Donnerstag, 22. November 2018

Das Gestrüpp gleich an der Straße

Sondentyp: RS41-SGP
SN: N3930263
Frequenz: 402.7 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Sasel (WMOID: 10141)
Flugdatum: 22.11.2018 12:00Z
Track Polen (radiosondy.info)
Landestelle Nütze bei Kaltenkirchen, LAT LON: 53.85650, 9.92103  Google Maps
Funddatum 22.11.2018, 17Z
Gefunden nach GPS-Decodierung am Boden

Am Mittag des 22.11.2018 flogen aus dem Hamburger Raum zwei Radiosonden. Die eine, P4010209, flog aus Pinneberg nach Hohenesch nördlich von Itzehoe - für mich etwas zu weit. Die andere kriegte ich nur nach der Landung mit - die flog aus Sasel in den Raum Kaltenkirchen. Auf der Bremer Seite endete der Empfang in 1119m Höhe im Raum Kaltenkirchen. Bernds (DL1XH) Sondenempfang per Raspberry für radiosondy.info war natürlich mal wieder die Rettung - er hatte die Sonde bis 308m.  Danke für die schönen Daten! Die schnell gemachte Tawhiri-Prediction sah die Landestelle in einem Gestrüpp zwischen einer Straße, dem Gelände eines Recyclinghofs und ein paar Häusern bei Nützen.

Ich konnte berufsbedingt nicht sofort starten und versprühte ein paar Whatsapps an die üblichen Verdächtigen. André, der nicht weit enfernt weg wohnt, hatte keine Zeit. Bernd war hinter der Pinneberger Sonde her und war dabei sogar sehr erfolgreich.

Da sonst keiner fuhr, habe ich mich auf den Weg gemacht. Die Landestelle war nur einen Kilometer von der AKN-Station Nütze entfernt und leicht zu Fuß erreichbar. Das Gelände an sich sah auf Googlemaps nicht gerade einladend aus.  Eine Stange war dabei, und natürlich eine superhelle Taschenlampe und Empfangsequipment. Denn es war stockdunkel.

Ein Empfangsversuch aus 200m Entfernung war erfolgreich. Leider war die Sonde 10 Meter über der von Locus angezeigten Geländehöhe. Baumlander? Hmmm. Nur 20m von  erwarteten Position, aber mehr in Richtung Straße, auch nur 20m vom Straßenrand. Vielleicht ging da ja doch was?

Die 20 Meter hatten es aber in sich. Mich erwartete ein waldartiges Gestrüpp mit hohen Bäumen, Brombeeren, Schlehen - alles was Dornen hat. Das ganze auf einem steilen Erdwall, der das kiesgrubenartige Recycling-Firmengelände von der Straße abgrenzte. Eine Machete oder zumindest eine stabile Rosenschere würde hier helfen. Es ging steil aufwärts. Das fand ich eigentlich ganz gut, weil man so der Sonde auch in vertikaler Richtung näher kommen würde. Aber wo war die Sonde? Ich musste eine ganze Weile herumleuchten, bis sie plötzlich einige Meter aufwärts vor mir auf dem Boden lag. Wie sie da hinkommen konnte, war angesichts der Vegetation über ihr ziemlich rätselhaft.  Aber beschweren konnte ich mich wirklich nicht. Wieder zuück zum 5 Meter tiefer deponierten Rucksack (die Stange verhakte sich immer zwischen den Zweigen), den Seitenschneider holen.



Kommt man an die Schnur heran? Sie ging senkrecht nach oben und verlor sich dann in den Bäumen. Aber wie ging sie weiter? Es dauerte eine Weile, bis ich die Fortsetzung am Himmel im Lampenschein aufblitzen sah. Es ging weiter hoch, auf ein weniger bewachsenes Plateau und dann in einem niedrigeren Baum, der auf einem weiteren recht instabilen Erdwall wuchs. Von oben hatte man einen Blick auf das Firmengelände unter einem - die Beleuchtung ist ein klarer Fall für die Dark-Sky-Fachgruppe der VdS. Ich hatte an diesem Standort keine Lust auf eine Stangenbergung.

Also wieder zurück zur Sonde. Die wurde erst einmal abgeschnitten. Die Schnur konnte man nach anfänglichem Widerstand erstaunlich gut einholen. Irgendwann raschelte es oben auf dem Erdwall, und die Taschenlampe zeigte den Fallschirm, wie er über dem oberen Erdwall auf einen Baum segelte, der auf dem Plateu stand. Mir ist relativ unklar, warum der Fallschirm bei der Landung so schlecht funktioniert hatte, er machte einen relativ intakten Eindruck.




Also wieder raufklettern. Der kleine Ballonrest mit dem Automatenstartventil hing jetzt in Griffhöhe, und so konnte ich beides bergen. Ob man von oben die Schnur auf den Abwickler aufrollen kann? Natürlich nicht. Die Schnur klemmte nach ein paar Metern. Also abschneiden, alles einsacken, und runter zur Sonde und zum Rucksack.

Anders herum ließ sich die verbleibende Schnur mysteriöserweise ganz leicht komplett einrollen. Die Widerhaken waren Dornenzweige, die in der Schnur hingen und einzeln operativ entfernt oder einfach mit auf die Vaisala-Spule aufgerollt wurden.

Alles eingesackt und vorsichtig, den Rucksack in der Hand den Hang heruntergeklettert. Bester Laune. Immerhin war das gesamte Gespann aus der Umwelt entfernt - woran ich schon nicht mehr geglaubt hatte. Wanderschuhe wären hier vorteilhaft gewesen.

Unten ein Blick auf die Uhr. Es war reichlich Zeit für die Wanderung zurück zum Bahnhof. Auf dem Weg ist Zeit zum Nachdenken. WAS WAR DENN DAS GERADE EBEN? Wirklich alles war anders als  erwartet: Dicht an der Prediction, dicht an der Straße, trotzdem schwer erreichbar. Hoch über dem Terrain, aber trotzdem nicht im Baum. Schnur in dichtem Gestrüpp, aber Gespann trotzdem  relativ problemlos zu bergen.

Die AKN fährt zwar in die Pampa, aber auf jeder Station hat es schnelles WLAN. Unterwegs an den Stationen gab es immer für eine Minute Netzzugriff. Die Dokumentation auf der Sondenliste usw. war weitgehend fertig, als ich Altona erreichte. Auch verging die Zeit dadurch wie im Fluge.





Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier