Trail. Einige Leute sind sichtlich irritiert, dass ihnen ein 16"-Rad mit Schwalbe-Marathon-Plus-Reifen entgegenkommt - besonders letzteres ist in Zeiten des "Tubeless"-Hypes ein komplettes No-Go und theoretisch unvorstellbar. Die Reaktionen reichen von entsetzten Blicken zu freundlich-grinsendem Gruß.

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
S0940926
Frequenz:
402.5 MHz

Timerkill:
keiner

Startstation:
Schleswig (WMOID:10035)
Flugdatum: 7.10.2021 00:00Z
Track
wettersonde.net
Maximale Höhe:
33852m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.02 m/s

Landegeschwindigkeit:
4.9 m/s

Landestelle: Schwiederstorf,
LAT, LON: 
53.419698,9.853152, Google Maps
Status:
Geborgen am 21.8.2022, 15:01UT

Methode:
Post-Landing GPS aus wettersonde.net; danke Kurt für die schönen Daten. Problemlose Stangenbergung mit 13.4m Stange aus Fichte, Höhe etwa 14.5m.

An der Stelle angekommen, erweist sich die Bergung mit der Laguna-Stange als problemlos. Der Label ist schon etwas verblichen, und die Batterien ganz leer.


 

Ich suche noch nach Resten des Fallschirms, kann aber nichts entdecken. Wahrscheinlich sind sie vom Orkan zerfetzt und verweht. Also wird alles verstaut, und ab geht  zurück. Ab jetzt immer schön bergab. Heraufkeuchende MTB-Fahrer zeigen so herum noch mehr Wirkung.

In Neu-Wulmstorf habe ich keine Meinung zu einem weiteren LKW-Feuro-9-Euro-Abenteuer. Also radel ich weitere 18km nach Finkenwerder, wo mich die Elbfähre heimwärts bringt. 




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Donnerstag, 18. August 2022

Schnell noch auf die Wiese vor dem Unwetter

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
T1320026
Frequenz:
405.7 MHz
Timerkill: 5 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 17.8.2022 12:00Z
Track wettersonde
Maximale Höhe: 28185m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.16 m/s 
Landegeschwindigkeit: 13.8 m/s
Landestelle:Maschen (Hörsten)
LAT, LON:
53.4199, 10.08307 Google Maps
Status:
Geborgen am 17.8.2022, 17:31 UT
Methode: Tawhiri-Prediction nach wettersonde.net-Daten. 

 Diese Sonde landet am Nachmittag auf einer Wiese bei Maschen. Ich starte mit dem Faltrad zu dem sehr speziellen Regionalbahnhof Maschen. Ich muss am selben Tag noch nach Schmalenbeck, so dass nicht viel Zeit vorhanden ist. Ich komme auch gar nicht nach Maschen. Da nämlich kürzlich ein LKW unter der Bahnunterführung am Bahnhof Elbbrücken ausgebrannt ist und dabei die Schienen gut durchgeglüht wurden, gibt es kaum noch einen Schienenverkehr über das Nadelöhr Elbbrücken, und mein Zug fällt aus. So fahre ich außerplanmäßig nach Schmalenbeck und erledige die Dinge, die zu erledigen sind. Zurück am Hauptbahnhof springe ich in den Nahverkehrszug nach Lüneburg. Der Zug fährt im Schritttempo über das einzig intakte Gleis,  und so steige in Maschen aus. 

Der Zustand dieses Bahnhofs hat sich noch weiter verschlimmert. Die Schülerkunst ist inzwischen von einer Patina überzogen. Die Glasscheibe einer der beiden Türen zur Treppe ist beschädigt, die andere fehlt ganz, so dass man durch den leeren Fensterrahmen ins Treppenhaus gelangt. 

 


 

Das Durchfahrt-Verboten-Schild kündet nach wie vor davon, dass die Decatur-Brücke ab dem 30.9.2016 gesperrt ist. Es ist inzwischen nicht mehr farbig - ausgeblichen. Man gewinnt den Eindruck, dass sich eine Gemeinde zum Ziel gesetzt hat, keine Eigenmittel für den Nahverkehr bereitzustellen und offenbar mit der Bahn im Wesentlichen nur noch vor Gericht kommuniziert. Alle Bahnhöfe der Gemeinde sind sofort an ihrem "Lost Places-Flair" erkennbar, und Maschen ist der kaputteste. 

Durch den seit der Brückensperrung 2016 von dem Rest der Gemeinde abgeschnittene Ort Hörsten geht es zur Landestelle auf der gemähten Wiese. Dort ist alles sehr einfach.





Einen Label gibt es nicht. Trotz des winzigen Ballonrestes hat sich die Fallschirmspitze verhakt; daher ist die Sonde mit hoher Geschwindigkeit gelandet.

Nach Aufwickeln der Schnur geht es blitzartig wieder  zurück nach Maschen. Denn die schwarzen Wolken, die Blitze und das Donnergrollen zeigen, dass das erwartete Unwetter gleich da ist. Auch kommt der Zug sehr bald, und ich möchte nicht eine Stunde an der Bahnhofsruine verbringen. Vom Bahnsteig betreibe ich noch etwas Stormchasing. Die Blitze sorgen inzwischen für einen strobolightartigen Effekt, und in den schwarzen Wolken ist eine Menge Rotation erkennbar.



 

Unmittelbar vor Einsetzen des Wolkenbruchs sitze ich im Zug, der mich problemlos über die Elbe nach Hamburg bringt.


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