20.2.2025
Am Donnerstag startet die Uni-Hamburg unerwartet zwei Radiosonden. Zunächst ist der Urheber unklar, denn der Startplatz liegt auf dem Heiligengeistfeld - das ist der Austragungsort des Hamburger Doms. Momentan ist der Frühjahrsdom noch nicht aufgebaut, und somit ist das Feld eine große freie Betonfläche. Diese günstige Gelegenheit ist wohl der Grund, warum die beiden Sonden dort gestartet sind. Ich habe den Startplatz nach dem zweiten Start aufgesucht, aber die Urheber der Sonden haben offenbar die Szene bereits verlassen. Seriennummern und Frequenz stimmen aber mit bisherigen Starts der UHH gut überein.
Die erste Sonde landet in der Feldmark bei Lübtheen. Das Signal kann vom Zernien-Tower noch nach der Landung empfangen werden. Interessant und befremdlich ist, dass die Sonde in den ersten Sekunden nach dem Aufschlag vom Boden aus sendet, um dann sich plötzlich in ca. 20m Höhe zu verlagern. Offenbar ist die Sonde vom Fallschirm in einen der Bäume eines direkt angrenzenden kleinen Wäldchens gezogen worden. Bermerkenswert ist auch die Verwendung eines Killtimers mit der asozialen Einstellung von 210 Minuten, die uns zunächst sehr verwirrt. Rückblickend wollten die Leute für den Fall eines Floaters den Betrieb der zweiten Sonde auf derselben Frequenz ermöglichen.
Die zweite Sonde hat keinen Killtimer. Sie landet nicht weit entfernt von der ersten. Obwohl das Landegebiet ziemlich weit weg ist, bin ich neugierig. Die Sonden hat immerhin die mein Arbeitgeber gestartet. So plane eine Tour für den Samstag.
Sondentyp: RS41-SGP
SN: V0810583
Produktionsdatum:2023-02-20
Frequenz: 403.93 MHz
Timerkill: 210min
Startstation: Uni Hamburg (Heiligengeistfeld)
Flugdatum: 20.2.2025 11:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe: 18059m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.51 m/s
Landegeschwindigkeit: 2.9m/s
Fundstelle: Lübtheen, LAT, LON: 53.3091,11.04341 Google Maps
Status: Baumlander in 20-25m Höhe
Methode: Empfang und Decodierung des Sondensignals via Tower Zernien
22.2.2025
Schlagartig ist das eisige Wetter mit Nachttemperaturen unter -10°C warmer Frühlingsluft gewichen, und auch Nebenstrecken sind nicht mehr überfroren. Ich starte die Radtour vom Bahnhof Pritzier, den ich bereits kenne. Es geht stramm südlich bis zu der Ost-spezifischen Ortsbezeichnung "Ausbau", dann über eine Nebenstraße westwärts. Hinter Brömsenberg brömse ich und fahre südwärts über einen auf den ersten 200m stark durch Waldmaschinen ruinierten Wirtschaftsweg. 800m von der Landstelle entfernt schließe ich mein Fahrrad an und es geht zu Fuß über einen Nebenweg direkt Richtung Sonde. Diese hängt laut Koordinaten am Südrand des Wäldchens. Der Baum ist eindeutig identifzierbar. Aber ich kann keine Sonde erkennen, und auch Schirm und Schnüre sind nicht zu sehen. Ich bin nach einiger Zeit fast sicher, dass hier jemand schneller war.
Dafür entdecke ich eine Wildkamera. Hier empfiehlt sich freundliches Lächeln für ein schönes Porträt.
Irgendwann erblicke ich dann doch die Sonde in dem Baum, leider deutlich mehr als 20m über dem Boden.
Mit dem Fernglas entdecke ich die Schnur. Sie führt über die von der Wildkamera überwachte Fläche in luftiger Höhe in einen weiteren hohen Baum, in dem - ebenfalls sehr unauffällig und noch höher - Ballonrest und Fallschirm im Geäst verhakt sind.
Hier könnte man allenfalls mit dem Bigshot die Schnur überschießen, wobei unvermeidbar die Jäger die komplette Aktion auf Video bestaunen dürften.
Auf dem Rückweg zum Rad ist der Himmel phasenweise voll mit ziehenden und laut rufenden Kranichen.
Den schlammigen Wirtschaftsweg möchte ich nicht zurück fahren. Also geht es weiter nach Lübtheen, und von da aus auf dem Radweg nach Ausbau. Hier fahre ich dann Richtung Belsch, wo die zweite UHH-Sonde auf einem Acker niedergegangen ist.
Sondentyp: RS41-SGP
SN: V0810580
Produktionsdatum:2023-02-20
Frequenz: 403.93 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Uni Hamburg (Heiligengeistfeld)
Flugdatum: 20.2.2025 15:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe: 21869m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.1 m/s
Landegeschwindigkeit: 6.8m/s
Fundstelle: Belsch, LAT, LON: 53.33443,11.20955 Google Maps
Status: Geborgen am 22.2.2025, 15:10 UT
Methode: Empfang und Decodierung des Sondensignals via Tower Zernien
Die letzten Koordinaten via Zernien-Tower waren auf Grasnarbenhöhe, so dass auch hier die Landestele exakt bekannt ist. Ich bin nach den Erfahrungen mit den Manöver-DFMs der letzten Zeit pessimistisch. Aber schon aus großer Entfernung zeigt sich mal wieder, dass fröhlicher Optimismus besser für das Wohlbefinden ist.
Die Bergung ist sehr simpel. Nicht weit entfernt liegt die Landestelle einer der Manöver-DFMs, D17053026 . Auch die ist per Tower genau lokalisiert. Ich checke die Position - natürlich ist die Sonde weg.
Nun gilt es angesichts des schwindenden Tageslichts, den Heimweg anzutreten. Ich beschließe statt einer Rückfahrt nach Pritzier den kürzeren Tripp zum Bahnhof Hagenow Land. Offenbar fahren die Züge heute nicht stündlich, sondern wegen irgendwelcher Bauarbeiten nur alle 2 Stunden. Und ich mache einen Fehler: Ich nehme nicht die Route, die ich eigentlich ins Auge gefasst habe, sondern lasse mich von Locus Routenplanung überreden, eine 2km kürzere Strecke zu wählen. Die Hoffnung ist, dass ich so noch sicherer den nächsten Zug erwische und mir längliche Wartezeiten auf dem Bahnhof erspare. Die Route geht zwar durch den Wald, ist aber mit "ESR" markiert. Das steht für Elbetal-Schaalsee-Rundweg, eine bekannte empfohlene Radroute.
Schon die Strecke bis Redefin - einem irgendwie gearteten Pferdenarr-Treff mit Gutshaus-Flair - hat es in sich. Der Weg ist schlecht und mit kleinen Rädern kaum befahrbar, zumal man den matschigen Forstweg mit einer Flotte von SUVs teilt - offenbar die Pferdebesitzer. Die Verkehrsdichte wird direkt am Gut extrem, und auf dem gutseigenen Parkplatz ist die Blechlawine zu bestaunen. Hinter der B5 beginnt die ausgeschilderte Fahrradroute als schmale Kopfsteinpflasterstraße. Nicht aus Kaisers Zeiten, sondern noch vom alten Fritz. Und zwar die orginale Bausubstanz - niemals ausgebessert. Mit 16-Zoll-Rädern kann man sie nicht befahren. Nach 300m Schieben wird es besser, weil rechts neben der "Straße" ein von anderen Fahradfahrern festgefahrener Pfad wieder Radfahren erlaubt. Noch habe ich wenig Zeit verloren. Einigermaßen zügig geht des den nächsten halben Kilometer voran. Das ist auch gut so. Es ist Zeit, das Ziel zu erreichen. Es ist stockdunkel.
Dann aber mutiert die Strecke zu einem schlimmen Waldweg. Jede Pad in Namibia ist besser. Wechselseitig: Steine, Schlaglöcher, Reste ehemaligen Kopfsteinpflasters (bronzezeitlich), flächendeckender Schlamm, feinster Sand. Fahren, schieben, fahren, schieben. Glücklicherweise besitze ich eine vernünftige Radbeleuchtung. Natürlich würden größere Räder helfen, aber auch mit meinem 28" Tourenrad könnte man das Zeugs nicht wirklich befahren. Teilweise käme man mit einem Mountainbike durch, aber nur mit ausreichend breiten Reifen. Das hier als Fahrradroute für Touristen zu empfehlen - ich weiß nicht... Ich muss jedenfalls sehr aufpassen mich nicht auf die Schnauze zu legen.
Dann wird der Weg noch "etwas" schlechter, weil offenbar kürzlich allerlei Waldmaschinen darauf unterwegs waren. Linkerhand ist alles abgeholzt. Schieben ist jetzt nicht mehr möglich - da hilft nur Tragen. Irgendwo grunzt es im Dunklen. Erst auf dem letzten Drittel der Strecke durch den Wald kann man wieder teilweise fahren, allerdings nur im ersten Gang und mit einer Geschwindigkeit von 6-10 kmh. Irgendwann erreiche ich wieder Asphalt. Als ich in Hagenow-Land ankomme, ist mein Zug natürlich längst weg. Also warte ich dort 1.5 Stunden, bis die nächste Bahn nach Hamburg ankommt. An Bord feiern Rostock-Fans ihren Sieg über Dresden im friedlich-feucht-fröhlichen Stil. Gegen 22:30 bin ich wieder zuhause.
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