Am Hafengeburtstagswochenende ist es für die einheimische Zivilbevölkerung ratsam, sich außerhalb der Stadt in Sicherheit zu bringen. Wenn nichts auf Hamburg zuschwebt, bietet sich eine Baumlanderkontrollrunde an. Wenn Schauerwetter keine langen Touren erlaubt, ist das Ziel der Sachsenwald. Hier hängen die ganz hartnäckigen Fälle am Baum. Wenn sie runterfallen, werden sie Opfer von Wildschweinen und Fürst Bismarcks fleißigen Waldarbeitern. Da ist zum Beispiel eine DFM17 aus Pinneberg, D20038896 vom 19.7. 2021. Diese Sonde wurde von DF1JB glatt am Flugtag als VERLOREN eingetragen, weil sie in einer belaubten Buche komplett unsichtbar war. Fazit: Die hat dann wohl jemand Unbekanntes geborgen. Am gleichen Tag hat Lauritz die gelandete Sonde per TTGO decodieren können, und die GPS-Höhe deutete auf eine Höhe von ca. 30m über Grund hin. Auch er hat sie nicht sehen können. Ich war dann am 24.7.2021 vor Ort und hatte ebenfalls immense Schwierigkeiten. Dann fand ich aber einen Punkt 40m südlich der betreffenden Buche, wo man die Sonde durch eine Laublücke sehen konnte, 25m hoch oder höher.
Etwas leichter wurde es im Winter - ohne Laub. Da konnte ich ein paar Fotos der Sonde mit dem starken Tele der Bridge-Kamera machen.
Am 17.9.2022 fahre ich mit S-Bahn und Faltrad nach Aumühle. Von dort ist es ein Katzensprung. Leider liegt die Sonde nicht unter der Buche, und das dichte Laub erlaubt auch keinen Blick auf die Sonde. Aber die Sondenschnur ist von der damaligen Stelle im Fernglas sichtbar, und sie ist straff gespannt. Die Sonde ist noch oben, alles ist unverändert.
Ein weiterer heftiger Fall im Sachsenwald ist die Schleswiger Mitternachtssonde vom 18.8.2021. Eine kleine Radtour über Friedrichsruh und die Königsallee (royaler Name für einen Wald-Fahrweg) bringt mich hin.
Sondentyp: RS41-SGP
SN:S0620304
Frequenz: 402.5 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Schleswig (WMOID:10035)
Flugdatum: 18.8.2021 00:00Z
Track radiosondy
Maximale Höhe: 34762m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.15 m/s
Landegeschwindigkeit: 3.3 m/s
Landestelle: Sachsenwald, LAT, LON: 53.51755,10.37948, Google Maps
Status: Geborgen am 17.9.2022, 15:01UT
Methode: Lokalisation durch Tawhiri-Prediction nach Radiosondy-Daten. Aufgesammelt am Boden nach Orkanen und Baumfällarbeiten.
Diese Landestelle habe ich schon mehrfach besucht, und es war immer sehr schwierig, die Sonde überhaupt zu sichten. Wenn ich mich richtig erinnere, war Jürgen Wruck auch schon vor mir vor Ort, konnte aber nur den Fallschirm ausmachen. Ich habe mich am 13.9.2021 vom im Baum hängenden Fallschirm aus durch Schnurverfolgung bis zum fraglichen Baum vorarbeiten können, wozu ich mehr als eine Stunde brauchte. Die Sonde hing mindestens 25m hoch und recht verwickelt in einer Fichte und war nur von einer ganz bestimmten Position aus sichtbar.
Nach den Orkanen 2022 waren die meisten Bäume der Umgebung alle umgestürzt und das gesamte Gelände ein einziges Chaos. Ich hatte massive Orientierungsprobleme.
Auch damals habe ich fast 2 Stunden gesucht, bis ich die Sonde wiederfinden konnte - sie war leider noch oben. Ich bin mir nicht sicher, ob die Sonde am selben Baum hing. Aber die Hoffnung, dass man sie nach den Stürmen unten aufsammeln könnte, hatte sich nicht erfüllt.
Heute wird alles leichter. Allerlei Markierungen und eine aktualisierte GPS-Position sollten das Wiederfinden ein Kinderspiel werden lassen, denke ich. Aber, nein. Die Baumleichen sind entfernt und bei der Gelegenheit hat man wohl allerlei Fichten gefällt! Die Gegend sieht komplett verändert aus. Ich bin auch schlecht vorbereitet. Die Fotos von damals habe ich nicht auf dem Handy, weil sie mit einer anderen Kamera aufgenommen wurden. Ob man damit Orientierungspunkte identifizieren könnte, steht auf einem andereren Blatt. Ein weiteres Problem sind die großen Farnwiesen, in denen sich eine heruntergefallene RS41 prima verstecken könnte.
Um die GPS-Position herum sind keine meiner Markierungen zu entdecken, dafür aber Spuren der Waldmaschinen. In den Bäumen ist mit dem Fernglas so direkt nichts erkennbar, aber die Sonde war ja immer schon schwer von unten zu sehen. Eine massive Suche am Boden in 25X25m Umkreis ist komplett erfolglos. Es ist zudem zu vermuten, dass der Baum nicht mehr steht, und dass die Sonde nach all den Fällarbeiten auch nicht mehr da liegt, wo der Baum mal stand. Wenn sie überhaupt noch da ist.
Nach mindestens einer Stunde checke ich, diesen Gedanken weiter verfolgend, eine markante Fahrspur. Sie führt von der damaligen Postion weg - hier könnte man den Baum samt Sonde herausgezogen haben. Ich gehe sie entlang und sehe in der Spur etwas Weißes. Mal dran kratzen! Ooops, es ist Styropor! Etwas Archäologie beweist, dass das der flache Boden einer RS41 ist... Die wurde von einem Fahrzeug in den Waldboden gepresst...
Nach 90 Minuten endlich der Erfolg. Immerhin war die Sonde auf diese Weise vor der gemeinen Wutz sicher. Es gab schon vom Baum gefallene Radiosonden mit schlechterem Allgemeinzustand.
Vor dem nächsten Schauer geht es nach Aumühle. So schnell sieht mich der Chaos-Wald nicht wieder...
Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier