Dienstag, 5. Oktober 2021

Ein Polizeieinsatz

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
 
T1120326
Frequenz:
405.3 MHz
Timerkill: keiner
Startstation:
Essen (WMOID:10410)
Flugdatum: 04.10.2021 0:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe: 34829m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.11 m/s 
Landegeschwindigkeit: 4.1 m/s
Landestelle: Bockhorst
, LAT, LON:
53.35332,9.568159 Google Maps
Status: geborgen 02.10.2021, 
10:10 UT
Methode: Extrapolation aus Radiosondy-Daten

Essener Sonden sind selten im Hamburger Umland. Ich habe selber erst eine einzige erbeutet. Am 4.10.2021 landete die Essener Mitternachtssonde südlich von Apensen. Wolfgang war schnell vor Ort, kapitulierte aber vor dem Maisfeld.

Am Nachmittag komme ich etwas früher als erwartet von der Arbeit weg, und das Wetter ist sonnig. Einem Tripp nach Bockhorst kam infrage, die Treckerspuren auf Google-Maps sehen problemarm aus. Und ganz in der Nähe gibt es einen Baumlander, der dringend kontrolliert werden muss. Gleichzeitig schwebt die 12Z-Sonde bei Lauenbrück ein. Auf Whatsapp kann man lesen, dass Berthold sich der 12Z-Sonde annimmt. Also breche ich nach Apensen auf. Am Bahnhof wird das Faltrad aktiviert, und los geht es. Nach 11km erreiche ich die Stelle, die nur 120m von der Straße entfernt liegt. Das Maisfeld sieht tatsächlich abschreckend aus, aber ich weiß, dass wenige Meter darin die Treckerspuren in einer bequemen Richtung verlaufen. Diese Google-Maps-Satellitenansichts-Weisheit ist zutreffend.

Wolfgang hatte am Morgen keine TTGO-Koordinaten abgespeichert, vermeldete aber, dass die Prediction grob stimmen sollte. Das war auch zu erwarten. Ich nehme mir eine Spur, die zwischen Prediction und Fallschirm die Schnur kreuzen sollte. Die Spur ist ungewöhnlich breit, und nach oben hat man freie Sicht auf den blauen Himmel. Da müsste die Schnur unbedingt auffallen. 

 


 

Ich laufe so weit, dass ich die Schnur garantiert gekreuzt haben dürfte - nichts. Also drehe ich bei - und sehe auf der erwarteten Höhe sofort die gleißend reflektierende Schnur glänzen. 


Tatsächlich muss man aus dem korrekten Glanzwinkel gucken, um die Schnur überhaupt zu erkennnen. Aus der Gegenrichtung hebt sie sich selbst in 3m Distanz praktisch nicht vom Himmel ab. 

Jetzt ist alles einfach. Ich quäle mich ein paar Meter Richtung Sonde, und da liegt sie am Boden. 


Da der Fallschirm offensichtlich lose auf den Pflanzen aufliegt, kann ich ihn per Schnurzug zu mir befördern. Nach der Bergung geht es Richtung Feldrand. Die letzten Meter würde ich durch die quer verlaufenden Treckerspuren am Feldrand bewegen, so sollte man schonend und bequem das Feld verlassen können. 

Dieser Plan für die letzten Meter wird über den Haufen geworfen, als ich laute Stimmen vom Feldrand her höre. Bestimmt Sondenjäger. Ich mache mich bemerkbar und rufe ihnen zu, dass ich die Sonde habe und wie ich das Feld zu verlassen gedenke. Die Antwort schockt mich ein wenig.

"Hier ist die Polizei. Sie kommen auf direktem Weg raus, sonst kommen wir rein!"
"Ja, OK, mach ich".

Also quäle ich mich durch die Maispflanzenreihen und stehe sofort vor 2 Polizisten und 2 nicht uniformierten Menschen. Dem einen gehört der Acker.

Die Gesichter enstpannen sich sofort, als ich ihnen den Grund des Hierseins schildere und die Beute erläutere. Der Besitzer hatte mich beobachtet, wie ich mein Rad an einem Verkehrschild anschloss und im Mais verschwand. Besonderen Verdacht errweckte die Posterrolle, die ich mitgenommen hatte. In der bewahre ich meine 10m-GFK-Stange auf. Er hatte da einen ganz anderen Verdacht. 

Es scheint da draußen militante Öko-Fanatiker zu geben, die etwas gegen den flächendeckenden Maisanbau haben und Hindernisse im Mais installieren, mit dem Ziel, dass diese die sauteuren Maisernter zerstören. Mir fällt ein, dass mir diese Story schon einmal - ganz in der Nähe - ein Bauer erzählt hatte. Der hatte mir auch erzählt, dass sie zur Abwehr die Ernter mit Metalldetektoren versehen, und möglicherweise meine Sondenbergung einen Fehlalarm vermeiden könnte. Da draußen scheint Krieg zu sein, und da liegen die Nerven blank. Ich zeige dem Polizisten noch den Inhalt der Posterrolle, demonstriere den Mast. Überall lachende Gesichter und eine gewisse Erleichterung, dass nichts Schlimmes vorliegt.  Also kann ich meines Weges ziehen.

Eine Meppener Sonde im Wald checke ich auf dem Rückweg - erfolglos. Ich kann sie weder in den dichten Lärchennadeln sehen, noch liegt sie auf dem Boden.

Allmählich muss ich auch sehen, dass ich zurück nach Apensen komme, bevor es ganz dunkel wird.

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier