Zum Jahreswechsel schnellen die Temperaturen von -10°C auf +12°C. Irgendwann ist das Eis auf den Feldwegen so weit abgetaut, dass man an eine Radtour denken kann. Zielgebiet ist mal wieder die Göhrde, wo sich im Dezember allerlei Kaltsonden angesammelt haben. Am 1.1. ist trockenes warmes Wetter angesagt. Ich plane eine Runde, die vom Bahnhof Göhrde 40km durch den Wald und über Felder zum Bahnhof Neetzendorf führen soll. Spontan beschließe ich, den Zug schon in Neetzendorf zu verlassen und die Runde anders herum zu fahren. Die aussichtsreichsten Sonden würden so am Beginn der Tour angesteuert, was bei den kurzen Tagen sinnvoll sein könnte. Dieser Spontanbeschluss hat sich am Ende ausgezahlt.
So ist die Schleswiger Sonde vom 16.12.2021 das erste Ziel der Tour. Der Weg vom Dorf Boitze aus führt fast exakt nordwärts direkt auf die Tawhiri-Prediction zu. Das auf der Karte verzeichnete Großsteingrab am Wegesrand erweist sich leider als ein durch den Bewuchs von uralten Eichen zerstörter Steinhaufen.
Sondentyp: RS41-SGP
SN:T1241009
Frequenz: 402.5 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Schleswig (WMOID:10035)
Flugdatum: 16.12.2021 12:00Z
Track wettersonde.net und eigener Empfang
Maximale Höhe: 31037m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.48 m/s
Landegeschwindigkeit: 3.0 m/s
Landestelle: Boize, LAT, LON: 53.13689,10.74929, Google Maps
Status: Geborgen am 1.1.2022, 9:51UT
Methode: Extrapolation nach eigenen-Daten. Stangenbergung nach Baumlandung, 7m
Im Wald, direkt am Weg, soll die Sonde laut Tawhiri gelandet sein. Ich habe mir gestern die Prediction glücklicherweise noch mal genauer angesehen. Unter anderem war mir aufgefallen, dass die Tawhiri-Prediction viel weiter zielte als eine stumpfe Extrapolation. Da der Wind in 300m Höhe im Allgemeinen eher STÄRKER weht als am Boden, konnte das nicht stimmen. Offenbar war die Windgeschwindigkeit im Wettermodell nicht korrekt. Also schließe ich mein Rad an einem Baum an und stratze direkt zur Extrapolationslösung am Waldrand. Ein passender Waldweg führt direkt dort hin.
Auf dem Feld liegt nichts. In den Bäumen hängt auf den ersten Blick auch nichts. Ich beschließe in Flugrichtung in den Wald zu gehen, sehe mich aber noch einmal um. Da sehe ich 100m weiter südlich an einem Baum am Waldrand einen weißen Fleck. Im Fernglas hängt da unmübersehbar eine RS41! Die Sonde ist in bequemer Reichweite für meine 10m-Stange.
Ich mache wie üblich erst einmal nichts, sondern verfolge die Schnur und finde einige Meter im Wald Ballonrest und Schirm am Boden.
Natürlich hoffe ich, dass nach Abschneiden dieser Last die Sonde am anderen Ende herunterfällt. Leider ist die Reibung etwas zu groß, so dass ich doch die Stange bemühen muss.
Weiter geht es. Am Wegesrand steht eine Schwanenfamilie.
Das kann nicht sein. Höckerschwäne ziehen so lange nach der Brutzeit nicht mit dem Nachwuchs herum! Ein Blick durchs Fernglas ergibt: Das sind Singschwäne! Wow! Die kommen aus der Taiga und sind hier Wintergäste.
Weiter geht es nach Kettelsdorf. Dort muss dringend ein Baumhänger kontrolliert werden, eine Norderneysonde vom 8.5.2021, die außerhalb der Stangenreichweite am Baum hing. Ich hatte sie am Tag nach dem Flug lokalisiert. Beim letzten Check im Oktober war sie in den Nachbarbaum gependelt, hing aber immer noch 20m hoch, mit ziemlich zerfallener Schnur. Ich habe Glück - sie liegt auf dem Boden, lässt sich sogar noch anschalten.
SN:S2330369
Timerkill: keiner
Startstation: Norderney (WMOID:10113)
Flugdatum: 08.05.2021 12:00Z
Track radiosondy.info
Durchschnittliche Fallgeschwindigkeit: 5.8 m/s
Landegeschwindigkeit: 2,6 m/s
Landestelle: Kettelstorf LAT, LON: 53.11575,10.738148, Google Maps
Status: Baumlander, von unten sichtbar in 20m Höhe, Schirm in 13m Höhe. Vom Baum gefallene Sonde geborgen am 1.1.2022.11:20UT
Methode: Tawhiri-Prediction nach Radiosondy-Daten, vom Baum gefallen.
Bei weiter frühlingshaften Temperatur geht es duch das wellige Wendland über Himbergen weiter. Hier möchte ich meine Tradition mit der Weihnachtssonde aus Norderney wieder fortsetzen.
SN:T3350288
Timerkill: keiner
Startstation: Norderney (WMOID:10113)
Flugdatum: 24.12.2021 00:00Z
Track wettersonde.net und eigener Empfang
Landegeschwindigkeit: 4.5 m/s
Landestelle: Hohenflier/Göhrde LAT, LON: 53.095362,10.7957720, Google Maps
Status: Nicht geborgen. Baumlander, von unten sichtbar in 25-30m Höhe, Schirm in 2m Höhe geborgen.
Methode: Tawhiri-Prediction und Extrapolation nach eigenen Daten.
Die Internetdaten enden in über 700m Höhe. Glücklicherweise hat mein Raspby in Schmalebeck die Sonde bis in 395m verfolgt. Prediction und Extrapolation liegen in der gleichen Gegend, aber bestimmt beträgt die Unsicherheit der Prediction trotzdem noch über 300m. Das Gelände lässt sich gut durch ein Netz von auf den Karten nicht eingezeichneten Wegen durchstreifen. Ich sehe nach kurzer Suche ein längliches weißes Objekt an einem Baumstamm kleben. Ein Blick durchs Fernglas: Es ist der Ballonrest! Vor Ort erweist sich die Situation allerdings als kompliziert.
Die Sonde hängt 40m weit weg in 25-28m Höhe im Baum, direkt unter der Astgabel. Den Fallschirm herunterzuziehen trau ich mich nicht. So fasse ich den Entschluss, die straff gespannte Schnur mit dem Schneidwerkszeug an der Stange durchzuschneiden. Zwar schnellt die Schnur in die Höhe, aber drüben ertönt kein Klötern. Die Lage dort ist unverändert. Ich berge Schirm und Ballonrest, die sich in der Borke extrem verhakt haben und kann hier nichts weiter tun. Meine heutige Baumlanderbilanz: Einen von der Liste gestrichen, ein Neuzugang. Also bleibt alles beim Alten.
Nachtrag am 5.2.2022: Nach Besuch eines frisch eingeflogenen Baumlanders (T1910260) habe ich die Sonde erneut besucht. Alles war unverändert, aber ich konnte mal ein Foto mit einer Telebrennweite aufnehmen.
Nachtrag: Geborgen am 19.3.2022
mehr hier.
Allmählich wird es Zeit den Rückweg zu konzipieren. Da gibt es immer mehrere Varianten für den Radfahrer: Wendlandbahn oder Bad Bevensen. Der kürzere Weg zur Wendlandbahn führt an einer weiteren Kaltsonde vorbei, T3311648. Man muss hier aber immer auf die Uhr gucken, denn die Wendlandbahn fährt nur alle 3 Stunden. Auch ist die Prediction sehr unsicher, und wahrscheinlich ist eine längere Suche in einem kombinierten Gelände aus Wald und Feldmark, direkt an der Straße, nötig. Die Wendlandbahn um 16:35 in Göhrde würde zeitlich ausgehen, aber rumbummeln darf ich auch nicht. Also fahre ich bei Sprühregen wieder einmal komplett durch den großen Wald, am Forsthaus Röthen bei Richtung Oldendorf. Von der Straße aus checke ich, ob die Sonde dort auffällig herumliegt. Ich klettere auf einen Höhenzug und suche mit dem Fernglas Äcker und Waldränder ab. Nichts. Also muss man diese Sonde aufgeben oder noch einmal mit mehr Zeit wiederkommen.
Um 16:20 trudel ich am Bahnhof Göhrde ein, packe alles zusammen, und da kommt auch schon der Zug. Im Gegensatz zur Hinfahrt, wo ich kaum Mitreisende hatte, war der Zug recht voll. Kreatives Bahnfahren erlaubt mir eine sehr gemütliche Rückfahrt von Lüneburg nach Ahrensburg.
Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier
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