Sonntag, 11. Juni 2023

Gelbes Fähnchen unter dem Schirm

Eine der Putlos-Sonden ist noch nicht geborgen: 17051866. Die Tawhiri-Prediction liegt auf einer Wiese. Ähnlich wie bei den anderen Putlos-Sonden dieses Tages waren die Wettermodelle auch hier nicht plausibel, so dass sich die Landestelle wohl eher am nahen Waldrand befinden sollte. Rüdiger (zz1mv in Radiosondy) und Froggy waren dort und schrieben: "Wiese und Waldrand gründlich abgesucht, leider ohne Erfolg". Auf unserer Whatsappgruppe kamen ein paar Details: "Wir haben die Wiese gründlich abgesucht. Zwar ziemlich hohes Gras, sind aber im Zick Zack drüber. Da hätten wir eigentlich über die Schur stolpern müssen. Vielleicht ist sie doch irgendwo in den Wald. Den Waldsaum haben wir auch abgesucht, aber leider nix gefunden. Kann aber gut sein, dass wir sie dort beim dem vielen Laub übersehen haben." Am 10.6. fahre ich mal von Schmalenbeck spontan mit dem Auto hin, mit dem Vorsatz, mal den Waldrand auf links zu drehen. Die gesamte Situation sieht danach aus, dass die Sonde noch da ist.

Sondentyp: DFM09
SN:
 
17051866
Produktionsdatum: 2017
Frequenz:
403.55 MHz
Timerkill: keiner
Startstation:
Putlos (Manöver, WMOID:-)
Flugdatum (Landezeit): 30.5.2023 10:28Z
Track Radiosondy.info
Maximale Höhe:
19632m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.69 m/s 
Landegeschwindigkeit: 3.9 m/s
Landestelle: Klinkrade
,
LAT, LON:
53.71465,10.58222 Google Maps
Status:
Geborgen am 10.6.2023, 15:56 UT
Methode: Extrapolation nach Radiosondy-Daten. Baumlander 10m, Stangenbergung

Erst einmal erweist es sich als schwierig, überhaupt zum Landeort vorzustoßen, weil der Weg, der laut Google-Maps und OSM dort hinführen soll, in dieser Form nicht existiert. Ich finde einen Zugang durch den Wald und gelange von der Waldseite her zur Extrapolationslösung. Hier ist auf den ersten Blick nichts zu sehen. Der eigentliche Waldsaum ist ein undurchdringliches Gestrüpp, und die Sonde dürfte sich im Wald oder in diesem Gestrüpp im Laub verbergen. Mücken und Bremsen verlangen ihren Blutzoll. Ein Erdwall auf der Waldseite gibt einen etwas besseren Überblick, was aber auch nicht weiterhilft.

Es ist überhaupt schwierig auf die Wiese vorzudringen. Von dort suche ich aus einiger Distanz mit dem Fernglas den Waldrand ab - nichts. Ein Jagdstand erlaubt einen Scan der Wiese von oben. Nichts ist zu erkennen. Angesichts der Flugrichtungsextrapolation wäre eine Wiesenlandung ja auch unwahrscheinlich. So muss ich Rüdiger recht geben - da ist sie nicht.

Zurück im Wald beschließe ich einen letzten Versuch: Einfach entgegen der Flugrichtung auf die Extrapolationslösung zulaufen. Sofort stoße ich auf eine gelbe Markierung an einem Busch:



Jemand hat einen gelben Streifen mit einer Wäscheklammer an einen Zweig befestigt! Oha, Obacht! Was bedeutet das? Ich scanne die Bäume über mir und sehe sofort den Fallschirm in ca. 6-8m Höhe.




Hier hat ein Sondenjägerkollege die Schirmposition markiert! Die Schnur verschwindet senkrecht nach oben im Baum. Ich suche etwa eine halbe Stunde die Gegend ab, wo sich die Sonde befinden muss. Aus einem bestimmten Blickwinkel entdecke ich in einem Baum mit dem Fernglas eine Schnur, die senkrecht herunterkommt. Und nach weiterer Inspektion entdecke ich an derem Ende auch die Sonde, die etwa 10m hoch hängt. Irgendwelche Markierungsfähnchen gibt es nicht, woraus ich mal folgere, dass mein Vorgänger die schwer sichtbare Sonde nicht finden konnte.


 

Was tun? Mein praktisches Schnurmesser auf Rasierklingenbasis, das man auf die Stange stecken kann, befindet sich daheim in meiner Faltradtasche. Der Kit, den ich im Auto mitnehme, enthält so etwas nicht. Sonst würde ich den Fallschirm kappen. Womöglich fiele die Sonde dann von selbst herunter. Und wenn nicht, müsste man eben mit der 15m Stange nachhelfen.  Den Fallschirm am Haken der 15m Stange nach unten ziehen und die Schnur dann zu kappen birgt das Risiko, dass die Sonde um 8m nach oben gezogen werden müsste, und wer weiß, ob sie nach Entfernung der Fallschirm-Last nicht oben hängen bleibt? Also versuche ich die direkte Bergung der Sonde mit der Stange.

Das funktioniert besser als bei der letzten Baum-DFM. Leider zieht dieser Ansatz wie befürchtet den Schirm nach oben. Er ist nicht mehr von unten sichtbar und auch nicht wieder freizuschütteln. Ich muss unbedingt ein Schneidetool in meine Auto-Ausrüstung packen; damit wäre heute eine vollständige Bergung des gesamten Gespanns gelungen. 




Was ich heute auch nicht dabei hatte ist ein Edding zum Hinterlassen von Grüßen auf gelben Fähnchen. Ich möchte mich auf jeden Fall bei dem unbekannten Kollegen bedanken. Ich würde ihn gerne in Radiosondy als Co-Finder eintragen, wie man es macht, wenn man nennenswerte Vorarbeiten anderer Leute für die eigenen Bergungen nutzt. Meine Emailaddresse findest Du auf im Impressum von astrohardy.de/radiosonde.

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier

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