Donnerstag, 22. September 2022

Das Schaf und die Sonde

Am 20. und 21.9. schickt Putlos einen Schwall Manöver-DFMs in das südöstliche Schleswig Holstein und das Wendland. Rüdiger aus Mecklenburg-Vorpommern fährt  große Strecken und verbraucht viel Benzin, um drei von ihnen einzusammeln. Am 21.9. liegen die Einschläge dichter an Hamburg. Ich habe bis nach 16:00 beruflich einige Verpflichtungen. Danach lockt das wunderbar sonnige Frühherbstwetter. Ich stürze mit dem Faltrad in den RE1 nach Büchen Richtung Witzeeze. Die Strecke am Elbe-Lübeck-Kanal ist im Vergleich zu der radweglosen und hügeligen Landstraße für den Radfahrer einfach nur traumhaft. Am gegenüberliegenden Ufer steht eine Kranichfamilie (2 schon fast ausgewachsene Diesjährige mit Eltern) und guckt herüber.



Die erste Sonde liegt laut Prediction direkt südöstlich der Schleuse Witzeeze auf einer Trocken-Wiese. 

Sondentyp: DFM09
SN:
18079999
Frequenz: 403.084 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Putlos
Flugdatum: 21.09.2022 13:21Z L
Track wettersonde.net

Maximale Höhe:
19110m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 4.79 m/s

Landegeschwindigkeit:
4,7 m/s

Landestelle: Witzeetze,
LAT, LON:
53.45006,10.62398, Google Maps
Status:
Geborgen am 21.9.2022, 15:25 UT

Methode:
Decodierung des Sondensignals per TTGO


Ich habe mir vor ein paar Tagen 2 weitere TTGOs zugelegt und bespielt, um in jedem Rucksack ein Exemplar parat zu haben. "Never leave home without it". Das frisch erstandene Lillygo-Exemplar tut seinen Job und zeigt mir die Position exakt an. Der Rest ist einfach. 





Nach dieser Bergung muss ich schnell mal gucken, was die nächste Putlos-Sonde (D18079834) so macht. Nachher landet die unmittelbar in meiner Gegend. Sie geht auch Richtung Lauenburg, zielt aber etwas zu weit. Am Elbdeich bei Lauenburg befindet sich aber noch die während meiner Anfahrt gelandete D18079914...Also trete ich in die Pedalen.

Sondentyp: DFM09
SN:
18079914
Frequenz: 403.84 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Putlos
Flugdatum: 21.09.2022 14:49Z L
Track wettersonde.net

Maximale Höhe:
16640m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 4.76 m/s

Landegeschwindigkeit:
4.7 m/s

Landestelle: Lauenburg,
LAT, LON:
53.36401,10.58288, Google Maps
Status:
Geborgen am 21.9.2022, 17:07 UT

Methode:
Decodierung des Sondensignals per TTGO

Der Weiterweg geht erst einmal den Kanal entlang und dann über die Kanalbrücke am Lanzer See ostwärts. Den Weg über das Dörfchen Lanze kenn ich noch nicht - er ist sehr angenehm zu befahren. Am Ende geht es ein paar Meter über die B5 - da vorne kommt bereits der Parkplatz in Sicht, von dem ich neulich die R92-SGPW geborgen habe. Vorher biege ich ab. Über einen asphaltierten Wirtschaftsweg geht es zum Elbdeich. Laut Prediction sollte sie auf der Deichkrone liegen oder diese sogar überquert haben. Da - die Sonde ist in Reichweite des TTGO. Wer beschreibt mein Erstaunen, dass die Position weit NÖRDLICH vom Deich, jenseits des Grabens liegen soll. Das passt absolut nicht zur Flugrichtung. 


Leider liegt die Sonde auf einer riesigen Schafweide, von meinem Standort durch Elektrozaun, Maschendraht, Stacheldraht und - natürlich - einen Graben getrennt - wahrscheinlich Wolfsschutz. Die Schafe grasen gerade alle auf der Nachbarkoppel, die aber durch einen Durchgang mit "meiner" Koppel verbunden ist. Ich glaube sogar den Fallschirm drüben zu erkennen. Und da geht ein Übergang über den Graben. Das typisch norddeutsche Holzgatter liegt in kaputt am Boden und ist frisch durch ein massives Metallgatter ersetzt - mit Stackeldraht und Elektrodings. Ich habe Glück: Das Vorhängeschloss hängt funktionslos an den Stäben. Der fabrikneue Riegel funktioniert einwandfrei. Riegel auf, Sondenjäger rein, Riegel zu.

Ich stratze über die Weide, Slalom laufend zwischen den Hinterlassenschaften der Schafe. Da liegt auch schon etwas Weißes. Das ist die DFM!


Die Schnur läuft ein paar Meter Richtung Deich - und endet leer im Nichts... Hä? Wo ist denn der Schirm? Da liegt etwas auf der Weide - könnte sogar rot sein. Jawoll, da sind Schirm, Ballonrest und der Rest der Schnur. Jetzt begreife ich, was hier passiert ist:

Die Sonde ist nicht wie erwartet auf dem Deich gelandet, sondern ein paar Meter kürzer, gerade eben noch auf der Schafkoppel. Leider bin ich zu spät: Ein Schaf hat sich in der Schnur verheddert und hat das Gespann über die Weide gezerrt. Dann ist die Schnur gerissen - hoffentlich blieb das Tier unverletzt. 

Nach dem Einsammeln der umgekehrte Vorgang: Riegel auf, Sondenjäger raus, Riegel zu. Ich mach noch ein paar Fotos mit Rad und der heutigen Beute...


...als auf dem Weg ein Paar naht. Jana macht einen interessierten Eindruck und hat  50mm Fernglas dabei. Guido ist nicht zum Pilzesuchen hier. Das erkennt man an dem Handscanner in der einen und der kleinen 2-Element-Antenne in der anderen Hand. Die übliche Frage: "Hast Du die zufällig gefunden oder bist Du wegen der Sonden unterwegs?" Eigentlich können ja zwei DFM09s nicht "zufällig" neben einem Faltrad liegen.


Sie kommen aus dem nahen Schwanheide, haben natürlich ein paar Manu Lausmann Videos gesehen, schon mal vom TTGO gehört und tausend Fragen.  Guido ist erkennbar ein Neuling - so wie ich vor 6 Jahren. Gestern hat er es schon versucht - Rüdiger war schneller. Natürlich kriegt er die Sonde. Er erzählt von einer erfolglosen heutigen Suche bei Witzeetze, da sendete nix mehr. Ich zeige ihm die Witzeetze-Sonde. Wie ich denn da hingekommen bin? "Mit dem Zug nach Büchen, von da mit dem Rad nach Witzeetze, von da aus hier her". Das kann er kaum fassen: "Wozu habe ich überhaupt ein Auto?" fragt er lachend. Er kriegt meine Email-Adresse und wird sich sicher mit vielen Fragen melden. Ich hätte sie gerne noch alle beantwortet, muss aber weg. Denn der Zug in Lauenburg fährt in 20 Minuten - sagt jedenfalls die HVV-App.


Dort angekommen: Bauarbeiten auf der Strecke - der Zug fährt nicht weiter! Informieren Sie sich auf den Aushängen. Komisch - von Bauarbeiten weiß die HVV-App gar nichts! Und Aushänge sehe ich auch nicht.


Das Rätsel löst der Lokführer, der mir erklärt, dass der Zug in einer halben Stunde nach Lüneburg zurück fährt. Es sind gar keine planmäßigen Bauarbeiten, sondern es handelt sich um eine spontane Crashaktion. Gasleitung bei Büchen. Gasleitung? Kaputt? 2022? WTF!  Woanders nennt man sowas Störung. Leider gibt es fahrplanmäßig keinen Anschluss in Lüneburg. Die HVV-App empfiehlt daher - garnix. Denn mein Zug kommt superpünktlich um 20:30 am Bahnhof Lüneburg auf Gleis 4 an. Am Gleis gegenüber fährt zwei Minuten vorher fahrplanmäßig  der direkte RE3 nach Hamburg. Da er eine Minute Verspätung hat, fährt er real los, als die Räder meines Zuges stehen. Der langsamere RE31 fährt immer ein paar Minuten später, er ist meine Hoffnung. Der fährt auf Gleis 6 - das klingt easy. Aber ich bin leider ortskundig, daher schwindet meine Hoffnung. Gleis 6 hieß früher "Westbahnhof", er ist 150-200m vom ehemaligen "Ostbahnhof" entfernt.  Das ist normal in 120 Sekunden nicht zu schaffen, weshalb die HVV-App das auch nicht empfiehlt. Also aus dem Zug springen,  Faltrad schultern und rennen, was das Zeug hält. Die Schaffnerin lässt mich noch rein.  Türen schließen, und auch dieser Zug fährt superpünktlich los. Uff! Ohne diese Gewaltaktion hätte ich eine Stunde in Lüneburg warten müssen. Mir ist dieser Effekt auch neu, denn ich bin eigentlich schon öfter aus dieser Richtung problemlos umgestiegen.

Aber Ende gut, alles gut.

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier