Montag, 21. Juli 2025

Bei der Wärme kann es keine Kaltsonde werden 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
V1110371
Produktionsdatum: 13.03.2023
Frequenz: 405.7 MHz
Timerkill:
5h:00m

Startstation:
Bergen
(WMOID:
10238)
Flugdatum: 20.07.2025 (12:00Z)
Track
wettersonde.net und Tower

Maximale Höhe:
33135m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.20m/s

Landegeschwindigkeit:
 11.8m/s

Landestelle: Trelde,
LAT, LON: 
53.31615,9.79639 Google Maps
Status:
Geborgen am 20.07.2025 13:45UT
Methode:
 Decodierung des Sondensignals durch TTGO

Ein Sonntag im Juli. Es ist ziemlich heiß - eigentlich eher schwül. Auf die ursprünglich angedachte Kaltsondentour in der Göhrde habe ich keine rechte Lust. Ein Tiefdruckausläufer nähert sich sehr langsam von Südwesten. Dann fällt am frühen Nachmittag die Bergener Sonde wie ein Stein vom Himmel und schafft es nur bis Trelde. Dort liegt sie auf einem Acker, aber der Fallschirm könnte im Garten eines Wohngrundstücks heruntergekommen sein. Von daher ist ein frühes Erscheinen anzuraten. Die Prediction dürfte sehr genau sein - ich habe Tower-Koordinaten, die etwas tiefer gehen als alle Internetquellen. Eigentlich ist es recht weit weg, aber auf der anderen Seite nicht weit entfernt vom Bahnhof Sprötze. Ich greife zum Faltrad und beschließe, vom Hauptbahnhof mit dem Regionalzug dorthin zu fahren. Das allgemeine Bahnchaos hat mich sofort fest im Griff. 

Die Bahnsteige sind gepackt voll mit Leuten - wie üblich.  Irgendwann erreiche ich  Gleis13 und warte auf den  Metronom. Verspätete ICEs rollen durch den Bahnhof.  Meine Idee, auf dem Bahnsteig gleich weit nach vorne zu laufen, verwerfe ich umgehend. Hier stinkt es zu deutlich nach spontanem Gleiswechsel in letzter Sekunde, da bleibt man besser näher an der Treppe. Tatsächlich, da ist schon die akkustisch kaum verständliche Durchsage. Wie üblich müssen wir unmittelbar vor der Abfahrt des Zugs ganz schnell auf Gleis 11 umziehen. Ich erkläre die neue Lage noch rasch einem rudimentär Englisch sprechenden chinesischen Touristenehepaar, die auf den gleichen Zug warten wie ich und eben schon in einen ICE einsteigen wollten. Wie sollen die auch durchsehen, wenn selbst erfahrene einheimische Öffi-Fahrer nicht mehr klarkommen? Vermutlich würde ich im ÖPNV Bejings total abloosen.

 

Die Volksmassen verstopfen bereits alle Aufgänge. Sie laufen wirr und im Zeitlupentempo durcheinander, weil man ja auf der Treppe und beim Umsteigen hochkonzentriert Whatsapps schreiben muss - und daher können sie nicht nach vorne gucken. Drüben kommen dann weitere ICEs - aber nicht unser Zug. Als der endlich eintrudelt, versucht die "Erstmals im Leben Bahn Fahren" - Fraktion kollektiv durch die vermeintlich einzige vorhandene Tür in den vermeintlich einzig vorhandenen Wagen durchzubrechen. Das hat für mich den Vorteil, dass mein Wagen eigentlich genug Platz für alle und für das Faltrad bieten würden - wäre da nicht die Rollenkofferfraktion. Die müssen ihre rollenden Kleiderschränke noch rasch öffnen, um an ihre zahlreichen Freßtüten zu gelangen. Irgendwann gelingt es ihnen, ihre Koffer sinnvoll zu stapeln und somit die Schlange im Eingangsbereich aufzulösen. Die unerwartet gewonnene Zeit nutzen unsere Raucher in der offenen Tür. Daher braucht es drei Durchsagen mit der Aufforderung, doch nicht die Türen zu blockieren, damit wir endlich abfahren können. Auf jedem Bahnhof bis Sprötze wiederholt sich dieser Kult.

Unsere chinesischen Freunde haben übrigens ruhig Platz genommen und sich bereits von dem Kulturschock erholt. Derweil verfestigt sich  immer mehr der Eindruck, einer unvorgesehenen Kaltsondenjagd entgegen zu reisen. Die sich aufschaukelnde Verspätung wird wahrscheinlich bewirken, dass der Killtimer heute schneller ist. Mut macht ein Kommentar von Harry via Whatsapp: 

"Bei der Wärme kann es keine Kaltsonde werden 😂"
 

In Sprötze angekommen, sieht es so aus, als ob Harry knapp recht haben könnte. Warm und schwül ist es in jedem Fall, und es sind ja nur 2.5 Kilometer Radfahrt. Beim Ortseingang Trelde sind es noch 13-14 Minuten bis zum Killtimer. Hier führt die Straße nur 350-400m an der Landestelle vorbei. Ich halte kurz an. Der TTGO empfängt nichts. Ich halte das Gerät am ausgestreckten Arm so hoch ich kann - und da blinkt tatsächlich die LED an dem kleinen Kasten! Dass man die Koordinaten mit RDZsonde mit einem Klick auf Locus übertragen kann, ist sehr praktisch. Jetzt kann der Killtimer nichts mehr schaden.  Erwartungsvoll fahre ich zur Poststraße. 

Dort gibt es laut Karte einen Durchgang, der direkt an der Landestelle auf den Acker führt. Der ist tatsächlich vorhanden. Und schon von Weitem sieht man eine helle Schnur auf dem dichten, erntereifen Raps aufliegen. 

 


Ich habe Glück: die Schnur ist nicht straff gespannt. Daher befinden sich der große Ballonrest und der komplett wirkungslose Fallschirm knapp nicht auf den Privatgrundstücken, sondern in dem Graben, der den Acker begrenzt. 

 

 



Auf der ersten Treckerspur im Rapsfeld befindet sich die Sonde. Ich gewinne das Rennen gegen den Killtimer um 3 Minuten. Da der TTGO nach wettersonde.net einspeist, ist das dort einwandfrei dokumentiert. 

 

 



 

Der "Sieg" hat am Ende einen rein sportlichen Wert - gefunden hätte ich die Sonde auch ohne Empfang, da sie auffällig nur 8 Meter neben der Prediction liegt. Harrys neu entdecktes Gesetz, demzufolge ab einer bestimmten Temperatur eine Kaltsondenjagd thermodynamisch unmöglich ist, wurde jedenfalls eindrucksvoll bestätigt.

Ich packe meine Sachen und radel durch die Hitze zurück nach Sprötze. Dort sind noch 40 Minuten Zeit bis zur Ankunft des Zuges. Ich setze mich auf die Treppe an der Unterführung unter den Gleisen. Hier ist es angenehm kühl. Der Zug ist pünktlich und eher voller als auf der Hinreise. Aber diesmal ist er überwiegend von Leuten mit entwickelter Öffi-Erfahrung bevölkert. Wie herrlich entspannt das Bahnfahren doch sein kann!

 

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier
 


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