Mittwoch, 22. Mai 2024

Reste kehren in Lüneburg

Sondentyp: DFM17
SN:
21(342)069264

Frequenz: 403.85Mhz
Timerkill: keine
Startstation:
Lüneburg (WMOID:-)
Produktionsdatum: 2021-12-08
Flugdatum: 21.5.2024 07:00-08:46Z
Track Radiosondy
Maximale Höhe: 16324
m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.04 m/s 
Landegeschwindigkeit: 4.6 m/s
Landestelle: Lüneburg
LAT, LON:
53.254746,10.390458 Google Maps
Status: Geborgen von Anwohnern 21.5.2024, Sonde wurde mir übergeben

Methode:Tawhiri-Prediction aus Radiosondy-Daten

Sehr häufig sind Starts von einzelnen Manöversonden in Lüneburg Vorboten von Artilleriemanövern auf den großen Truppenübungsplätzen im Raum Bergen und Munster. So überrascht es nicht, dass am Dienstag nach Pfingsten alle 30 Minuten Manöversonden vom Truppenübungsplatz Bergen aufstiegen. Abwechselnd senden sie auf 403.85 und 403.47MHz. Die ersten landen östlich von Lüneburg und verschwinden bereits in großer Höhe aus den Internetdaten. Dann landen 2 Sonden in der Stadt Lüneburg. Im weiteren Verlauf des Tages verschieben sich die Landestellen mehr und mehr nach Westen. Dirk und Sascha, das "Team Seevetal" sind im Dauereinsatz Stress, weil sie von Landestelle zu Landestelle fahren und die Sonden einsammeln. Sie versprühen am Ende Bilder wie dieses hier:

Foto: Sascha


Alle Sonden sind vom Typ DFM17. Offenbar sind die Depots der Bundeswehr allmählich weitgehend von DFM09-Radiosonden geleert.

Als ich arbeitsbedingt am Spätnachmittag bereit wäre, mich ins Getümmel zu stürzen, macht ein Auftritt eines weiteren Sondenjägers in der Region keinen Sinn mehr. Die allerersten Sonden östlich von Lüneburg haben eine zu schlechte Prediction. Aber die beiden Sonden direkt in Lüneburg - hier wäre ein Restekehren noch denkbar. Allerdings ist es für Operation Urban Rescue eventuell etwas spät. Liegt die Sonde auffällig herum, ist sie längst entsorgt. Ist sie unauffällig heruntergekommen, wird es schwierig, denn senden tut jetzt nichts mehr. Dennoch stürze ich mich mit 10m-Stange, Sondenjägergepäck und Faltrad in einen im Berufsverkehr überfüllten Zug nach Lüneburg. 

D21069445 ist praktischerweise unweit des Bahnhofs heruntergekommen. Ich bin in wenigen Minuten in der Region. Die Prediction ist mäßig genau, aber nicht hoffnungslos. Wohngebiet, Reihenhäuser und Mietshäuser, hier und da ein Gewerbegrundstück. Ich durchstreife die Gegend und inspiziere alle legal zugänglichen Regionen und lasse meinen Blick über Dächer, Hinterhöfe, Gärten, Parkplätze und Bäume schweifen. Ich finde nichts.  Nach mehr als einer Stunde angestrengter Suche gebe ich auf. 

Die andere Sonde ist ebenfalls recht schnell mit dem Rad erreichbar. Hier sind die Vorhersagen sehr genau. Die Tawhiri-Prediction und die Extrapolation liegen direkt an der Westgrenze des Grundstücks der Herderschule. Google-Maps zeigt dort einen Wendehammer und an der anderen Straßenseite Einzelhäuser und ein paar Bäume. Ich lass mich mit der Stimmnavigation von Locus zu einem Weg führen, der direkt am Schulgelände entlang auf die Landestelle zielt.

Auf der Schulseite ist das meiste öffentlich zugänglich, der Rest ist eine abgesperrte Baustelle. Auf das Gelände brauche ich nicht, es ist von außen gut einsehbar, übersichtlich und frei von Sonden, Schnüren, Latex oder Fallschirmen. In den Bäumen hängt auch nichts. Auf dem angrenzenden Grundstück arbeitet der Besitzer gerade im Garten. Ich frage ihn direkt, ob er etwas über die Radiosonde weiß, und die Antwort ist "JA". 

Seine Kinder haben den Fallschirm im Gartenpool entdeckt, und dann haben sie an der Schnur die Sonde aus dem Baum heruntergelassen. Reflektiertes Handeln an der Landestelle:  wenn das doch häufiger vorkäme! Meist zerren die Leute an der Schnur die Sonde in die Astgabel und machen es dadurch schlimmer. Danach hat mein übrigens sehr freundlicher Gesprächspartner den QR-Code auf dem Label entdeckt - sage mal einer, diese Label wären sinnlos, weil sie eh niemand beachtet! Sicherheitshalber hat er bei der angegebenen Telefonnummer angerufen, weil er sich nicht vorstellen konnte, dass dies wirklich ein Wegwerfgegenstand sein soll. Die haben ihn gefragt, ob er einen Schaden melden wolle - wollte er natürlich nicht. Vor der Entsorgung hat er dann das Gehäuse auseinander gebaut und die Platine entnommen und ausführlich inspiziert. Ein großes Verständnis für Leute mit verrückten Hobbys hat er auch. Ich muss ihm natürlich die genaue Funktionsweise der DFM17 erklären, er hat viele Nachfragen.  Er möchte die Sonde aber dennoch nicht als Andenken behalten und gibt sie mir mit. 



Danach radel ich zurück.  Da läuft auch schon der Zug nach Hamburg ein. ÖPNV-mäßig flutscht es heute ziemlich gut. Auf dem Rückweg scanne ich das Netz: Sascha und Dirk haben inzwischen 6 Manöversonden eingesackt und eine Bergener Standard-RS41 lokalisiert. Am Hauptbahnhof muss ich nicht lang auf die S-Bahn warten - es flutscht weiter. Aber 200m hinter dem Hauptbahnhof bleibt die S-Bahn stehen, die Displays gehen aus, das Brummen  der Klimaanlage verstummt und die Notbeleuchtung geht an. Der erfahrene Öffi-User weiß, was das zu bedeuten hat. 

Der Drogi am Hauptbahnhof flüchtet, wenn die Ordnungshüter nahen, über die Gleise. Das bedeutet: Betriebsfremde Personen im Gleis, die Stromschiene wird abgeschaltet, und bevor die Polizei nicht positiv weiß, dass alles in Ordnung ist, kann der Strom auch nicht wieder angeschaltet werden. Die Durchsage "es geht gleich weiter" ist unrealistisch. Leider passiert das inzwischen täglich. Immerhin ist es heute nicht mitten in der Berufsverkehrszeit. Aber es war ein schöner Tag für die ganze Szene, und die gute Laune darf man sich durch eine längere Verzögerung nicht verderben lassen. 

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier

 





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