Mittwoch, 29. Dezember 2021

Matschackerlandung und Baumbergungsfrust

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
T3440480
Frequenz: 405.3 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Norderney (WMOID:10113)
Flugdatum: 28.12.2021 12:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe:
32912m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.26 m/s

Landegeschwindigkeit: 2.6 m/s
Landestelle: Gut Lanken LAT, LON:
q=53.54154,10.50984, Google Maps
Status: geborgen am 29.12.2021, 11:45 UT
Methode: Tawhiri-Prediction und Extrapolation nach Internetdaten

Die Mittagssonde aus Norderney sollte laut Vorhersage im Hamburger Westen landen. Das war gut, ich war gerade arbeitsbedingt in der Gegend unterwegs. Am Ende hatte sie einen hervorragenden Fallschirm, flog daher weiter und ging auf einem Acker bei Gut Lanken nördlich von Schwarzenbek nieder. Jürgen wohnt nicht weit entfernt und war zur Stelle. Er konnte trotz intensiver Suche keine Sonde entdecken. Es war aber auch schwierig, denn der hartgefrorene Acker war teilweise schneebeckt. Man kennt das: Weiße Sonde und weißer Schirm im Schnee - das wird untrivial. Leider hatte er auch kein Empfangsequipment dabei. Am Ende war er sicher: Die Sonde ist weg, da war jemand schneller.

Als am nächsten Morgen kommt mir die Sache komisch vor: Von unserer Whatsappgruppe war es keiner. Eingetragen hatte es auch keiner, das spräche gegen einen Sondenjäger namens Sven. RUSH (Rapid Unidentified Sonde Hunter) trägt zwar nie was ein, man hat aber auch länger nichts von seinen Aktivitäten bemerkt. Auch ist er mit dem Rad unterwegs, die Radwege waren gestern noch ziemlich vereist. Ich verorte ihn im Raum Geesthacht, und da war Jürgen im Zweifel viel schneller vor Ort. Jürgen ist allerdings ein erfahrener Kaltsondenjäger und übersieht so schnell nichts.

Könnte die Sonde etwas weiter geflogen sein und daher gar nicht auf dem Acker gelandet sein? Die Landegeschwindigkeit war mit 2.6m/s sehr langsam und schwankte recht stark von Frame zu Frame. Eine stumpfe Extrapolation mit 2.6m/s bringt die Landestelle etwas mehr Richtung Ackerrand, aber selbst mit 1.8m/s läge die Sonde noch eindeutig auf dem Acker. Aber die Schnurlänge beträgt ja 50 Meter. Wenn sie in der absoluten Endphase nur wenig langsamer gewesen ist,  liegt der  Fallschirm nicht, wie von Jürgen erwartet, auf dem Feld, sondern hängt in den Bäumen der Knicks links und rechts der Straße. Und wenn man das nicht erwartet, übersieht man es. Auf dem Acker ist dann nur eine weiße Sonde auf weißem Schnee, und die ist, wie gesagt, untrivial zu erspähen. 

Ich habe an der B207 weiter nördlich eh eine Kaltsonde im Wald, die nach dem Laubfall einen Besuch bekommen soll. Was spricht dagegen, mit dem Auto hinzufahren und vorher noch bei Gut Lanken vorbeizuschauen?

Ich parke das Auto nahe der Biogasanlage, denn die Straße Richtung Gut ist eine Eisbahn. Das von Jürgen erwähnte Maisstoppelfeld ist umgepflügt, aber gefroren. Der Schnee und das Eis sind aber weitesgehend aufgetaut. Ein Blick über den Knick lässt sofort einen kleinen gelben Fleck erkennen. Der Feldstecher zeigt: Das ist der DWD-Label, das meiste von der Sonde liegt aber gut getarnt hinter einem Erdwall. Gestern, wo das alles weiß war, hatte Jürgen kaum Chancen.

Der Rest der Arbeitshypothese bestätigt sich durch einen Blick von der Landestelle zum Knick ebenfalls:



Die Bergung der Sonde ist natürlich ziemlich einfach. Jetzt noch rasch den Schirm aus dem Baum holen und gut. Die Sachen sind in Reichweite meiner Stange, also wird das eine einfache Nummer. Interessant ist, dass sich der Abroller bereits von dem Ballon losgerissen hat. Beide Teile sind allerdings massiv im relativ knorrigen Geäst der Knickeiche verhakt. Weder kann ich den Abroller an der Schnur herausreißen. An dem Fallschirm beiße ich mir mit der Stange komplett die Zähne aus. Einmal kann ich zwar die Fallschirmschnur  einhaken. Da ich mit der Schnur-Haken Technik arbeite, kann ich dann an einer stabilen Leine statt an der Teleskopstange reißen, aber der Schirm geht bei aller Gewalt nicht los. Außer, dass ich den Haken kaputtmache, hat mein Reißen keinen Effekt. Inzwischen hat sich der gefrorene Acker in eine Matschhölle verwandelt - erstaunlich, wie schnell das geht. Irgendwann gebe ich genervt auf. Immerhin habe ich praktisch die gesamte Schnur geborgen.

Meine anschließende Suche nach einer Schleswiger Sonde nördlich von Mölln im Wald ist übrigens komplett erfolglos.Hier bin ich zum zweiten Mal. Das erste Mal konnte ich wegen des dichten Laubdach kaum etwas sehen. Dieses Mal ist der Wald noch total verschneit. Zwar kann ich gut die Zweige der z.T. extrem hohen Bäume durchsuchen, aber darin hängt kein weißer Schirm. Vielleicht liegen die Teile auch alle auf dem Boden. Wegen des verschneiten Waldbodens geht es mir möglicherweise so wie Jürgen gestern. Auch schwindet langsam das Tageslicht. Hier braucht man Sonnenschein, kein Laub und keinen Schnee, wenn da überhaupt noch etwas zu holen sein sollte. Vor dem Austreiben der Blätter muss ich wohl noch mal vorbeigucken.

Die Rückfahrt im Dunkeln ist phasenweise ein interessanter Blindflug durch such rasch verdichtenden  Nebel.

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier

Keine Kommentare: