Sonntag, 5. Dezember 2021

Endlich mal wieder!

Seit fast einem Monat habe ich keine einizige Radiosonde gesehen. Die Sonden machten immer einen großen Bogen um den Raum Hamburg, und allerlei berufliche Anspannung kam hinzu. Nach einem Orkan hätte man dringend mal ein paar Baumlander kontrollieren können. In der ersten Dezemberwoche landeten dann aber zwei Meppener Sonden in der Nordheide. Das wäre ja eigenlich was für Uli, aber der steckt im Umzugsstress. So blieben sie liegen. 

Am Samstag stehen zwei Varianten zur Debatte: Baumlandercheck im Raum Lüneburg oder ein Ausflug in die Nordheide. Die Meppener Sonden kann man beide bequem per Rad von den Stationen des "Heidesprinters" erreichen, und am Samstag gilt: "Freie Fahrt für freie Abokartenbesitzer". Da landet die Mitternachtssonde aus Norderney unweit der Heidesprinter-Station Wintermoor im Wald. Eine Heißsondenjagd wäre doch auch mal ganz schön. Noch vor 7:00 radel ich zum Bahnhof Ahrensburg und kann den schnellen Zug nach Hamburg erwischen. Von dort geht es über Buchholz nach Wintermoor. Das Faltrad wird aufgeklappt und los geht es zu dem kleinen Heidedorf Ehrhorn. Hier ist die Sonde in einem Nadelwald gelandet. An einer Fichte unweit der Prediction fixiere ich das Rad. 


 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
T3311656
Frequenz: 405.3 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Norderney (WMOID:10113)
Flugdatum: 4.12.2021 00:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe: 29826m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.20 m/s
Landegeschwindigkeit: 7.4 m/s
Landestelle: Ehrhorn LAT, LON:
53.17678,9.89044, Google Maps
Status: Stangenbergung am 4.12.2021 8:47 UT

Methode: Decodierung des Sondensignals (TTGO)

Es ist diesig und will auch nach Sonnenaufgang nicht richtig hell werden. Die Radiosonde sendet einwandfrei und hängt offenbar hoch im Baum, wahrscheinlich in der Krone. Ich kann sie nicht entdecken. Ich beschließe eine kurze Erkundung in Flugrichtung. Da erkenne ich den Fallschirm, der 6-7 Meter hoch in einer Fichte hängt. Aber ohne Sichtung der Sonde mag ich nicht mit der Stange daran ziehen. 

Der TTGO meint, die Sonde hinge 16m hoch. Also nicht im Wipfel, sondern eher auf halber Höhe der Kiefern und Fichten. Wenn das stimmt, ist es  aber zu hoch für die Stange. Jetzt scanne ich noch einmal die infrage kommenden Bäume ab und konzentriere mich weniger auf die Wipfel. Tatsächlich, da hängt sie am Faden. 


 

Ich habe Glück. Die Terrainhöhe ist nach den Internetdaten überall gleich, aber in Wahrheit ist das Gelände recht hügelig. Ich stehe in einer Art Tal, mit Erdwällen links und rechts. Tatsächlich hängt die Sonde über so einem 6-7m hohen Erdwall. Also rauf. Die Stange reicht gerade aus. Die Sonde lässt sich komplett gewaltfrei nach unten befördern. 


 

Offenbar hat sich die Schnur so kurz nach der Landung noch nicht verhakt, und ich ziehe womöglich am anderen Ende den Schirm hoch. Ich kappe die Schnur, und tatsächlich raschelt es drüben umgehend. Der Schirm ist wieder in seine Ausgangsposition heruntergefallen. Mit der Stange kann ich ihn noch problemloser als die Sonde herunterziehen und somit das Gespann komplettt bergen. 

 


 

Nachdem alles verstaut ist: Ein Blick auf die Uhr. Die Züge in Wintermoor fahren alle Stunde. Wenn ich jetzt etwas sprinte, kann ich ihn noch erwischen und damit die Hälfte der Strecke zur nächsten Sonde sparen. Ich komme wenige Minuten vor dem Zug an und fahre eine Station nach Schneverdingen. Von hier sind es noch 10km mit dem Rad. 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
S3140024
Frequenz:
405.1 MHz
Timerkill:
keiner
Startstation:
Meppen (WMOID:10304)
Flugdatum:
1.12.2021 9:00Z
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.50 m/s
Maximale Höhe: 23506 m
Landegeschwindigkeit: 9.00 m/s
Track  wettersonde
Landestelle: Lünzen bei Schneverdingen,
LAT, LON 
53.117778,9.664722
Google Maps
Status:
Geborgen am 4.12.2021, 10:39 UT
Methode:
Extrapolation nach Radiosondy-Daten

Die Landestelle ist eine großes Mais-Stoppelfeld. Allerdings hat der Sturm in dem Wäldchen, aus dessen Richtung die Radiosonde eingeschwebt ist, massiv gewütet und auch in dem Knick, der quer über das Feld verläuft. Offenbar haben die Bauern schon mit massiven Baumfällarbeiten mit schwerem Gerät begonnen. Die Auffahrt auf die Koppel ist kaum begeh- oder befahrbar.Wenn die man nicht dabei über die Sonde gestolpert sind. 

 


Für diese Theorie spricht, dass mit dem Fernglas in der fraglichen Richtung nichts erkennbar ist. Erst einmal wird meine Aufmerksamkeit durch etwas anderes abgelenkt: Da hängt an einem 40cm langen Mais-Stopplel ein Mittelspecht und hackt darauf rum, als wäre es ein Baum. Fast lächerlich wirkt das; ich frage mich wirklich, ob es in den Stoppeln leckere Insekten gibt - im Dezember. Am Himmel fliegen Kraniche, und irgendwo muss es dem Geräuschpegel nach einen bei durchziehenden Enten und Gänsen populären Rastplatz geben.

Ich laufe auf die extrapolierte Position zu und werde überrascht. Exakt auf der Prediction liegt - keine Sonde. Aber ein roter Schirm. Der Rest ist einfach.


 





Zurück in Schneverdingen wird es unerwartet hektisch. Eine Mitreisende  fragt mich, ob der Zug nach Hamburg wirklich auf diesem Gleis fährt. Ich werde unsicher. Die HVV-App zeigt keine Gleisangabe. Die App war vor dem letzten Update  so gut, dann wurde das Design komplett geändert auf  Kosten der Funktionalität. Der Aushang zeigt: Ooops, der Zug fährt auf dem Gegengleis, und zwar  in 2 Minuten!! Und mir ist klar, was unser Problem ist: Die Schranken! Die senken sich, als wir in letzter Sekunde noch durchflutschen. Da kommt auch der Zug und droht gleich abzufahren. Sprint mit FFP2-Maske, dabei ein Faltrad tragend, ist keine gute Idee. Irgendwie lernt man dabei, dass Menschen für sowas Sauerstoff brauchen. Auch hier flutschen wir noch in letzter Sekunde durch die sich schon schließenden Türen.

Ich wollte eigentlich in Holm-Seppensen aussteigen, aber bemerke auf dem Weg durch Kartenstudium, dass die Station Büsenbachtal geeigneter ist. Nach 5km Radtour schließe ich das Rad an ein Verkehrsschild und stratze am Rand eines Zwischensaat-Feldes an einem Bauernhof vorbei.

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
S3130493
Frequenz:
404.5 MHz
Timerkill:
keiner
Startstation:
Meppen (WMOID:10304)
Flugdatum:
1.12.2021 11:00Z
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.38 m/s
Maximale Höhe: 19342 m
Landegeschwindigkeit: 7.40 m/s
Track  radiosondy
Landestelle: Höpen,
LAT, LON 
53.273851,9.933779 Google Maps
Status:
Geborgen am 4.12.2021, 13:19 UT
Methode:
Tawhiri-Prediction nach Radiosondy-Daten


Die Sonde soll auf der anderen Seite des Knickwalls liegen und versteckt sich ziemlich in dem Grünzeugs. Irgendwann bemerke ich die Schnur. Erst einmal gehe ich, wie üblich, Richtung Schirm, um die Schnur auf der Spule aufwickeln zu können. Sehr zu meiner Bestürzung endet die Schnur im Nichts! 

Was ist das? Treibt jetzt auch in der Nordheide ein Schnurabschneider sein Unwesen? Nein! Da hinten geht die Schnur weiter. Aber auch auch dieses Stück ist nur wenige Meter lang. Insgsamt ist sie in 4 Stücke zerrisen, aber alles ist noch da. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass der Sturm das angerichtet hat. Wahrscheinlicher ist wohl, dass ein Tier, z.B. ein Reh, sich in der Schnur verwickelt hat, sie aber zerreißen konnte.

Fast immer rollt sich die Schnur bei Meppener Sonden nur teilweise ab.








 

Nach der Bergung fieber ich über Whatsapp mit, wie Arne die Norderney-Mittagssonde nach ihrer Landung mitten in Hamburg aus einem Baum zieht. Genau wie ihre direkte Vorgängerin soll sie auch 16m über dem Boden hängen, ist aber dann doch erreichbar.

Ich hatte noch erwogen, einen langjährigen Baumlander im Klecker Wald zu checken, aber den könnte ich erst bei Dunkelheit erreichen. Auch sind es endlich mal wieder über 40km Strecke - es reicht. So geht es zurück nach Büsenbachtal, wo der Heidesprinter wieder - wie immer heute - zeitnah eintrudelt.


Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier

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