Sondentyp: RS41-SGP
SN: P3450938Frequenz: 404.1 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Norderney (WMOID:10113)
Flugdatum: .13.09.2019 12:00Z
Track Bremen und eigene Daten
Landestelle: Gülzow, LAT, LON: 53.444967, 10.514335, Google Maps
Fundort: Lütau , LAT, LON: 53.436410, 10.547190, Google Maps
Status: Geborgen am 13.9.2019, 16:15Z durch eigenen Empfang (GPS Decodierung) und freundliches Gespräch mit Landwirt
Diese Sonde stellte mich vor allerlei Probleme. Eigentlich wollte ich noch während des Fluges losfahren, kam dann aber nicht schnell genug von zuhause los. So blieb noch Zeit, die Sonde vom Balkon bis zur Landung mitzuschneiden - bis in eine GPS-Höhe von 177 Metern. Das reichte, um eine, wie ich dachte, recht genaue Prediction zu erstellen. Die vorhergesagte Landestelle befand sich in der Nähe der Straße Lütau-Gülzow auf freiem Feld. Nur wenige Knickbäume standen in der Nähe. Das sah alles recht einfach aus.
Also fahre ich mit S-Bahn und Regionalbahn nach Schwarzenbek und lege wie üblich die verbleibenden 10km bis zur Landestelle per Rad zurück. Mein Optimismus steigt - abgeerntete Felder weit und breit, alles sehr übersichtlich. Die Sache hat nur einen Haken: Nirgends ein Fallschirm, nirgends eine Sonde. Ist mal wieder RUSHhour?
Was macht man? Rechner raus, SDR-Stick rein. Was ist das? Das Touchpad versagt. Also Rechner runterfahren, Raspby ausgepackt. Und mit dem ist bei 404.1 MHz erst einmal nichts zu hören. Da war jemand schneller, es ist Zeit aufzugeben.
Das mit dem Rechner lässt mir aber keine Ruhe. Man sagt: Reboot tut gut. Also noch mal hochfahren. Leider ändert das am Fehlen des Touchpads auch nichts. Für den Raspby habe ich eine Maus mit. Die tut es natürlich. Immerhin habe ich jetzt einen Mauszeiger und kann den Rechner bedienen. Also, mehr so zum Testen, SDR eingesteckt, SDR-Sharp gestartet, Zilog gestartet. Da ist natürlich auch nur Rauschen, egal, wohin man die Moxon ausrichtet. Oder?
Oder?? Ist da im Rauschen ein gaaanz schwaches RS41-Piepen zu hören? Nein, das ist Einbildung und Wunschdenken. Oder ?????
Schnell die Moxon genauer ausgerichtet. Wenn man die nach Osten ausrichtet, ist das Signal immer noch grenzwertig, aber eindeutig keine Einbildung. Da ist sogar was im Wasserfalldiagramm zu erkennen. WOW? Demod-Zilog hat aus diesem Murkssignal 3 Frames decodiert. Sondennummer stimmt, Höhe ist plausibel. Das verändert die Sachlage komplett.
Rechner runterfahren, Raspby einschalten, Antenne ausrichten. Die Sonde ist auch hiermit deutlich hörbar, auch peilbar, aber nicht dekodierbar. Offenbar ist der Raspby auch mit Zilog und der rtl-sdr-toolchain doch etwas weniger performant als mein PC mit SDR-Sharp! Man hätte sicher von einem Standort näher an der Quelle auch mit diesem System sofort Koordinaten erhalten. Schluß mit Jugend Forscht. Es ist Zeit, die Sonde zu finden. Was ist bloß die Ursache für dieses miese Signal?
Die mühsam erkämpften Korrdinaten werden in meine Handy-Navigation getippt. Huch? Das ist ja volle 2,4km von mir weg. Mitten im Dorf Lütau. Kann eine Prediction aus 177 Metern Höhe so falsch sein? Dabei sah sie so gut aus.
Als ich, über Gründe für das Versagen der Prediction nachdenkend, auf dem Rad Richtung Lütau fahre und sich die Strecke in die Länge zieht, fällt mir siedend heiß die Erklärung auf. Manchmal hat man eine lange Leitung! Da hat natürlich ein Bauer das Ding eingesammelt, mit ins Dorf genommen und nicht abgeschaltet...Da gucken wir doch gleich mal nach.
Von der Straße aus ist rasch das Stallgebäude, neben dem die Sonde liegen muss, identifiziert. Der Landwirt ist auch vor Ort und treibt gerade seine Kühe in den anderen Stall.
Als er damit fertig ist, spreche ich ihn an. "Ich habe gehört, Sie haben eine Radiosonde von einem Wetterballon gefunden". "Ja, klar, wolln Sie die sehen? Moment, die liegt noch in meinem Schlepper". Weg ist er und kommt mit einer sauber zusammengelegten RS41 nebst Schirm und kleinem Ballonrest zurück."Aber woher wissen Sie denn das?" (Erklärbär follows). Er hatte zunächst vermutet, dass dies "einer dieser widerlichen Hochzeitsballons" war, bis er den Label gelesen hatte. Natürlich muss ich ihm die ganze Sache mit den Radiosonden ausführlich erklären. Er ist erstaunt, dass man sowas heute noch braucht. Erstaunt ist er auch über die erreichten Höhen und zurückgelegten Distanzen - dass so ein Ding mal eben aus Norderney angeflogen kommt. Am Ende lässt er mir die Sonde.
Ich bin auch erstaunt: Dass ich das Ding aus 2,4km Distanz decodiert bekommen habe, während es zwischen den Häusern in einem Fahrzeug lag. Der Bauer findet eine plausibe Erklärung: Sein Schlepper hat relativ wenige Metallwände und große Fensterflächen. Ich zeige ihm auf der Handykarte die Prediction, und er meint, dass das verdammt genau gestimmt haben muss.
Ich verabschiede mich von dem freundlichen Landwirt und radele heimwärts. Unterwegs schmücken Nebensonnen den Himmel, eine ist richtig hell.
Das Ziel ist Geesthacht - das dauert etwas länger, erspart mir aber den Kauf einer Ergänzungskarte. Unterwegs komme ich an einer Sondenlandestelle vorbei, wo irgendwo eine RS92 aus Bergen im Unterholz liegen muss - ich habe sie damals nicht erpeilen können. Aber es ist keine Zeit für eine sinnlose Suche. Am Waldfriedhof sehe ich, dass in drei Minuten mein Bus nach Bergedorf fährt.
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