Sonntag, 28. Dezember 2025

Eine Sonde aus GREIFSWALD - Stangenmikado im Grenzbereich

 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
 
X0425034
Frequenz: 402.3 MHz
Timerkill:
keiner
Startstation:
 Greifswald (WMOID:
10184)
Flugdatum:
25.12.2025 12:00Z
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.03 m/s
Maximale Höhe:
 27931m
Landegeschwindigkeit:
 2.3m/s
Track  radiosondy/TOWER
Landestelle:Sixte ,
LAT, LON  
53.21383,11.03892 Google Maps
Status:
  Komplexe Stangenbergung der Sonde 27.12.2025 13:37UT, des Schirms um 14:34UT

 Sonden aus Greifswald sind im weiteren Umkreis Hamburgs sehr selten. Immerhin liegt die Station von uns gesehen weit östlich. Die meisten Sonden verschlägt es daher nach Polen, in den Berliner Raum oder in die Ostsee. Weihnachten 2025 haben wir eine ungewöhnliche Wetterlage mit massiven und starken Ostwinden. Die Mittagssonde vom Heiligabend landete in den Weiten zwischen Wittingen und Salzwedel. Die Nachtsonde vom ersten Weihnachtstag ging südlich von Uelzen nieder. Leider habe ich nicht geschaltet und daher beide Landungen nicht mit dem Tower mitgeschnitten. Da alle Sonden einen extrem guten Fallschirm hatten und bei großer Windgeschwindigkeit landeten, sind sämtliche Extrapolationsversuche extrem ungenau, so dass eine Kaltsondenbergung sehr viel Glück erfordert. 

Die Mittagssonde vom Weihnachtstag landete bei Sixte im Wald. Mit dem Tower gab es auch nach der Landung ein fettes Signal, so dass ich die rechnerische Höhe von 4 Metern über dem Boden nicht glaubte.  Immerhin gab es eine exakte Position. Die Nachtsonde vom 26.12. landete in normalerem Greifswald-Zielgebiet bei Parchim. Harry wohnt dort, und so habe ich die Sache mit dem Tower mitgeschnitten. Ich hatte Positionen bis fast zum Boden. Harry hat 2 Tage später nachgeschaut und an der Stelle nichts mehr entdecken können. 

Ich beschließe am 28.12. in Sixte vorbeizuschauen. Ich nutze ein Auto, denn die Bahn nach Brahlstorf fährt ja bekanntlich auf Grund der Generalsanierung bis Mai 2026 nicht. Ein paar weitere Kaltsondenpositionen werden auch aufgeschrieben, bei denen werde ich auch vorbeischauen. Denke ich. 

 Am Parkplatz an den Sixter Wanderdünen wird das Auto abgestellt. Da ich eine Landung hoch im Baum vermute, nehme ich die DX-Wire 15m Stange mit auf die Wanderung. Die ist schwer, aber wahrscheinlich nötig. Die Landestelle liegt direkt an einem Weg, der durch die mit Kiefern bewachsenen Dünen führt. 

Vor Ort sehe ich sofort den Fallschirm im hoch im Baum hängen und bei bestem Sonnenwetter die Schnur am Himmel glänzen.  An den Fallschirm kommt man mit Glück mit der Stange heran, aber wo ist die Sonde? Ich sehe sie nicht, obwohl der Baum durch die GPS-Koordinaten und die Schnur am Himmel feststeht. Wahrscheinlich ist die RS41 im Kieferngeäst verhakt.

 Soll ich doch mit der Stange am Schirm ziehen? Als ich die Situation am Schirm erknunden will, sehe ich aus einiger Distanz die Sonde frei am Baum hängen.



Die Sonde ist mindestens 15m hoch. Ob die Stange reicht? Die Bedingungen für eine Stangenbergung im Grenzbereich sind eigentlich gar nicht so schlecht: Es ist windstill, und es stören keine Äste zwischen mir und der Sonde. Bloß ist es reichlich hoch! Ich stelle mich direkt darunter, fahre die Stange Segment für Segment aus. Ich kann die Sonde mit dem Haken berühren und zum Pendeln bringen! Dann kriege ich sie auch runter! Allerdings zählt am Ende des Tages kein Antippen, sondern nur solides Einhaken. Offenbar fehlen ein paar Zentimeter bis zur Sondenschnur.

Da es sehr knapp ist, versuche ich durch Hochstemmen, was aber sehr schwierig ist. Die Stange schaukelt sich nämlich gerne auf und schwingt oben wild umher. Erfahrungsgemäß klappt das nur nach etlichen Fehlversuchen. Um die Sache abzukürzen, schiebe ich alles wieder zusammen und tape einen GFK-Stab an das oberste Segment. Damit komme ich klar ÜBER die Sonde und kann die Stange immer noch auf dem Boden abstützen. Dadurch habe ich gute Kontrolle über den Vorgang. 

Nach einigen Fehlversuchen kann ich sie erstmals in die Schnur einhaken. Aber nicht fest genug, der Haken hält nicht. Noch ein Versuch. Und noch einer. Dann habe ich sie besser eingefangen. Es gibt ziemlichen Widerstand auf Zug. Der Haken flutscht programmgemäß von der Stange. Jetzt kann ich aber an der Leine ziehen. Und damit gelingt es, die Sonde in Bodennähe zu befördern. 


 

Mit der Aktion habe ich den Schirm drüben natürlich deutlich höher gezogen, und zwar über einen Ast hinweg, auf dem die Schnur lose auflag. Das war der zwischenzeitliche Widerstand, den ich beim Herunterbefördern der Sonde bemerkt hatte. Danach ist der Schirm ein wenig heruntergefallen. Aber da ich die Schnur beim Einholen der Sonde um etliche Meter verkürzt habe, hängt er jetzt dennoch höher als vor der Sondenbergung. 

 




 

 

Ich kann mit der Stange und Einsatz der Körperlänge den Schirm gerade so berühren - aber nicht einhaken.

Ich schneide drüben die Sonde ab und ziehe vorsichtig an der Schnur. Da ist viel zu viel Reibung. Ich kann den Fallschirm ohne weiteres etwas höher ziehen, aber da bleibt er stecken. Abwärts mag er nicht. 

Die Schnur läuft locker über zwei weitere Äste. Vielleicht kommt die Sonde etwas tiefer, wenn ich auch über diese Äste ziehen? Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich dabei Ballonrest, Rolle oder Schirm in den Nadeln der Kiefern unrettbar verfangen. Aber mit der derzeitigen Situation kann ich nichts anfangen - viel schlimmer machen kann ich es nicht. Und tatsächlich gelingt es. Meine Hoffnung, den Schirm jetzt abseilen zu können, erfüllt sich leider nicht. 

Ein letzter Stangenbergungsversuch! Jetzt hängen die Sachen immer noch hoch, aber vielleicht 2 Meter tiefer als eben.  Und die 2 Meter sind entscheidend. Ich brauche nicht einmal die ganze Stangenlänge, und der Haken hängt fest in den Fallschirmseilen. Viel Zugkraft ist nicht nötig um alles nach unten zu befördern. 






 

Jetzt wird noch die Schnur aufgerollt, und ich habe dieses Gespann tatsächlich komplett geborgen - was ich zu Anfang nicht erwartet habe. 

Die Idee, noch weitere Kaltsonden in der Region anzusteuern, ist eine reine Illusion. Als ich am Auto bin, ist die Sonne bereits untergegangen. Die Heimfahrt im Dunkeln erfordert etwas Konzentration. Einige Male versperren unvermittelt auftauchende dicke Nebelschwaden die Sicht, und überfrierende Nässe ist ein fühlbarer Faktor bei Bremsungen. So bin ich froh, mit meiner ersten Greifswald-Sonde an Bord sicher nach Hause zu kommen. 

 

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier
 

 

 


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