Sonntag, 17. August 2025

Überraschend weit geflogen

Am frühen Sonntagmorgen bemerke ich auf wettersonde.net, dass die Nachtsonde aus Schleswig im Hafengebiet in Wilhelmsburg gelandet ist. Eine genauere Analyse ergibt allerdings geringe Chancen für eine Bergung. Die letzte Position befindet sich über den Hallendächern des DPD-Depots in nur 24m Bodenhöhe. Zunächst vermute ich eine Landung auf dem Dach. Eine Extrapolationsrechnung ergibt aber, dass es die Sonde über das Dach geschafft haben dürfte. Dann liegt sie also auf dem wahrscheinlich eingezäunten und somit unzugänglichen Gelände des DPD. Ein Blick auf Google Maps Satellitenansicht zeigt Abstellplätze für LKWs und Container. Open Streetmap deutet ein Werkstor an - ob mich da am Sonntag Morgen jemand reinlassen würde? Immerhin kann man ja mal einen Versuch wagen - es ist nicht weit. Die Sonde wird noch ein paar Stunden senden.

Sondentyp: RS41SGP
SN:
 
W3350075    
        
Produktionsdatum: 2024-8-16
Frequenz: 402.5 MHz
Timerkill:
keiner

Startstation:
Schleswig 
(WMOID:10035)
Flugdatum:17.8.2025 0Z
Track
wettersonde  

Maximale Höhe:
 33333m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.39m/s

Landegeschwindigkeit:
 3.2m/s

Landestelle: HH-Wilhelmsburg,
LAT, LON: 
53.50949,9.97558 Google Maps
Status:
Geborgen am 17.8.2025
 6:52 UT
Methode:
 Decodierung des Sondensignals mit TTGO

 

Die S-Bahn bringt mich nach Wilhelmsburg. Direkt neben der Landestelle befindet sich eine Bushaltestelle, aber der Bus, der dorthin fährt, verkehrt nur alle halbe Stunde, und ich sehe ihn vom Bahnhof aus abfahren. Plan B ist der Bus Nr. 13, der alle 10 Minuten fährt und mich zur Veringstraße bringt. Von da aus sind es 900m zu Fuß. Von einer Fleetbrücke hat man erstaunlichen Weitblick auf Teile der Hamburger Skyline auf der anderen Elbseite.


   

An der Kreuzung zum Reiherstieg-Hauptdeich blinkt mein TTGO. Offenbar ist die Sonde noch nicht von den LKWs plattgefahren worden! Ein genauer Blick auf die Koordinaten offenbart Erstaunliches. Normalerweise markiert die Extrapolationslösung die maximale Strecke, die die Sonde gemacht haben kann. Diese Sonde ist doppelt so weit geflogen wie gedacht und hat es knapp über den Zaun des Werksgeländes geschafft. Laut RDZsonde-Software soll sie sich 3m über dem Grund befinden. Das lässt hoffen. 

Da liegt auch schon der blaue Fallschirm auf der Deichkrone! 


Die Schur verschwindet in einem Bäume, die direkt vor dem Zaun des DPD-Geländes stehen. Kann ich die Sonde ablassen? Nein - offenbar ist die Schnur keineswegs straff gespannt, sondern schlaff. Vorsichtiger Zug zeigt durchgehenden Kraftschluss. Diese Sonde scheint also am Boden zu liegen. Ich muss aus verschiedenen Richtungen die Schnur in dem Baum mit dem Fernglas verfolgen. Da sehe ich die senkrecht nach unten verlaufende Schnur Richtung Sonde zwischen den Ästen. Ich quetsche mich durch Gesträuch zum Zaun durch. Und da liegt die Sonde am Boden - einen Meter vom Zaun entfernt, und zwar auf meiner Seite! Glück muss man haben!
 
 


 

Ich mache mich mit der Beute auf den Weg nach Hause. Wieder geht es mit dem Bus zurück nach Wilhelmsburg zur S-Bahn und von dort aus problemfrei nach Hause. 

In der Whatsappgruppe werden einige Ideen vorgetragen, warum die Sonde so unerwartet weit geflogen ist. Auf jeden Fall muss es lokale Winde über dem Hallendach gegeben haben, die die Landung ein wenig verzögerten.  Vorgeschlagen wurden Windwirbel an der Hallenwand in der ansonsten laminaren Strömung, Luftausstoß aus den Lüftungslöchern im Dach oder Thermik aufgrund der Restwärme des Dachs. All das erscheint plausibel, in jedem Fall war das Resultat für mich sehr erfreulich. 

 

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Sonntag, 10. August 2025

Restekehren in der Göhrde

Die Göhrde ist ein riesiger Wald im Kreis Lüchow-Dannenberg. Die Zeiten, in denen der Kaiser dort jagen ging, sind vorbei. Heute kommt der gewöhnliche Sondenjäger auf seine Kosten. In der letzten Zeit haben sich ein paar ungecheckte Sonden dort angesammelt. Bei schönstem Wetter plane ich am 10.8. eine Radtour durch den westlichen Teil des Waldes. Momentan sieht der Aufbruch auf dem Hauptbahnhof so aus...


 ... und die Bahn rät davon ab, hier umzusteigen. Was lustig ist, wenn man bedenkt, dass dies der am meisten frequentierte Bahnhof in ganz Deutschland ist. In Lüneburg springe ich in die Wendlandbahn, deren Fahrradabteil rappelvoll gestapelt mit Rädern ist. Obwohl insgesamt relativ wenige Personen mitfahren, hat offenbar fast jeder ein Rad dabei. Bin ich froh, dass das PAL (Problem anderer Leute) ist. Mein Faltrad verschwindet unter meinem Sitz. Ich verlasse mit einer größeren Gruppe von Radfahrern den Zug in Neetzendorf. Bei der Gruppe hat Murphy zugeschlagen, so dass sie erst einmal nicht losfahren können. Einer der Leute hat seinen Zweitakku zuhause vergessen, und jetzt muss organisiert werden, wo seine autofahrende Ehefrau ihm das Teil übergeben soll. Mit dem Biobike muss ich strampeln, aber komme voran. Es geht über das kleine Dorf Boize in den Wald. Allerdings ist der Weg zunächst schlecht, und dann wird er richtig schlecht. Das Leben ist eben ein Kompromiss. Boten meine kleinen Räder und das kompakte Faltmaß eben im Zug noch große Vorteile, komme ich auf schlechten Waldwegen eben weniger gut voran. So handelt es sich mehr um Schieben als um Fahren. Am Wegrand stehen beeindruckende Parasolpilze. Als ich das Foto mache, ist ein Neuntöter über meine Anwesenheit "not amused" und protestiert mit markanten Warnrufen. 



Ich erreiche dennoch ziemlich schnell die erste Sondenposition. Sie liegt nicht weit weg vom Weg. 




 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
U3260296
Produktionsdatum: 13.08.2022
Frequenz: 405.7 MHz
Timerkill:
5h:00m

Startstation:
Bergen
(WMOID:
10238)
Flugdatum: 26.05.2025 (00:00Z)
Track
wettersonde.net und Tower
Maximale Höhe: 32853m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.05m/s

Landegeschwindigkeit:
 5.00m/s

Landestelle: Göhrde,
LAT, LON: 
53.12814,10.74498 Google Maps
Status:
Geborgen am 9.8.2025, 10:12UT.  Fallschirm und Ballonrest hoch im Baum, nicht geborgen.
Methode:
 Extrapolation aus Tower-Daten

Diese Sonde hatte ich mit dem Tower mitgeschnitten. Obwohl der Tower nicht weit weg ist, konnte ich die Sonde zwar bis unmittelbar vor der Landung, aber nicht danach empfangen. Das lässt auf eine bodennahe Position schließen.  Mein Optimistimus wird nicht enttäuscht. 





 

 

 

 Leider hängen ein riesiger Ballonrest und der Fallschirm in den Baumwipfeln und lassen sich nicht bergen. 


 

Nach diesem Erfolg geht es weiter in den Wald hinein. Der Weg wird irgendwann besser, und dann ist die bequeme Asphaltstraße Röthen-Hohenfier erreicht. Auf der kann man endlich wieder entspannt und zügig vorankommen. Nach 2km muss ich aber in den Wald abbiegen, zur nächsten Landestelle. 

 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
V1040819
Frequenz: 405.1 MHz
Timerkill: keiner
Startstation:
Meppen (WMOID:10304)
Produktionsdatum: 2023-09-03
Flugdatum: 23.1.2025 7:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe: 31809m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 4.71 m/s 
Landegeschwindigkeit: 1.5m/s
Landestelle: Göhrde 
LAT, LON: 
53.10433,10.76684 Google Maps
Status: Geborgen am 6.8.2024, 14:35UT

Methode: Extrapolation aus Wettersonde.net-Daten

Die Sonde hatte ich per Tower nach der Landung empfangen und decodieren können. Axel war 2 Tage nach der Landung vor Ort, musste aber feststellen, dass sowohl Schirm als auch Sonde unerreichbar hoch in Bäumen hingen. Sylvio und ich haben der Landestelle am 19.3. einen Besuch abgestattet. Leider war die Lage unverändert. Heute kann ich den Fallschirm überhaupt nicht ausmachen. Die Eiche mit der Sonde kann ich irgendwann anhand Schnurresten im Wipfel identifizieren. An diesen hängt allerdings keine Sonde mehr. Also muss sie heruntergefallen sein. Ich suche Gelände direkt unter den Schnurresten ab - nichts. Als ich die Gegend durchquert habe und zurück schaue, kann ich die Sonde plötzlich ausmachen. Sie liegt gut getarnt in einer Vertiefung aus Blaubeerbüschen und heruntergefallenen Ästen, und man kann sie nur aus einer bestimmten Blickrichtung überhaupt erkennen. 

 

Auf diesem Bild ist eine Sonde versteckt


 

Ich suche noch kurz nach einer RS41 aus dem Jahre 2022, deren vermutliche Landstelle sich in unmittelbarer Nähe befindet. Eine lange Suche macht aber keinen großen Sinn, weil die Blaubeeren in vollem Laub stehen und jeden Blick auf den Boden unmöglich machen. Zurück auf der Straße wende ich mich in Richtung auf das Forsthaus Röthen. Direkt an der Straße hatten Sylvio und ich im März eine Manöver-DFM lokalisiert, und ich habe sie zwischendurch schon mehrfach kontrolliert. Auch heute tut sie mir nicht den (Herunter-)Gefallen. Die von der Firma GRAW verwendeten Schnüre sind sehr viel haltbarer als die der Vaisala-Konkurrenz. Das ist aus Umweltschutzgründen überhaupt nicht gut. 



 

Ich besuche noch den Landeplatz einer uralten RS92 von 2014 oder vorher. Dort habe ich kürzlich Reste eines Schirms und eines Abrollers gefunden. Leider haben die Berufsarchäologen vom Grunz-Institut die dazu gehörige RS92 BGP noch nicht freigelegt. 

 Zurück geht es Richtung Heimat. Schon vor der Anreise habe ich festgestellt, dass die erste und die letzte Bahn nach Hause - die Wendlandbahn verkehrt im 3-Stunden-Takt - durch einen Schienenersatzverkehr ersetzt sind. Grund: Laut Homepage von Erixx sind dies "Tagesrandlagen". Wir reden hier übrigens von 19:00. "Grund der Baumaßnahme" ist: Personalmangel im Stellwerk. ÖPNV 2025. Nun begehe ich einen strategischen Fehler. Anstelle von Oldendorf in der Göhrde sofort nach  Dahlenburg zu radeln, missverstehe ich die Verbindungsauskunft der HVV-App, in der ein Bus um 17:19 am Bahnhof Göhrde angekündigt wird. Das würde zeitlich gut passen und wäre auch viel näher. Erst vor Ort finde ich heraus, dass dies nicht der Ersatzbus ist. Es ist überhaupt kein Bus. Vielmehr handelt es sich um einen dieser 💥👎💣 Auswüchse der Anrufsammelpest, wo man 1-2 Stunden vor Abfahrt anrufen muss. Wenn man Gepäck oder ein Rad transportieren will, muss man übrigens bis Freitag Abend anrufen. Es ist Samstag. Just forget it. Ich hätte längst anrufen müssen, und selbst dann wäre fraglich, ob sie mein Faltrad, die Tasche und die Stange mitgenommen hätten. Immerhin würde der Rufbus nichts kosten - bei einem Anrufsammeltaxi fällt für einen Ticketinhaber die Gebühr nur niedriger aus. Übrigens habe ich schon im Raum Dömitz einen VW-Polo mit der Beschriftung "Rufbus" herumfahren sehen. 

Jetzt habe ich zwei Optionen: Hier mehr als 2 Stunden warten und darauf vertrauen, dass der Ersatzbus tatsächlich verkehrt, oder nach Dahlenburg radeln. Den nächsten 5300er Bus nach Lüneburg werde ich dort höchstwahrscheinlich verpassen. Ich entschließe mich dennoch für Dahlenburg. Die ziemlich hügelige Route führt über eine mir noch unbekannte Straße über Nahrendorf. Schon kommt der Backsteindom von Dahlenburg in Sicht. Hier habe ich bis zur nächsten - und letzten - Busfahrt um 19:45 noch viel Zeit. Eine Pizzaria am Marktplatz bietet eine wunderschöne Außenterrasse mit Blick auf dem Dom. Eine Pizza und ein Bier wecken dort die Lebensgeister. Die Beobachtung der Dohlen, die oben vom Kirchturm heruntergucken und gelegentlich Luftakrobatik aufführen, verkürzt die Wartezeit auf den Beginn der Heimfahrt. 

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Donnerstag, 7. August 2025

Suche im Maisfeld

Die gestrige zweite Meppen-Sonde landete bei Ohrensen, ca. 2km vom Bahnhof Bargstedt an der Linie Buxtehude-Bremerhaven entfernt. Erstaunlich war die für Meppen ungewöhnlich große erreichte Höhe von 31km. Bereits gestern war ich auf dem Weg dorthin, weil die ersten Predictions für Meppen 3 auf eine Landung im nahen Buxtehude hindeuteten und man zwei Sonden mit einer Tour hätte einsacken können. Dann aber öffnete sich der Fallschirm, und die Sonde schwebte bis Meiendorf, wo ich sie bergen konnte. Tags darauf bietet sich die Chance, die gestrige Landestelle zu besuchen.

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
V3320388
Frequenz: 405.1 MHz
Timerkill: keiner
Startstation:
Meppen (WMOID:10304)
Produktionsdatum: 2023-08-15
Flugdatum: 5.8.2025 9:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe: 31809m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.20 m/s 
Landegeschwindigkeit: 10.9m/s
Landestelle: Ohrensen 
LAT, LON: 
53.46341,9.467842 Google Maps
Status: Geborgen am 6.8.2024, 14:35UT

Methode: Extrapolation aus Wettersonde.net-Daten

Die Anreise gestaltet sich mal wieder schwierig. Man muss in Buxtehude auf die RE33 umsteigen. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Der schnellere Regionalzug nach Cuxhaven kommt nur 6 Minuten vor der Abfahrt an, und das Umsteigen mit Gepäck ist hier etwas nervig. Da heute die durchschnittliche Verspätung eines Regionalzugs gefühlte 15 Minuten beträgt, ist das knapp. Mit der S-Bahn hat man mehr Zeit und steigt auf dem gleichen Bahnsteig um. Allerdings ist der ÖPNV derzeit flächendeckend disfunktional, so dass die S-Bahn massiv verspätet ist. Also bleibt die Regionalbahn, die allerdings verzögert losfährt und dann in Harburg noch mehr Verspätung aufbaut. In Buxtehude ist die Umstiegszeit auf 0 Minuten geschrumpft, aber mit Rennen (was mit einem Brompton in der Hand nicht so gut geht) erwische ich knapp den Zug nach Bremerhaven. Der Rest ist einfach. Schnell ist Bargstedt erreicht und das Fahrrad bringt mich zur Landestelle am Ortseingang von Ohr. 




Die Extrapolationslösung liegt auf einem Acker, aber nur 20-30m von der Straße entfernt. Ich konnte mir die Situation bereits zuhause auf Google Streetview angucken. Natürlich ist es ein Maisfeld, und der Mais steht bereits mehr als mannshoch.



 

Wenn man von einer Schnurlänge von 50m ausgeht, sollte der Fallschirm auf der Straße liegen oder in einem Straßenbaum hängen. Tut er nicht. Auch am Straßenrand ist nichts erkennbar. Mit dem Fernglas versuche ich, die Schnur zu sichten - ohne Erfolg. Also muss ich wohl rein.

Geht einfacher als es von außen aussieht. Durch die Reihen der Maispflanzen kann man sich gut und zerstörungsfrei bewegen. Dennoch ist ein Maisfeld unübersichtlich. Ich versuche mich ein wenig in der vermuteten Schnurrichtung zu bewegen. Und irgendwann entdecke ich die Schnur...


 

Rückwärtsverfolgung führt zur Sonde - die nur 6 Meter neben der Extrapolationslösung am Boden am Boden liegt.


 

Am anderen Ende der Schnur finden sich Ballonrest und Schirm. Die Schnur ist - typisch für Meppen - nur teilweise abgerollt. Das ist auch der Grund, warum die Ballonreste nicht auf der Straße, sondern im Maisfeld niederging. Für mich ist das heute eher von Vorteil. 

 



 

Also geht es 2km zurück nach Bargstedt, wo auch bald die Bahn eintrudelt. Das Chaos im ÖPNV steigt umgegehrt proportional zum Quadrat zur Entfernung zur Stadtmitte. Die Strecke nach Hamburg ist wegen eines Polizeieinsatzes gesperrt. Ich wechsel in den Regionalzug, der aber wegen massiver Verspätung nur bis Harburg fährt. Irgendwann kommt die Skyline der Stadt wieder in Sicht. 


 

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Mittwoch, 6. August 2025

Verloren im Labyrinth des ÖPNV

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
V3320386
Frequenzen: 404.5 MHz
Timerkill: keine
Startstation:
Meppen (WMOID:10304)
Produktionsdatum: 2023-08-15
Flugdatum: 5.8.2025 11:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe: 23729m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.27 m/s 
Landegeschwindigkeit: 4.7m/s
Landestelle: Hamburg-Meiendorf 
LAT, LON: 
53.62622,10.1652 Google Maps
Status: Geborgen am 5.8.2024, 13:00UT

Methode: Decodierung des Sondensignals per TTGO; RDZsonde

 

Seit Monaten ist wenig Bewegung in der Atmosphäre, und die Radiosonden landen unweit der Startplätze. Nach Wetterumstellung zieht ein Sturmtief über Südskandinavien, und sein Ausläufer überquert in der Nacht Norddeutschland. Auf der Rückseite haben wir starken Westwind und in der Hochatmosphäre hohe Windgeschwindigkeiten aus Südwest. So landen alle drei Meppener Sonden des Tages in unserem Gebiet.

Jürgen guckt sich die Landestelle von V3320614 in einem Acker bei Wotersen an und schreckt vor einer Expedition in den Mais-Urwald zurück. V3320388 landet auf einem Feld bei Harsefeld. Als auch die dritte Sonde nach ersten Prognosen bei Buxtehude niederzugehen scheint, bereite ich eine Tour in die Gegend vor. Ich muss noch in der Aufbruchphase umdisponieren, denn V3320386 entwickelt einen sehr guten Fallschirm, so dass sich die Landevorhersage in den Raum Ahrensburg verschiebt. Die Landestelle liegt längere Zeit im Bereich der Siedlung am Hagen. 

Es gibt drei faltradtaugliche ÖPNV-Linien dorthin: Die U1, die allerdings weiter nördlich eine Streckensperrung aufweist und außerdem am langsamsten ist. Bei den Regionalbahnen kommt die RE80 infrage, die schnell und nonstop nach Ahrensburg fährt, und die RE81, die an jeder Milchkanne hält. Ich würde die RE81 nehmen, weil die RE80 gerade weggefahren sein sollte. Am Hauptbahnhof angekommen,  stelle ich fest, dass die RE80 verspätet ist und gerade einläuft. Da man von Ahrensburg recht schnell per Rad in die Siedlung Hagen gelangt, steige ich ein. Das ist ein Fehler. 

Denn die Abfahrt des RE80 verzögert sich immer mehr. Am Ende fährt die RE81 vor. Und da die RE80 die RE81 nicht überholen kann, zuckeln wir jetzt im Bummelzugtempo hinter der RE81 her. Eine Fahrtunterbrechung aufgrund einer außerplanmäßigen Baustelle wird durchgesagt ("wir benachrichtigen Sie, wenn weitere Informationen vorliegen"), erweist sich aber als harmlose Langsamfahrt. Überflüssig zu sagen, dass sämtliche WCs an Bord unseres Zugteils defekt sind. Das betrifft mich aber nur in soweit, dass sich mein Klappsitz direkt neben dem Klo befindet und ich das Drama miterlebe. Immerhin erschallt eine zweisprachige Durchsage, sobald ein Passagier versucht, die Tür zu öffnen ("this lavatory is out of order"). Fahrgasterlebnis Deutsche Bahn, Sommer 2025.

Auf halber Strecke zeigt sich, dass der Fallschirm der Radiosonde nicht mehr ganz so gut funktioniert wie ursprünglich. Die Landestelle verschiebt sich immer mehr nach Südwesten. Die Sonde landet am Ende in Hamburg-Meiendorf. Also: Meine  ÖPNV-Wahl war ungünstig.  Die U-Bahnstation Meiendorfer Weg wäre nur 1,4km entfernt. Aus dem Bummelzug RE81 wäre ich längst in Rahlstedt ausgestiegen, 2.5km Luftlinie südlich der Landestelle. Jetzt komme ich deutlich verspätet in Ahrensburg an - und muss fast 9km in Gegenrichtung zurücklegen.Verspätetes Erscheinen vermindert grundsätzlich bei einer Landung in Wohngebieten mit Einzelhausbebauung die Erfolgschancen. 

Immerhin hat die B75 einen recht guten Radweg, den ich bei heftigem Seitenwind, aber trockenem Wetter, nutzen kann. In Meiendorf biege ich in den Grönlander Damm ab, denn der TTGO hat mir die Landestelle verraten. Die Sonde sendet trotz meines verspäteten Erscheinens also immer noch.

Die GPS-Koordinaten weisen auf die hintere Dachecke eines Wohnhauses. Die Stelle ist von der Straße aus nicht einsehbar. Den Fallschirm oder Schnüre kann ich auch zunächst nicht entdecken. Ich klingel an dem Wohnhaus. Die nette Bewohnerin lässt mich machen - "steigen Sie einfach über die Gartenpforte". Das brauch ich gar nicht zu tun, denn die Sonde liegt nicht auf dem Dach, sondern hängt über besagter Hausecke in bequemer Stangen-Pflückhöhe an einem Baum. 

 







 

 

Der Feuchtesensor fehlt. Es stellt sich heraus, dass die Beschädigung bereits bei der Landung im Baum eingetreten ist. Da mein TTGO nach wettersonde.net streamt, lässt sich das rekonstruieren. Die Sonde sendete vor der Landung einwandfreie Feuchtedaten, aber bereits vor meinem Bergungsversuch nicht mehr. 

Die Schnur ist bei der Bergung gerissen. Der Rest hängt von einem Straßenbaum herunter und liegt größtenteils auf dem Nachbargrundstück. Von der Straße aus kann man jetzt auch den Schirm sehen.



Ich kann vom Fußweg aus das Schnurende angeln und eine Menge Schnur herüberziehen. Leider gelingt es nicht, den Fallschirm abzulassen. Der Versuch, ihn über den Baum zu ziehen, gelingt nicht vollständig und endet mit Schnurriss. Immerhin habe ich einen großen Teil der Schnur bergen können. 

Ich beschließe, jetzt mit dem Rad durch das schöne Stellmoorer Tunneltal nach Schmalenbeck zu fahren. Ich kann mich da aber nicht lange aufhalten, weil ich meinen Laptop in Altona habe und am Abend noch eine Zoomkonferenz hosten muss. Wegen des Schienenersatzverkehrs auf der U-Bahn radel ich zurück nach Ahrensburg, wo ich mit dem RE81 bequem heimwärts rollen kann. 

 

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