Sondentyp: RS41-SGP
SN: U1440085
Frequenz: 404.1 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Norderney (WMOID:10113)
Flugdatum: 21.1.2023 00:00Z
Track wettersonde
Maximale Höhe: 32386m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.35 m/s
Landegeschwindigkeit: 1.8 m/s
Landestelle: Düdenbüttel LAT, LON: 53.36809,9.68355, Google Maps
Status: Geborgen 21.1.2023, 9:11UT
Methode: Extrapolation nach wettersonde.net-Daten. Komplexe Stangenbergung aus 15m Höhe
Die Label von Radiosonden sind m.E. so etwas ähnliches wie Briefmarken. Die Bundeswehr hatte immer diese Finderbriefe. Die wurden in Tütchen gefaltet und mit Tesafilm aufgeklebt, (oder in Meppen mit TAPE, was sonst). Da kamen sogar Fehldrucke vor. Das ist vorbei. Ein einheitlicher blauer Label mit QR-Code hat die Finderbriefe ersetzt. Alles toll; aber was macht der 95-Jahre alte Rentner, dem das Dingens vor die Haustür fällt? Hoffentlich ruft der seine Enkel an und nicht die Polizei. Der DWD verwendete bisher quietschgelbe Aufkleber mit den wichtigsten Infos für den Finder. Jetzt ist das Blue Label Zeitalter auch beim DWD ausgebrochen. Sie verlinken sogar nur auf eine Bundeswehr-Seite und leisten sich nichts Eigenes mehr. Meine erste blaue DWD-Sonde wollte ich eigentlich gar nicht. Eigentlich wollte ich gepflegt Kaltsonden jagen gehen, wenn überhaupt, zumal nichts im direkten Umkreis herunterkommen sollte.
Völlig unerwartet landet am Samstagmorgen eine Sonde aus Norderney bei Hollenstedt. Vorhergesagt ist das nicht, aber generell scheinen an diesem Tag die Windvorhersagen a la Tawhiri mit der Realität nichts zu tun zu haben. Auch die Landevorhersage sieht wüst aus. Ich rechne gleich eine Extrapolation, poste das an die Whatsappgruppe, drehe mich um und will weiter schlafen. Da kommt aber sofort noch ein Whatsapp-Beep. Dirk wohnt nicht weit weg, ist auf dem Weg. Ich wünsche ihm viel Glück. Die Gegend sieht mir auf der Satellitenansicht teilweise eingezäunt aus - offenbar Weihnachtsbaumplantagen. Hoffentlich kommt er überhaupt an die Landestelle heran.
Wieder ein Beep. Dirk ist vor Ort. Die Sonde hat sich ein kleines Wäldchen ausgesucht. Das hat immerhin den Vorteil, dass es offen zugänglich ist. Natürlich hängt sie weit oben im Baum, 18m schätzt Dirk. Vom Fallschirm keine Spur. Ich berechne ihm schnell, wo er ihn ausgehend von seiner Position finden sollte. Dirk kann ihn jetzt im Licht der Taschenlampe sehen. Leider auch im Baum, aber soll niedriger hängen. Die Schnur glänzt im Lampenlicht. Seine Idee wäre, mit einer Angel eine Schnur herüberzuwerfen, um dann die Schnur zu kappen. Dann käme mit Glück drüben die Sonde runter. Leider hat er seine Angel nicht eingesteckt. Und am Morgen muss er verreisen und kann nichts weiter machen. Wie zum Spott hat jetzt auch Kurts Towerpower-Empfänger in Uetersen die Position der gelandeten Sonde von der anderen Elbseite aus decodiert und ins Netz gepustet.
Allmählich bin ich soweit wach. Die Busstation "Holtorfsbostel, Kreisstraße" ist 360 Meter entfernt. Soll ich ein Rad mitnehmen? Eigentlich sinnlos! Aber vielleicht lieber doch? Weil die Busse nur alle 2 Stunden fahren, ist Plan B für die Rückreise gut. Macht die ganze Aktion überhaupt Sinn? Meine Laguna-Stange könnte nach Dirks Beschreibung etwas zu kurz sein, und auch die ersten GPS-Höhen aus Kurts Empfang scheinen das zu bestätigen. Aber offenbar hängt die Schnur niedriger. Ich nehme noch 2 Ersatzspitzen und etwas Tape zum Verlängern mit und fahre los. Von der S-Bahnstation Neu Wulmstorf kann ich direkt in den Bus umsteigen und bin 20 Minuten nach Sonnenaufgang in dem Wäldchen.
Die Sonde ist bei Tageslicht sofort zu sehen. Fast im Wipfel. Recht hoch, wahrscheinlich zu hoch.
Aber erst einmal nach dem Fallschirm gucken. Der erscheint tatsächlich deutlich niedriger zu hängen.
Aber das täuscht. Das Gelände ist nämlich abschüssig. Von unten ist es auch furchtbar hoch. Ich nehme mit der Stange am Fallschirm Maß - und die Stange reicht knapp nicht, selbst wenn ich meine eigene Körperlänge einsetze. Der Abroller und der Beginn der Sondenschnur hängen noch höher. Hier wird man nichts.
Vielleicht kommt man weiter Richtung Sonde an die Schnur heran. Sie geht über ein paar Bäume Richtung Sonde und ist straff gespannt - genau, wie von Dirk beschrieben. Einer der Baumwipfel ist niedriger. Geht da etwas? Ich nehme noch einmal Maß. Nein, auch das ist zu hoch.
Da hinten liegt ein Steinhaufen. Kann man da heraufklettern und so die Distanz verkürzen? Nein, an der Stelle verläuft die Schnur bereits höher über dem Boden. Hier kann man nur aufgeben.
Was ist mit der Sonde? Die erscheint ebenfalls zu hoch zu hängen. Auch ist da viel Geäst. Mit einer 15m Stange könnte es knapp gehen. Aber die liegt in Schmalenbeck. Die Laguna-Stange ist deutlich kürzer. Besser teste ich das aber noch mal vor dem Aufgeben, denn man verschätzt sich da gerne.
Stange ohne Haken hochfahren. Schon dieser Vorversuch ist Mikado vom Feinsten. Stange reicht nicht. Ich stemme sie hoch. Das reicht nicht. Ich strecke meine Arme ganz aus und warte ab bis sie aufhört zu schwingen. Nein, die Äste drücken die Spitze zur Seite. Noch einmal 2 Meter einfahren und dann anders herum durch das Astloch fädeln. Und was soll ich sagen: Die Spitze tippt das Gehäuse beim nächsten Hochpushen ganz sachte an! Yess?!?
Also Stange herunterfahren. Mit Tape die Ersatzspitze an das ohnehin ramponierte Orignal bappen. Das bringt noch einmal 50cm. Haken und Schnur aufstecken. Los geht es.
Versuch 1: Mit dem Haken riskiert man, dass man irreversibel verhakt. Auch ist das Stangenmikado schwieriger. Ich komme fast heran, aber jetzt hängt der Haken im Ast. Mit Seilmanövern das Ding freigeschüttelt. Haken fällt herunter. Aber die Länge reicht.
Versuch 2: Diesmal GANZ langsam und ruhig die Stange präzise durch die Astlücken fädeln. Ich kann die Sonde nach ein paar Manövern einhaken. Dann krieg ich sie auch runter. Der Haken löst sich für meinen Geschmack zu früh von der Stange. Schnurzug befördert die Sonde immerhin 2 Meter tiefer. Dann löst sich wie befürchtet der Haken....Dafür hängt die Sonde jetzt UNTER dem nervigen Querast. Das ist der halbe Sieg.
Versuch Nr. 3: Jetzt kann ich die Stange auf dem Boden aufstellen, was viel angenehmer ist. Allerdings muss man jetzt höllisch aufpassen, dass man nicht die Stange an besagtem Querast verhakt. Am Ende habe ich die Sonde wieder eingehakt. Aber leider hat sich jetzt die Sondenschnur an einem Ast vertütelt. Wenn ich an der Schnur ziehe, klettert die Sonde nach oben....
Nach einem Check mit dem Fernglas entscheide ich mich zu brutalem Schnurzug. Oben pendelt die Sonde herum, und der Haken fällt herunter. Jetzt hängt sie aber völlig frei und noch tiefer. Der Versuch Nr. 4 bringt sie nach Schnurriss zu Boden.
Das ist er also, der berühmte Blue Label. Wird total überbewertet, soll im richtigen Leben ja auch nicht anders sein. Trotzdem slàinte mhath.
Was macht jetzt die Schnurseite? Die Schnur hängt jetzt zwischen den Bäumen durch. Da sollte man einen Versuch unternehmen, den Fallschirm und die Schnur zu bergen. Ich kann die Schnur auch einhaken und herunterziehen. Aber sie hängt an beiden Seiten fest und ... reißt. An der anderen Stelle kommt man jetzt auch heran. Die Schnur hängt auch hier an beiden Bäumen fest. Eine Angelschnur hätte man herüberkommen, sicher auch die Schnur mit der Angelschnur durchgescheuert bekommen. Aber davon wäre die Sonde nicht heruntergefallen.
Immerhin befindet sich jetzt auch der Abroller in Reichweite der Stange. Leider reiße ich am Ende den Haken von der Schnur. Ich hatte ihn bei einem Seilmanöver sicherheitshalber abgeschnitten und schlampig verknotet - einen Ersatz habe ich nicht. Hier ist mit meinen Möglichkeiten leider nichts in Sachen Schnur- und Schirmbergung zu machen. Schade.
Soll ich mit dem Bus nach Hause fahren? Nein, der fährt in knapp zwei Stunden. Also lohnt sich wieder einmal die Mitnahme des Faltrades. 12 Kilometer Radeln in eisiger Luft bringt mich zum Bahnhof Sprötze, wo auch zeitnah eine Bahn nach Hamburg fährt.
Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier
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