Montag, 6. März 2017

Uraltsonden aus Pinneberg

Letzte Woche flog eine Sonde aus dem Raum Hamburg in Richtung Mecklenburg-Vorpommern. In Sondenjägerkreisen wurde sie eifrig diskutiert. Denn die Seriennummer, die Sonde funkte, begann mit einem "C". Das bedeutet:  Produktionsdatum war der 30.11.2007. Ein uraltes Schätzchen. Es wurde erwogen, dass dieses Modell vielleicht sogar eine Wasserbatterie enthalten könnte. Ich bin relativ frisch im Sondenjägergeschäft und werde sicher nicht mehr so schnell eine Sonde mit Wasserbatterie erbeuten können. Und auch Sonden mit einem "C" in der Seriennummer haben nur die ganz alten Hasen im Schrank. Als allerdings ein paar neue Daten auftauchten, die den Startort als "Pinneberg" auswiesen, hätte ich skeptischer werden müssen. Denn ein sondenbegeisterter Astrofreund, Jürgen Wruck, hatte neulich eine Pinneberger SGP mit Lithiumbatterie aus dem Schnee gezogen.
 
Dennoch gab es kein Halten mehr, als am Morgen des 6.3. eine weitere Uraltsonde, C4853147, in Pinneberg startete. Sie stieg extrem langsam auf, drehte ein paar Schleifen über den Hamburger Westen, überquerte dann die Elbe. Die rasante Landephase - Pinneberg verzichtet grundsätzlich auf Fallschirme  - konnte ich durch eigenen Empfang von meinem Arbeitsplatz aus verfolgen. Die Sonde landete wieder in der Fischbeker Heide, einem Waldgebiet in den Harburger Bergen, in dem ich schon 2 Tage vorher aktiv war. Die Stelle war in einem fast weglosen schmalen Streifen Hamburger Territorium, der nach Niedersachsen hineinragt. Die finale GPS-Höhe betrug 211m, davon muss man noch 40 Meter Geodhöhe und 100m Geländehöhe abziehen. Zum Vergleich: Die Bremer Radiosondenseite hatte die Sonde in 580m Höhe verloren.

Es gelang mir, mich auf Arbeit am Frühnachmittag loszueisen. Meinen Sondenjägerrucksack hatte ich gleich mitgenommen. S-Bahn und ein Bus brachten mich nach Alvesen. Von da aus ging es auf verschlungenen matschigen Waldwegen und Waldfahrwegen bei Nieselwetter zur Landestelle. Ich habe ein paarmal versucht, das Signal zu erfassen - leider erfolglos. Hatte die vermutete Wasserbatterie ausgeblubbert?
In unmittelbarer Nähe der Landestelle wurde die Lage durchdacht. So schnell würde ich nicht aufgeben. Ich stand in einem Tal, Richtung Landestelle erhoben sich Hügel. 



Gleich nördlich vom höchsten Gipfel befand sich meine letzte Sondenposition. 211-40-100 ergibt 71 Meter über Grund, und die Bäume waren sehr hoch. Somit hatte ich das Signal fast bis in Baumwipfelhöhe empfangen. Zur Zeit der Sondenlandung war es recht windstill gewesen. Daher gab es eine gute Chance, die Sonde  direkt unter der letzten Position aufsammeln zu können. Also weg vom Weg und den bewaldeten Hügel hinauf. Um mir eine Übersicht zu verschaffen, ging es rauf auf den Gipfel, auf dem ein Jäger einen Beobachtungsstuhl errichtet hatte. Ein Blick in die fragliche Richtung zeigte sofort einen schneeweißen Fleck. Das war die spätantike Sonde. Die Position lag nur 30m nördlich meiner letzten Position aus Flottbek. 


Die spannende Frage: Was für eine Batterie ist da drin? Drauf stand "SGPD". Das bedeutet: AA-Batterien und Zusatz-Wassergewichte, also keine Wasserbatterie. Drin war aber, was ich schon aufgrund des Gewichts vermutet hatte: Ein Paket von Lithiumbatterien. 


Also hat man wohl uralte SPGDs nachträglich mit Batteriekästen der SGPL versehen...
Der relativ große Ballonrest hing hoch im Baumwipfel. Ein strammer Zug ließ ihn heruntersegeln. Pinnebergtypisch war der Abroller mit einem Kabelbinder befestigt. Der Sensorträger ist, anders als bei den heutigen Sonden, nicht rundherum verspiegelt, sondern die untere Hälfte ist matt. 


Der Rückweg wurde etwas koordinierter durchgeführt. Vor allem ging er schneller, denn eigentlich war die Landeregion von der Busstation "Waldfrieden (Kehre)" aus schneller erreichbar. Das ist die gleiche Bushaltestelle, von der aus die Sonde M2153160 nur 2 Tage vorher besucht wurde.

 Kurz vor der Busstation kam ich an einer Mutter mit 2 drei- bis fünfjährigen Kindern an. Einer der Jungs guckte mich ein wenig fragend an und meinte, auf meinen GFK-Mast im Rucksack deutend: "Bestimmt ein Schießgewehr". Ich hab dann Mutter und Kiddys den Ballonrest und die Sonde gezeigt und sie raten lassen, was das ist. Sie kamen drauf und stellten viele Fragen.