Sonntag, 11. September 2016

RS41 gefunden

Überraschender Start einer RS41 in Sasel (M1020084) am Sonntag 10:45 UT. Es war schon ungewöhnlich, dass gestern, am Samstag, eine RS41 mittags startete, und dann noch eine um Mitternacht UT. Einen Start am Sonntag von Pinneberg oder Sasel kannte ich noch nicht.


Habe die Verfolgung mit RTL-SDR aufgenommen. Sondemonitor hat einen Bug, so dass er leider bei der RS41 keinen Groundtrack abspeichert, aber die Cursoranzeige der Positionen funktioniert.  Eine schnelle Prediction mit dem Balloon Predictor deutete auf eine Landung im Raum Lübeck. Der Ballon kam dann aber viel schneller voran als in der Prognose. Der Ballon platzte in 21628 Metern Höhe, fiel dann aber wie ein Stein vom Himmel, mit einer Landegeschwindigkeit von 12 Metern pro Sekunde. Deutete auf einen nicht funktionierenden oder fehlenden Fallschirm hin. Letzte Option war unwahrscheinlich, weil gestern eine Sonde gleicher Herkunft mit normaler Geschwindigkeit landete.  Konnte die Sonde bis 14:20:27 in 1157 Meter Höhe tracken. Grobe Abschätzung: Die Landegegend lag bei Lüdersdorf/MeckPomm, und zu meiner großen Begeisterung war eine Regionalzugstation in unmittelbarer Nähe.

 Google Earth zeigte eine Region mit viel freier Fläche und wenig Bäumen an, also gute Chancen auf eine Bergung. Eine schnelle Bahnverbindungssuche ergab: Ein Schleswig-Holstein-Ticket geht auch in ganz Mecklenburg, und man muss SOFORT losfahren.Es war 14:35, und um 15:43 fuhr die S-Bahn! Gottseidank hatte ich schon während der Verfolgung Sachen gepackt. Also ging es zum Hauptbahnhof. Hier waren erstmal 3 der 4 getesteten Fahrkartenautomaten defekt, aber dann hatte ich mein Schleswig-Holstein-Ticket und konnte in letzter Sekunden in den Regionalzug nach Lübeck springen. In Lübeck wurde dann umgestiegen in den Regionalzug nach Bad-Kleinen und nach Polen. Und um 16:16, also 3 Stunden nach der Sondenlandung, war ich in Lüdersdorf.



 Im Zug hatte ich mit dem Datenanalyseprogramm QTIplot eine lineare Regression der letzten Sonden-GPS-Daten vom Landeanflug gemacht und eine ziemlich gute Idee von der Lage der Landestelle.


Am Bahnhofsunterstand wurde rasch der Laptop gestartet, die kleine Yagiantenne angestöpselt und gelauscht: Nichts. Entweder war ich zu weit von der Landestelle weg, oder das Ding war bei seiner heftigen Landung beschädigt worden.


Naja, dann musste man erst einmal so die Gegend erkunden. 2km Fußmarsch würden es zum erwarteten Landeplatz schon werden. Hier der OpenTopoMap-Track:

Ein Gang durch das kleine Dorf, und dann ging es rechts in die weite Landschaft. Schön war, dass es in der Landegegend umgeplügte oder abgeerntete Felder hatte. Und keine Maiswälder! Kurz vor der Landestelle lagen rechts der Straße auf einem umgepflügten Acker 2 weiße Textilobjekte herum - in ungefähr dem richtigen Abstand. Der Abstecher war vergebens - es waren Düngersäcke und ein Pappbecher. Ich ging aber ohnehin davon aus, dass der Landeplatz etwas weiter die Straße herunter lag, und zwar knapp links der Straße.
Wieder zurück auf der Straße ging ich auf einen Feldweg, guckte mit dem Fernglas herum - nix. Also wurde ein weiterer Empfangsversuch unternommen. Und diesmal meldete die Radiosonde laut und deutlich den unverkennbaren RS41-Sputnik Sound.



Und zwar gleich ihre genauen GPS-Koordinaten! Und es zeigte sich ganz deutlich, dass die Sonde sehr dicht  - nur 292 Meter - von der erwarteten Stelle an dem Knick der Straße lag. Unmittelbar vor der richtigen Stelle habe ich dann die Koordinaten in mein Handy-GPS gehackt und wusste, dass ich nur weniger als 100m von der Landestelle entfernt war. Auf dem umgepflügten Acker lag an der fraglichen Stelle ein weißer Gegenstand. Es erwies sich als Radiosonde RS41. Mit dem praktischen Aus-Schalter. Erstmal wurde die Sonde in situ dokumentiert.



Die Schnur ging auf den Knick zu, der die Straße auf der anderen Seite begrenzte, ging über einen niedrigen Busch und dann über die Straße. Auf der anderen Seite hing ein Ballonrest im gegenüberliegenden Knick, und die Schnur wurde regelmäßig von Autos überrollt.


Also schnell alles bergen! Neben dem Ballonrest fand sich ein sorgfältig zusammengelegter Fallschirm - so sorgfältig zusammengelegt, dass er sich nicht geöffnet hatte. Das erklärte dann ganz natürlich die Landegeschwindigleit.

Übrigens war es sehr interessant, wie die Leute auf der Straße reagierten. Obwohl ich mich mit der Yagiantenne nicht direkt an den Straßenrand gestellt hatte, hielt ein Hamburger Wagen mit Familienvater und Tochter an Bord an und fragte, was ich suche. Habs ihm erklärt. Die beiden waren enttäuscht. Sie hatten gehofft, dass ich ein seltenes Tier suche. Ein bodenständiger Mecklenburger hielt an und fragte,ob er mir irgendwie helfen könnte. Auch der machte nach Auflösung des Rätsels einen leicht enttäuschten Eindruck.

Naja, dann gings zurück, nach Lüdersdorf, dann nach Lübeck, und bei Sonnenuntergang hatte mich Hamburg wieder.

Erstmals hab ich jetzt eine dieser legendären neuen RS41-Radiosonden erbeutet, die wahrscheinlich in den regulären Dienst übernommen werden.



Die Testflüge von Pinneberg und Sasel dienen wohl der Flugerprobung der neuen Sondengeneration. Ähnlich wie die DFM09-Sonden sendet die Sonde präzise geographische Koordinaten nach Hause, man muss sich also nicht wie bei der SGP mit Berechnungen von Positionen und Satellitenbahnelementen und anderen Unwägbarkeiten herumschlagen. Sie hat auch nicht mehr diese Helixantenne, die zwingend senkrecht zum Himmel zeigen muss. Daher verrät sie einem nach der Landung auch ihre GPS-Position, was die Sache stark vereinfacht. Und sie scheint auch nicht gleich beim Crashtest mit 12m pro Sekunde zu versagen.