Pinneberg startet ja seit neuestem die Radiosonden mit Fallschirmen - nachdem sie jahrelang auch schwere Nutzlasten ohne Schirme aufließen. Der Hintergrund ist einfach, dass ein neuer Mitarbeiter für die Ballonstarts zuständig ist und der aus eigener Initiative Fallschirme angeschafft hat. Und zwar gleich den Rolls Royce der Schirme von der Firma Totex. Wir haben ja neulich Pinneberg besucht und waren sogar bei einem Sondenstart dabei.
Pinneberg startet also am Dienstag, den 22.7.2025 eine DFM17. Zu Anfang ist nicht klar, ob die Sonde in die Elbmündung fällt oder nördlich der Elbe herunterkommt. Dann aber wird deutlich, dass sie südlich der Elbe niedergeht. Bernds Empfänger auf "seinem" Koog ist nicht weit weg und kann sie bis auf Baumwipfelhöhe mitschneiden. Als die Sonde nicht als geborgen eingetragen ist, beschließe ich am Samstag eine Fahrt in die Wingst. Die Sache ist doppelt reizvoll, habe ich doch seit Jahren keine Pinneberg-Sonde mehr eingesammelt.
Sondentyp: DFM17
SN: 220(192)25583
Produktionsdatum: 11.7.2022
Frequenz:400.11 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Pinneberg (WMOID:-)
Flugdatum: 22.7.2025 12:00Z
Track Wettersonde.net
Maximale Höhe: 23651m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.15 m/s
Landegeschwindigkeit: 6.5 m/s
Landestelle: Oederquart, LAT, LON: 53.78867,9.18855, Google Maps
Status: Geborgen am 26.7.2025, ca. 8:05 UT
Methode: Extrapolation aus Wettersonde.net-Daten
Ich verlasse den Zug bei bestem Wetter am Bahnhof Wingst. Zunächst bin ich etwas verwirrt, weil ein Dutzend von Radfahrern der Generation Ü70 mit mit schweren Tourenrädern bewaffnet (teilweise mit Elektrik-Trick) auch den Zug verlassen. Sie sammeln sich gerade zur Abfahrt. Das dauert etwas. Schnell das Brompton entfalten und los, denn andernfalls sind komplexe Überholmanöver auf schmalen Radwegen vorprogrammiert. Die Kollegen beäugen die kleinen Räder ziemlich skeptisch, und ich höre von hinten noch ihr Erstaunen, dass man "damit derart Gas geben kann".
Das hohe Tempo verdanke ich weder Rad noch Kondition, sondern vor allem dem Rückenwind und einem topfebenen und hervorragenden Radweg. Bis zur Landestelle sind es knappe 10km. Zuerst geht es auf der Brücke über die Oste.
Danach bieten einsame Wirtschaftswege eine schöne und komfortable Fahrt zwischen Marschgräben. Störche kreisen über den Wiesen, und da ertönt sogar ein Wachtelschlag.
Da vorne kommt schon die Landegegend in Sicht. Die Sonde ist wie befürchtet auf einer Wiese heruntergekommen. Und die ist frisch gemäht. Die Chancen schmelzen dahin. 50 Meter östlich steht ein Haus, 20m südlich führt der Seeweg vorbei. Auf der Nachbarwiese - 30m entfernt - parken dutzende Autos, weil da offenbar ein Event stattfindet. Ich schlängel mich im Slalom mit dem Rad zwischen den Besitzern der Blechlawine hindurch. Der riesige wunderschöne quietschrote Totexschirm lag letzten Dienstag bestimmt unübersehbar auf dem
Präsentierteller und ist jetzt am Samstag mit Sicherheit weg.
Ich biege um die Ecke.
Jetzt kann ich die Wiese komplett überblicken. Ich staune nicht
schlecht. Der riesige wunderschöne Totexschirm liegt nämlich seit letztem Dienstag unübersehbar
auf dem Präsentierteller und ist jetzt am Samstag mit Sicherheit noch nicht weg!!! Aber gleich!
Und schon geht es wieder zurück zum Bahnhof Wingst. Diesmal mit Gegenwind. Ich muss nicht lange auf den Zug warten. Der bringt mich nur bis Hechthausen. Dort kenne ich einen Baumlander von 2023, gar nicht weit weg vom Bahnhof. Aussteigen, Sonde am Boden auflesen und in einer Stunde mit dem nächsten Zug weiterfahren, das ist der Plan.
Sondentyp: RS41-SGP
SN: U2210791
Produktionsdatum:2022-05-30
Frequenz: 404.1 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Norderney (WMOID:10113)
Flugdatum: 2.7.2023 12:00
Track wettersonde
Maximale Höhe: 31572m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.49 m/s
Landegeschwindigkeit: 3.0m/s
Fundstelle: Hechthausen LAT, LON: 53.64335,9.21319 Google Maps
Status: Geborgen am 26.7.2025, 10:25UT
Methode: Extrapolation nach Wettersonde.net-Daten.
Der Weg vom Bahnhof ist mir gut bekannt. Ich war etliche Male dort. Das erste Mal 6 Tage nach dem Flug. Dank der wunderbaren Daten von Kurt konnte ich den Schirm und die Sonde gleich im Baum hängen sehen.
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8.7.2023 |
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8.7.2023 |
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8.7.2023 |
Leider war damals alles außerhalb der Reichweite jeder Stange. Zwei Monate später war die Situation unverändert.
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30.9.2023 |
Zuletzt war ich 2024 vor Ort. Die Sonde war kaum mehr zu erkennen, weil sie sich fast unrettbar in den Nadeln der Fichte verhakt hatte.
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20.3.2024 |
Und heute? Die Umgebung des Baumes ist ziemlich mit Brombeeren zugewuchert und schlechter zugänglich als früher. Unter dem Baum liegt - nichts. Ich biege das Gestrüpp am Boden weg. Ob sie darunter liegt? Nein! Ich gehe nochmal zurück zum Rad, von wo aus man früher die Sonde im Fernglas am besten sehen konnte. Nichts. Bevor ich aufgebe, sollte ich doch noch mal mit dem Fernglas von der anderen Seite gucken. Da sich letztes Mal Schnur, Sonde und Nadeln unrettbar verflochten hatte, könnte sie ohne weiteres noch oben hängen. Also noch einmal zu dem Baum vorgestoßen. Diesmal sehe ich direkt von unten ein paar einzelne Schnurfetzen in den Zweigen hängen. Das macht eher den Eindruck, dass sie doch vom Baum gefallen sein könnte. Aber da liegt nichts. Ich packe meine Sachen zum Aufbruch - ich möchte nicht eine Stunde am Bahnhof warten müssen. Und da liegt direkt neben meinem Fuß etwas Weißes. Es ist flach. Ich kratze etwas von dem Moos ab, das das Objekt verdeckt. Kein Irrtum möglich. Das ist keine Birkenborke, das ist ...Stryropor! Es ist die Sonde, die fast völlig im Boden einsedimentiert ist.


Na also, geht doch! Jetzt muss ich mich aber sputen, um die Bahn noch zu erwischen. Und wieder fahre ich nicht bis Hamburg, sondern steige vorher aus. Diesmal in Horneburg. Dort kenne ich einen weiteren Baumlander, diesmal aus Bergen. Der hängt im Ruijster Forst, und ich weiß wo. Vielleicht liegt der ja auch am Boden, wer weiß?
Sondentyp: RS41-SGP
SN: U3260237
Produktionsdatum: 13.08.2022
Frequenz: 405.7 MHz
Timerkill: 5h:00m
Startstation: Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 17.04.2025 (00:00Z)
Track wettersonde.net
Maximale Höhe: 35432m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.85m/s
Landegeschwindigkeit: 10.0m/s
Landestelle: Rustjer Forst, LAT, LON: 53.52374,9.529111 Google Maps
Status: Baumlander in 20m Höhe, Fallschirm und Ballonrest geborgen.
Methode: Extrapolation aus Wettersonde.net-Daten
Die Landestelle der Sonde hatte ich bereits am Tag nach der Landung besucht. Angesichts der Landegeschwindigkeit von 10m/s war ich fast sicher, dass sie am Boden liegen würde. Aber weit gefehlt: Trotz der sehr verlässlichen Prediction konnte ich zuerst nichts finden. Ich habe mich dann durch das Gestrüpp geschlagen und fand dann tatsächlich Fallschirm und den großen Ballonrest in Bodennähe.
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18.4.2025 |
Ich hoffte, dass bei Entfernung der Last die Sonde am anderen Ende vom Baum fallen würde. Aber da tat sich nichts. Offenbar hatte sich die Schnur bereits zu stark verhakt. Ich hatte sogar große Schwierigkeiten, die Sonde überhaupt in einer Fichte zu identifizieren. Ein Foto mit dem Handy aufzunehmen habe ich gar nicht erst versucht; ich war froh, die Sonde überhaupt im Fernglas zwischen den Zweigen zu sichten.
Heute erreiche ich die Stelle nach 5km Radfahrt von Horneburg aus. Es erweist sich diesmal als einfacher, die Sonde zu erspähen, denn sie ist nicht in den Nadeln verhakt wie letztes Mal, sondern hängt gut sichtbar an der langen Schnur, aber eben immer noch zu hoch.
Da wird man wohl noch einmal wieder vorbeikommen müssen. Also geht es zurück nach Horneburg. Dort nehme ich diesmal die S-Bahn nach Hamburg. Gipfel des Komforts: Da die Dammtorlinie gesperrt ist, fahren die Züge jetzt durch den City-Tunnel, so dass ich auf der Heimfahrt nicht einmal umsteigen muss.
Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier