Ende Januar 2023 war mal wieder Saurierzeit. Meppen hängte doch glatt eine DFM97 (!) an eines seiner Gespanne, und am 25. und 26.1. ließ Pinneberg mal wieder die inzwischen heiß begehrten RS92-Sonden los. Die eine landete mit exzellenter Prediction auf einem Parkplatz in Hoisbüttel, wo sie ein mir unbekannter Sondenjäger einsammelte. Dirk aus unserer Gruppe kam wenige Minuten zu spät. Er lag umso motivierter auf der Lauer und war wieder pünktlich zur Stelle, als am 26.1. wieder eine RS92 startete. Aber die Nuss war zu hart.
- Die Sonde verschwand auf den Internetseiten in 1300m Höhe, und dank veralteteter Rinexdaten lieferten einige Einspeisestationen müllige Koordinaten.
- Das Landegebiet war groß und unübersichtlich und teilweise unzugänglich.
- Der TTGO konnte die RS92 zwar decodieren, aber die Koordinaten waren extrem ungenau. Wahrscheinlich lag die Helixantenne waagerecht und hatte wenig Himmelsabdeckung. Zwar kann RDZsonde die RS92 so gut wie die Zilog-Software decodieren, aber nach der Landung braucht man d- und dop-Werte, um brauchbare von unbrauchbaren Koordinaten zu unterscheiden - und die liefert RDZsonde leider nicht.
- Dirk hatte keine Richtantenne dabei.
- Auf einem Obsthandy läuft die RDZsonde-App nicht.
- Die Akkus seiner Geräte waren schnell leer.
Es bestätigte sich mal wieder die alte orientalische Weisheit: Die RS92 ist ein komplett anderes Biest als die RS41.
Ich erwog vor Erlöschen des Signals spontan nach Lüneburg zu eilen. Ausgestattet mit Richtantenne, Laptop und Zilog-Decoder hätten ich im alten Stil womöglich wirksam helfen können. Ich hatte aber am Abend noch einen Termin, und so konnte ich leider nichts machen.
Dirk hatte aber allerlei Dinge herausgefunden. Auf dem Dach eines Studentenwohnheims lag ein rotes Etwas, welches auf seinem Handyfoto sehr nach einem Ballonrest aussah. Auch hatte er natürlich berichtet, wo er starken Empfang hatte und auch Koordinaten des TTGO mitgeteilt. Leider passten die beiden Gebiete nicht zusammen. Am Samstag plante ich eine längere Baumlanderkontrolle und Kaltsondenjagd im Raum Drögenindorf. Da kann man dann ja mal vorher im Landegebiet herumlaufen, und vielleicht wird man ja fündig. Sonnenschein würde eine gute Beleuchtung gewährleisten. Besonders hoch sind die Chancen nicht, aber einen Versuch ist es wert.
Sondentyp: RS92-SGPL
SN: L2123276
Frequenz: 402.74 MHz
Timerkill: keiner
Startstation:Pinneberg (WMOID:-)
Flugdatum: 26.1.2021 12:00Z
Track Radiosondy-Wettersonde-Mix
Maximale Höhe: 23697m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 3.4 m/s
Landegeschwindigkeit: 15.5 m/s
Landestelle: Lüneburg, LAT, LON: ca. 53.2515, ca. 10.385, Google Maps
Status: nicht gefunden
Methode: Tawhiri-Prediction und Extrapolation nach Radiosondy-Daten
Der Regionalzug bringt mich am Morgen nach Lüneburg, und mit dem Rad sind es nur 3km bis zur Landestelle. Plan A ist das rote Objekt auf dem Haus Nr. 7. Das entpuppt sich im Fernglas leider als Textil und nicht als Latex. Danach suche ich das Gebiet - offenbar Studentenwohnhäuser - ab. Die Region um den Kalkbruchsee ist mit dicken Zäunen abgesperrt und zunächst nicht einsehbar. An der GPS-Position liegt erkennbar nichts. Teilweise ist die Gegend natürlich auch durch chaotisches Gesträuch unübersichtlich.
Liegt die Sonde auf dem nördlich anschließenden Gelände? Dies ist eine psychatrische Klinik. Direkt am Zaun wird heftig gebaut. Ich versuche einfach über den Eingang auf das Gelände zu kommen. Von der Baustellenzufahrt kann ich das Gelände überblicken, aber eine Inspektion mit Fernglas lässt nichts erkennen. Das parkartige Klinikgelände ist öffentlich zugänglich, sieht aber wie geleckt aus. Da räumt jemand ganz offenbar gründlichst allen Müll weg. Von hier aus kann man aber das Kalkbruchsee-Gelände recht gut übersehen und auch die Baustelle. Irgendwann gebe ich auf. Pinneberger Gespanne sind auch nicht sehr auffällig, und diese Nuss ist mir doch zu hart. Hier besteht auch die Chance, dass die Sonde gar nicht mehr da ist.
Zurück am ZOB stelle ich fest, dass der Bus nach Drögenindorf erst in einer knappen Stunde fährt. Die geplante Tour mit 3 Kaltsondensuchen schaffe ich nicht mehr bei Tageslicht. Soll ich nach Hause fahren? Ein Blick auf Locus zeigt mir, dass 5km entfernt bei Adendorf seit dem 13.11. eine Bergener Sonde auf einem Acker liegen soll. Exzellente Prediction, nicht weit weg von einem Weg - die ist bestimmt schon weg. Auf der anderen Seite könnte ich zumindest einen Eintrag auf meiner Liste klären, außerdem ist das Wetter schön. Die Radtour führt vorbei an der Lüne-Best-Fabrik über das Kloster Lüne und den Lüner Wald direkt zu besagtem Acker. Über einen Weg am Bahndamm gelange ich bis 120m an die Prediction heran.
Sondentyp: RS41-SGP
SN: T2940814
Frequenz: 405.7 MHz
Timerkill: 5 Stunden
Startstation: Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 13.11.2022 00:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe:26557m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.42 m/s
Landegeschwindigkeit: 8.8 m/s
Landestelle: Medingen, LAT, LON: 53.27582,10.44864 Google Maps
Status: Geborgen am 28.1.2023, 13:25 UT
Methode: Extrapolation nach Wettersonde.net-Daten.
Die Sonde ist tatsächlich noch da. Ganz im Gegensatz zu der Aktion eben ist die Bergung leicht - fast schon zu leicht. Die Sonde liegt nur 20m neben der Prediction.
Der Sensorarm ist beschädigt und die Schnur zerrissen, aber alle Teile können geborgen werden.
Wie komme ich jetzt nach Hause? Ich beschließe, den Weg bis zum Bahnhof Echem fortzusetzen und den Fall der Saseler Sonde S1630392 vom 27.4.2022 zu klären. Die habe ich schon mehrfach erfolglos gesucht - allerdings versperrte immer eine Menge Laub den Blick in die Wipfel der hohen Bäume an der Neetzebrücke. Der Weg führt unter dem Schiffshebewerk Scharnebek hindurch.
An der Neetzebrücke bleibt genug Zeit, um die Gegend am Neetzekanal bzw. in dem Wald daneben abzusuchen. Mir fällt nichts auf. Es besteht auch die Chance, dass damals die Sonde auf der Straße oder auf dem benachbarten Acker niedergegangen ist und schon vor meiner ersten Suche von einem Unbekannten aufgelesen wurde. Ich streiche das Ding mal von meiner persönlichen Liste und radel zum Bahnhof Echem. Die Heimfahrt nach Hamburg verkompliziert sich durch die "fahrplanmäßigen" Verspätungen und verpasste Anschlüsse; am Ende muss ich eine Stunde bei eisigen Temperaturen auf dem Bahnhof Büchen warten.
Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier