Sonntag, 21. Februar 2021

Kaltsondensuche nach dem Schnee

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
R3320980
Frequenz:
405.7 MHz
Timerkill: 5 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 8.2.2021 06:00Z
Track radiosondy.info und wetterson.de
Maximale Höhe: 26337m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.94 m/s 
Landegeschwindigkeit: 12.4 m/s
Landestelle: Bruchtorf bei Bad Bevensen, LAT, LON:
53.09652,10.53913, Google Maps
Status: Kaltsondenbergung ; 20.2.2021, 13:40UT
Methode: Tawhiri-Prediction aus Radiosondy.info Daten

 

In diesem Winter steigt die Zahl der aktiven Sondenjäger rasant an. Viele Leute haben im Lockdown flexibler disponierbare Freizeit. Etliche Hobbys, die in Gruppen in geschlossenen Räumen stattfinden,  sind eingeschränkt. Outdooraktivitäten  aller Art sind Alternativen. Auch promoten ein paar Youtubekanäle die Sondenjagd. Wir beobachten, dass Sonden schnell abgeräumt werden, Sondensuche wird zum Wettlauf. Wenn man die Sachen ein wenig verfolgt, bleiben aber noch etliche Sonden liegen. Es gibt sie also noch, die Kaltsonden, und das zeitige Frühjahr ist hiefür die beste Jahreszeit.

Auch kam es in den letzten Wochen zu heftigen Schneefällen, und etliche Sonden wurden einsedimetiert und gerieten in Vergessenheit. Mein Faltrad-Öffi-Stil geht bei eisglatten Straßen eh nicht so richtig. Jetzt ist der Schnee geschmolzen und draußen lockt frühlingshaftes Wetter. Welche Kaltsonde wird das Ziel? Nördlich von Ratzeburg liegt noch eine RS92 aus Pinneberg herum. Da Bernd zu einer anderen Kaltsonde in der Gegend aufgebrochen ist, frage ich mal kurz nach und erhalte zur Antwort ein Foto der beim Aufschlag stark demolierten Museumssonde. Also beschließe ich, der Bergener Sonde bei Bad Bevensen einen Besuch abzustatten. Sie ist bei Radiosondy nicht als geborgen gemeldet - was derzeit nichts bedeuten muss. Die Prediction ist nicht hundertprozentig verlässlich, und ein Graben durchschneidet das Landegebiet - daher ist die Bergung durch einen zufälligen Spaziergänger oder einen unerfahrenen Neuling eher unwahrscheinlich.  Noch sind  die Bauern nicht aktiv. Die Chancen stehen gut. Also fahr ich am Samstag hin. 

Da sich mein Leben derzeit von zwei Haushalten aus organisiert, habe ich nicht wie üblich meine kompakte 10m-Stange im Rucksack dabei, sondern eine verschlissene 8m Stange, die ich am Faltrad befestigen muss. Bei einer hektischen Umsteigeaktion am Hauptbahnhof schulter ich wie gewohnt meinen Rucksack, packe das zusammengeklappte Rad und steige ein. Erst beim Aussteigen in Bad Bevensen merke ich, dass die Stange fehlt. Die steht noch immer am Hauptbahnhof - an einen Pfosten gelehnt. Gottseidank kein teures Teil, aber derzeit bin ich ganz dankbar, dass ich diese alte Stange noch besitze - sie schafft mir mehr Flexibilität. Außerdem stehen laut Google Maps diverse Bäume im Landegebiet, meine Unaufmerksamkeit könnte sie gleich bitter rächen. Egal, Ärger herunterschlucken und losradeln. Der direkte Weg zur Landestelle erweist sich als eine schlechte Wahl, einige hundert Meter muss ich das Rad über einen matschigen Feldweg schieben. Der weitere Verlauf ist dann aber wieder asphaltiert. Am Ziel hat man aus einiger Distanz einen guten Blick über das Landegebiet. Ein schneller Scan mit dem Fernglas ergibt nichts. Die Sonde war aber in knapp 300m Höhe zuletzt erfasst worden, und die Abstiegsgeschwindigkeit war rasant. Also rechne ich mit einer gewissen, aber nicht katastrophalen Ungenauigkeit. Also muss man sich das mal gründlich vor Ort angucken und etwas weiträumiger die Blicke schweifen lassen.

Das Faltrad wird an einen Pfosten angeschlossen, und los geht es auf Schusters Rappen. Einen Übergang über den Bach habe ich schon bei der Vorbereitung identifiziert. Die Prediction liegt an der Nordostecke einer kleinen Wiese. Auf der liegt weit und breit kein roter Fallschirm und keine Sonde. In den Bäumen hängt auch nichts, was in meinem stangenlosen Zustand eher vorteilhaft ist. Die vorhergesagte Flugrichtung verläuft diagonal über die Wiese, an die südlich, auf der anderen Seite des Grabens, ein unübersichtliches Zwischensaat-Feld anschließt. In dem verrotteten Bewuchs kann sich ein Gespann ohne weiteres  verstecken. Im Fernglas ist aber nichts zu erkennen. Ich gehe an dem Graben entlang auf ein kleines Wäldchen zu - hoffentlich ist sie nicht dort heruntergekommen. Aber da liegt doch eine RS41, direkt am Zaun am Südrand meiner Wiese! 90-100m jenseits der Prediction.

 



Ein Begleitzettel fehlt. Die Schnur geht über Zaun und Graben und verschwindet im Zwischensaatfeld. Leider ist sie in den Pflanzen total verhakt, und man kann daher Fallschirm nicht bequem herüberziehen. Also betätige ich mich erst einmal als Sondenabschneider, gehe zurück zu einem auf dem Hinweg erkundeten Übergang, kann dann auf der anderen Seite des Grabens auf einem Pfad wieder bis zur Schnur gelangen. Auf dem matschigen Zwischensaatfeld finden sich der übliche kleine Bundeswehrschirm und ein ziemlich großer Ballonrest.




Die Schnur muss überall erst einmal aus dem Bewuchs befreit werden. Leider hat sie sich inzwischen auf der anderen Grabenseite an einem Stacheldrahtzaun verhakt. Also nochmal zurück zur Landestelle, man will ja alles komplett bergen. 

 


 

Zurück fahre ich einen kleinen  Umweg auf wesentlich besseren Wegen. Ein riesiges V Kraniche zieht über den Himmel, Rotkehlchen, Amseln, Goldammern und Heckenbraunellen sind schon in echter Sangeslaune. Vor einer Woche war es noch bitterkalt und verschneit. Von Bad Bevensen bringt mich der Metronom nach Hamburg. Am Hauptbahnhof rasch aufs Gleis 12. Die Stange steht da noch immer an den Pfosten gelehnt - welch ein Glück! Und dann mit der kompletten Ausrüstung wieder zurück nach Schmalenbeck. 




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