Montag, 29. April 2024

Uff! (Gene Cernan Memorial Sonde Hunting)

Gene Cernan war der bisher letzte Mensch auf dem Mond. Sein Kredo: "Bring Duct Tape" ist legendär. Wenn man Genes goldene Regel missachtet, kann das die allgemeine Genervtheit "geringfügig" steigern. Die Story beginnt am 17.4., als eine Radiosonde aus Sasel am Wasserkrüger Weg bei Sarnekow im Wald niederging.



Sondentyp: RS41-SGP
SN:
V2930784
Produktionsdatum: 2023-07-19
Frequenz: 402.7 MHz
Timerkill:
keiner

Startstation:
Sasel
(WMOID:10141)
Flugdatum: 17.04.2024 (12:00Z)
Track
Wettersonde.net & Rasmon (korrigiert)

Maximale Höhe:
26520
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.31m/s

Landegeschwindigkeit:
3.7m/s

Landestelle: Sarnekow
LAT, LON:
53.54025,10.73179 Google Maps
Status:
Baumlander, 16.8m hoch, von unten sichtbar.Lokalisiert am 21.4.2024 12:09UT. Geborgen am 20.5.2024, 11:30UT

Methode:
Extrapolation nach Wettersonde.net-Daten.

Diese Sonde habe landete in einem Wald bei Sarnekow, den ich sehr gut kenne. Nicht weit entfernt konnte ich einmal eine Bergener Sonde hoch im Baum entdecken. Leider ist deren Landestelle nicht mehr zugänglich, sie hängt auch nicht mehr im Baum, und die Sonde ist daher wohl verloren. Aber ich kenne die Anreise mit Rad oder Auto sehr genau. 

Am 21.4. habe ich etwas Zeit, die neue Saseler Sonde zu suchen. Ich erreiche die Stelle mit Bahn und Faltrad. Die Vorhersage ist mäßig genau und das Gelände mancherorts unübersichtlich. Ich brauche volle 3 Stunden, bis ich den Fallschirm am Baum hängen sehe. 

Schnurverfolgung führt zur Sonde, die hoch in einer Kiefer hängt

Mir gelingt es, mit dem Schneidetool den Fallschirm zu bergen, ohne die Sonde am Baum hochzuziehen. Leider ist die Schnur aber derart massiv verhakt, dass sich auf der Sondenseite nichts tut.



Ich nehme mit der 13m Stange Maß. Wenn ich sie ganz nach oben stemme, fehlen noch 1.5 bis 2 Meter. Also hängt die Sonde 16.5-17m hoch im Baum. Das könnte vielleicht mit der 15m Stange knapp funktionieren. Die habe ich in Schmalenbeck im Auto.

Am 28.4. fahre ich beherzt hin. Einen nahen Waldparkplatz liegt nur 450m entfernt, und ein Waldweg führt direkt zur Landestelle. Ich stehe also sehr bald an der Kiefer. Leider ist mein Sondenjägerequipment in Schmalenbeck etwas rudimentär: Fernglas, Haken, Schnur, etwas Werkzeug sind da, aber viele andere Dinge fehlen in dem gelben Rucksack. Was sich sogleich rächen wird...

Ich kann tatsächlich mit der 15m-Stange, wenn ich sie über den Kopf hochstemme, die Sonde antippen. Dann sollte ich sie auch herunterkriegen! Die 15m-Stange neigt dazu, wenn man sie nicht ganz ruhig hält, massiv zu schwingen, und die Schwingungen schaukeln sich bedenklich auf. Wenn man sie nicht auf den Boden stellen kann, ist das besonders kritisch. Ich weiß aus Erfahrung: Da hilft nur Geduld. 

Irgendwann bemerke ich, dass der Bodenverschluss der Stange komplett kaputt ist und unten die Stangenelemente herauszufallen drohen. Notdürftig mit Tape flicken? Nein! In meinem Rucksack greife ich ins Leere. Kein Tape im Rucksack.  Also halte ich die Öffnung mit der Handfläche zu, was das Schaukeln nur verschlimmert. Irgendwann verhakt sich der Haken irreversibel in einem Ast. Glücklicherweise arbeite ich mit der Schnur-Hakentechnik, so dass nur ein Stück Leine und der Haken selbst verloren gehen. Ersatzhaken habe allerdings ich nicht dabei.

Defekte Stange, kein Haken: Hier muss ich aufgeben. Mein Genervtheitsgrad steigt geringfügig.

Nachtrag vom 20.5.2024: SONDE GEBORGEN!  

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
U3240129
Frequenz: 405.7 MHz
Timerkill: 5:00 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Produktionsdatum:2022-08-11
Flugdatum: 28.4.2024 12:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe: 33919m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.15m/s 
Landegeschwindigkeit: 12.1m/s
Landestelle: Rögnitz
LAT, LON:
53.61734,11.00435 Google Maps
Status: Geborgen am 28.4.2024, 16:00UT

Methode:
Lokalisiert mit Sonden-GPS (TTGO, RDZsonde). Stangenbergung aus Buche aus 5m Höhe

 

Zurück im Auto checke ich auf wettersonde.net die Bergener Sonde, die in meiner Gegend landen soll. Sie ist bereits am Boden, und zwar bei Rögnitz. Die Landestelle liegt ein paar Meter im Wald, was in meinem stangenlosen Zustand suboptimal ist. Es sind 30km über Autobahnen und Landstraßen. In einer knappen halben Stunde könnte ich da sein. Also fahre ich los.

Ich parke das Auto auf einer Art Feldeinfahrt. Bereits im Auto hat mein TTGO Empfang der noch immer sendenden Sonde. Ein Segen: Die Höhe, die mir angezeigt wird, entspricht der Geländehöhe laut Locus. Also hängt sie wahrscheinlich nicht hoch im Baum.

Ich mache mich auf den Weg. Die Stange wird geschultert und unten zugehalten. Sicher ist sicher, ich nehme sie lieber mit. Es geht im Slalom um mehrere Überschwemmungsgebiete, in denen hörbar Rotbauchunken lärmen. Die eigentliche Landeregion ist ein hoher Buchenwald, aber die Sonde soll ja am Boden liegen. Nach einiger Suche entdecke ich sie dann leider doch in einer Buche, lächerliche 5 Meter über dem Grund. Mit einem Haken an der Spitze der Stange würde man die Sonde in 3 Minuten aus dem Baum bekommen. So aber ist man auf Steinzeitmenschenlevel zurückgeworfen. Und da ich in der Steinzeit keine 3 Minuten überleben würde, muss ich erst einmal die Basics im Umgang mit Stöcken und Knüppeln lernen. 

Dass die Stange unten offen ist, macht nichts. Ich kann sie ja auf den Boden stellen. Das erste Element der Stange wird entfernt und dann ein geeigneter Zweig gesucht, den man in das zweite Rohr einigermaßen stabil hineinstecken kann. Ich stelle rasch fest, dass man mit diesem Hakenersatz nicht wie gewohnt die Schnur eindrehen kann. Irgendwann klemmt die Stange hoffnungsvoll über der Sonde selbst. Mal vorsichtig ziehen. Flutsch! Der "Haken" hängt an der Sonde, aber natürlich nicht mehr an der Stange. Am Ende habe ich drei Zweige kunstvoll auf die Sonde gelegt. Offenbar braucht man stabilere Zweige und muss sie wirklich fest in das Rohr hineindrücken.

Also einen weiteren Zweig gesucht. Mit dem lassen sich die aufgelegten Zweige greifen - aber leider fallen sie herunter. Weitere Versuche, mit anderen Zweigen die Schnur einzudrehen, scheitern kläglich. Nach einer halben Stunde steigt meine Genervtheit "ein wenig". Das ist doch lächerlich! Hier hängt ein hochgradig einfach zu bergender Baumlander, und dann hat man aus eigener Unorganisiertheit derartige Probleme. 



Ich suche mir einen Zweig, mit dem man vielleicht die Sonde von oben erfassen könnte. Das klappt im 4. Versuch. Ich kann die Sonde bis fast in Griffhöhe herunterziehen....Flutsch! Schon pendelt sie hoch am Baum.

for i= 1 to 5

    flutsch

next

Mein Genervtheitsgrad nimmt weiter zu. Das kann doch alles nicht wahr sein! Nächster Zweig, diesmal etwas länger und dicker....


Damit kommt zwar der "gute" Zweig herunter, aber ich kann ihn auf dem Boden nicht wiederfinden. Es gelingt mir aber,  diesen unförmigen Knüppel auf Reibung zwischen Sensorarm und Mast zu klemmen und ihn im dritten Versuch auf Griffhöhe herunterzubringen.


Uff! Ich versuche noch vergeblich, irgendwie den Schirm zu finden, kann ihn aber nicht entdecken. Ziemlich sicher hängt er hoch im Baum. Da mein Equipment für solche Fälle nicht wirklich funktionstüchtig ist, ist meine Motivation für eine massive Suche nicht besonders ausgeprägt.  Vor dem Heimweg muss ich noch die unten offene Stange zerlegen und notdürftig reinigen, denn es ist allerlei Erde in die Rohre eingedrungen. Sonst ließe sich das Ding nicht mehr zusammenschieben.

So schultere ich wieder meine Stangenruine, die klaffende Öffnung mit der Handfläche verschließend,  und wandere zurück zum Auto. Von dort aus geht es stressfrei nach Hause.

Was lernt man: 1) Murphy is everywhere. 2) In ein Sondenbergerequipment gehören Ersatzhaken, Kabelbinder, Schneidetool. Und Gene Cernan hat recht: "Going to space? Bring duct tape!" Irgendwie fehlt das alles in meinem Auto-Set. 3) Ich muss jetzt außerdem dringend über eine Reparatur des Stopfens nachdenken.

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier


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