Freitag, 29. April 2022

Krankenstand bei der Bahn und die unerwartete Pinneberg-Sonde

Am 27.4. erhob sich in Sasel die erwartete Mittwochssonde, S1630392. Zeitgleich ließ Pinneberg eine DFM09 (D19031987) fliegen. Die Pinneberger Sonde landete mitten in Ashausen, die Saseler an der Neetzebrücke bei Scharnebeck. Ich hatte aber keine Zeit, den Sonden nachzustellen.

Tags drauf habe ich einen freien Nachmittag. Also könnte man mit der Regionalbahn nach Ashausen fahren. Vielleicht liegt die Sonde da ja noch herum - die fallschirmlosen Sonden aus Pinneberg sind ja nicht so auffällig, und die Landevorhersage sollte ziemlich genau sein. Danach könnte man den nächsten Zug nehmen und von Lüneburg oder Echem aus nach Scharnebeck zur Saseler Sonde vorstoßen.

Faltrad und Rucksack geschultert und los! Auf der Strecke nach Lüneburg gibt es zwei Sorten von Regionalzug: Der eine hält nur in Harburg und Winsen, der andere an jeder Milchkanne. "Wegen krankheitsbedingten Personalmangels" fallen die nächsten Milchkannenexpresse aus. Klar, nicht nur in meinen Kursen an der Uni fehlen 20% der Teilnehmer, weil sie gerade Covid haben... Naja: Wir machen Plan B: Mit der S-Bahn nach Harburg, von da nach Winsen, und dann eben  mit dem Rad nach Ashausen... Das Tolle: Das kostet mich eine Stunde Wartezeit und Radfahrt und 2,20€ für eine Ergänzungskarte. 

Die Wartezeit nutze ich für einen Blick auf Wettersonde.net. Tatsächlich hat soeben Pinneberg unerwartet doch noch eine Sonde gestartet. Zielgebiet wäre Scharnebeck - nicht weit weg von der Sasel-Sonde.

Endlich rollt der Zug ein. Nach zwei ausgefallenen Zügen ist der natürlich rappelvoll. Erst in Winsen wird es leerer. Ich bleibe im Zug, verzichte auf die Sonde in Ashausen und fahre weiter. Ein Blick auf die HVV-App ergibt, dass in Lüneburg Anschluss nach Echem besteht. Von da aus ist es nicht weit zur Sasel-Sonde, und wer weiß, vielleicht landet ja auch die Pinneberger Sonde in erreichbarer Nähe. Falls nein könnte man auf dem Rückweg einen Baumhänger kontrollieren. Aus Plan B wird also Plan C.

Als ich in Echem mein Rad entfalte, landet gerade die Pinneberger Sonde. Leider ist sie deutlich weiter geflogen als ursprünglich erwartet. Ich speicher mir die Koordinaten ab. Wie schön, dass wetterson.de eine Live-Prediction bringt. Die sollte in diesem Fall sehr genau sein, und sie liegt direkt an einem Feldweg bei Hölzel, südlich von Sülbeck. 

Erst einmal radel ich zur Landestelle der Saseler Sonde. Bestes Frühlingswetter! Die Rapsfelder blühen schon! Die erste Nachtigall singt! Wolken von Stieglitzen sind unterwegs. Und ruckzuck bin ich an der mir schon gut bekannten Straßenabzweigung am Neetzekanal.  Hier soll die Sonde heruntergekommen sein. 

Ich suche mehr als eine Stunde die Gegend sorgfältig ab - nichts. Wegen der geringen und zudem variablen Landegeschwindigkeit ist die Prediction nicht sehr genau. Die Tawhiri-Prediction liegt im Unterholz direkt an der Straße - nichts. Eine stumpfe Extrapolation sieht die Landestelle in den höheren Bäumen gleich an der Brücke über dem Neetzekanal - auch da erkenne ich nichts. Die Sonde kann auch etwas weiter oder kürzer geflogen und dann auf einem Acker gelandet sein - nichts. Theoretisch ist auch eine Landung direkt auf der Straße möglich, aber auch da finden sich keine Reste. Langsam tragen die Bäume wieder Laub; ich kann nicht ausschließen, dass ich etwas übersehen habe. Ich gebe auf. 

 Wie weit ist denn die Landestelle der Pinneberger Sonde entfernt? Ich nutze die Routenplanung von Locus - es wären 12 Straßenkilometer. Im nahen Sülbeck kenne ich eine Bushaltestelle. Der letzte Bus in Richtung Heimat fährt dort laut HVV-App um kurz nach 20 Uhr. Das sollte aufgehen, zumal mit Glück keine zeitaufwändige Suche nötig sein dürfte. Also frisch in die Pedale getreten und hin. 

 

Sondentyp: DFM09
SN:
20038339
Frequenz:
404.8 MHz
Timerkill: keiner
Startstation:
Pinneberg (WMOID:-)
Flugdatum: 28.5.2022 13:30Z
Track Radiosondy
Maximale Höhe: 19625m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 
4.43 m/s 
Landegeschwindigkeit: 10.0 m/s
Landestelle: Holzen, LAT, LON: 
53.24826,10.58897, Google Maps
Status: Geborgen am  28.4.2022, ca. 16:33 UT
Methode: Tawhiri-Prediction nach Radiosondy-Daten

Im Abendlicht gleite ich dahin, und schon bald erreiche ich das Dorf Holzen. Ich biege auf den Feldweg ab, an dem die Sonde gelandet ist. Ich habe keinen TTGO eingesteckt, da ich überhaupt nicht mit einer Warmsondenjagd gerechnet habe. Glücklicherweise ist es ein riesiger frisch umgepflügter Acker - also wohl ein zukünftiges Maisfeld. Somit könnte es eine Drive-in-Bergung im Kaltsondenstil werden. Tatsächlich: Von weitem schon sehe ich einen verdächtigen weißen Fleck auf dem schwarzen Untergrund leuchten, der beim Näherkommen mehr und mehr DFM09-Formen annimmt. 



Glücklicherweise ist die Sonde nicht auf dem nahen Rapsfeld gelandet - die Prediction war doch 90m daneben, und im Raps wäre es schwierig geworden. 

Nach der Bergung geht es nach Sülbeck. Dort habe ich noch 50 Minuten Zeit. Genug, um eine kalte DFM09 zu besuchen, die dort seit 2018 im Wald in einer Lärche hängt. Ich war erst vor ein paar Wochen da. Auf dem Boden liegt sie nicht, und den Blick nach oben versperren die sprießenden Nadeln und die Blätter der Umgebung. Ich kann mich nicht lange aufhalten und wandere zurück zur Bushaltestelle. Bus und Bahn bringen mich diesmal problemlos zurück nach Hamburg. 

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier





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