Samstag, 16. Oktober 2021

Trümmer und ein roter Totex-Schirm in Sottrum

Die roten Totex-Schirme des DLR aus Krummendeich haben es mir angetan, was aber auch nicht zu einer erfolgreichen Bergung dieser Teile beitrug. Alle bisherigen Krummendeich-Bergungsversuche liefen auf ungewöhnliche Extremvorfälle heraus. Man wurde von besorgten Bürgern für eine hilflose Person gehalten, bekam es mit Schirmabschneidern (wtf!) und Fakern zu tun. Zwei Sonden konnte ich immerhin mit viel Aufwand einsacken. Die Schirme aber sind weg oder hängen noch immer unerreichbar in 25m Höhe.

Am erfreulichsten war noch immer die Aktion in Sottrum. Da war so eine Krummendeich-Sonde im Maisfeld heruntergekommen. Nicht, dass wir bei der massiven Suchaktion tags darauf da irgend etwas geborgen hätten.  Ich bin zwar einige Treckerspuren abgelaufen und hätte von Rechtswegen die Schnur mehrfach kreuzen müssen. Es ist so wie immer im Mais: Die Chancen sind sehr vermindert. Dennoch war die Aktion sehr nett, denn ich erhielt, als ich gerade aufgeben wollte, einen Anruf von Lauritz. Der ist ein Teilnehmer unserer Whatsappgruppe. „Hier ist so ein Faltrad an einem Baum am Feldweg angekettet, das ist doch sicher Deins?“. So kam es zu einem netten Schwätzchen unter Sondenjägern, eine schöne Entschädigung für die erfolglose Suche. Lauritz kannte ich bisher „live“ noch nicht, hatte ihn aber schon mal predictionbasiert über Whatsapp direkt in die Landeregion einer Ozonsonde gelotst, wo er Minuten nach der Landung zuschlagen konnte.

Irgendwie war ich nicht der Meinung, dass die Sonde eine Beute eines anonymen Kollegen geworden sein konnte. Meine kürzliche Erfahrung mit einer Essener Sonde sagte mir, dass sich die Schnüre, wenn sie sich in Höhe der Maispflanzen weit über den Köpfen eines Sondensuchers erstrecken, kaum gegen den Himmel abheben. Man muss exakt im richtigen Winkel zur Sonne und zur Schnur stehen, dann glänzt sie und ist unübersehbar. Das war mein Glück bei der Essener Sonde. Auch standen in dem Maisfeld bei Sottrum die Pflanzen noch höher und dichter, so dass sich meist keine gute Sicht nach oben ergab. Diese Sonde können wir locker übersehen haben. Lauritz hat übrigens in den Folgetagen das Maisfeld mit einer Drohne abgeflogen und konnte auch nichts erkennen. Aber das sagt auch nichts, wenn der Totex-Schirm nicht oben auf den Pflanzen aufliegt. Irgendwie war ich der Meinung, die Sonde sei noch da. Ich machte mir diesmal eine Extrapolation, die etwas kürzer war als die Tawhiri-Prediction. Da die Landegeschwindigkeit unsicher war, rechnete ich verschiedene Versionen, um den möglichen Bereich abzustecken und die Fallschirmpositionen zu ermitteln. Dazwischen gab es einen Bereich von einigen Dutzend Metern, wo man auf den Pflanzreihen auf jeden Fall die Schnur kreuzen müsste. Der Plan war nun, die 10m Stange auf mehr als Maispflanzenhöhe auszuziehen und damit durch die Pflanzreihen zu stolzieren. Irgendwann müsste man sich ja in der Schnur verfangen. Auch könnte man mit der Stange die Drohne des kleinen Mannes starten - in Gestalt einer Actioncam an der Stangenspitze.

Dann landete am 23.9. eine Norderney-Sonde in Sottrum, und zwar direkt an meiner Radroute vom Bahnhof zum Maisfeld. Leider auf der Grenze Feld/Wohngebiet in einem Gewirr von Hochspannungsleitungen. Da niemand die Bergung der Sonde meldete, gab es nun einen weiteren Grund, in Sottrum noch einmal vorbeizugucken.

Leider kam ich an den folgenden Wochenenden nicht dazu. Am 16.10. war der Norderney-Flug schon mehr als 3 Wochen her, was die Chance auf eine Bergung stark vemindert. Auch sind schon viele der Maisfelder abgeerntet. Wenn man bei der Krummendeich-Sonde noch etwas machen will, muss man es JETZT tun, wenn es nicht schon zu spät ist.

Also auf nach Sottrum. Am Wochenende gilt meine Abokarte bis an den Rand der HVV-Erdscheibe. Diese Sondentour ist auf jeden Fall umsonst, mit etwas Glück aber nicht vergebens. Nach etwas mehr als 1 1/2 Stunden bin ich wieder in Sottrum. Eindrucksvoll sind ungewohnte Dinge wie komische Fahrkartenautomaten und die im HVV unbekannten Fahrkartenentwerter. Tatsächlich ist Sottrum eigentlich im Verkehrsverbund der anderen Hansestadt. Fahrrad ausklappen, losfahren und Beute machen.

Es geht auf der bekannten Strecke Richtung Maisfeld. Da ist der Kreisverkehr, da ist die Hochspannungsleitung. Bei dem Mast da vor mir sollte irgendwo die Norderneysonde vom 23.9. herumliegen. 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
T1250309
Frequenz: 404.1 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Norderney (WMOID:10113)
Flugdatum: 23.09.2021 12:00Z
Track wettersonde.net
Maximale Höhe: 22795m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.67 m/s
Landegeschwindigkeit: 6.3 m/s
Landestelle: Sottrum LAT, LON:
53.107144,9.240102, Google Maps
Status: Kaltsonde gefunden auf dem Acker 16.10.2021 11:55 UT, Schirm fehlt
Methode: Tawhiri-Prediction nach wettersonde.net-Daten

Die Wohnhäuser und Gärten sehen wie geleckt aus. Keine Chance, dass da etwas vom Himmel fällt und drei Wochen im Garten rumoxidiert. Auch ist unwahrscheinlich, dass so dicht an den Wohnhäusern niemand neugierig wird und das Gespann einsammelt. In der Leitung hängt nichts.

 


Aber auf dem Feld liegt - gegen alle Wahrscheinlichkeit - der Fallschirm. Nein, beim Näherkommen ist es eindeutig eine Plastiktüte. Erstaunlich viel Kunststoffmüll auf dem Acker. Die Tüte da vorne, die da links, der Joghourtbecher. Das  weiße Ding Richtung Straße ist auch nur Müll. Oder? Ja ähm äh, nö, das ist doch....

 





An der Sonde hängt nur ein kurzes Schnurstück, all die weißen Gegenstände, die in Flugrichtung auf dem Acker liegen, sind Kunststoffmüll. Wahrscheinlich ist die Sonde in der Leitung gelandet, wobei die Schnur durchtrennt wurde und die Sonde runterfiel und der Schirn weiterflog. Egal, wie auch immer, ich bin angenehm überrascht, denn damit ist die Tour schon mal nicht komplett erfolglos. Also Sonde einsacken und weiter zum Maisfeld.

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
T3451330
Frequenz:
403.97 MHz

Timerkill:
keiner

Startstation:
Krummendeich (WMOID:-)
Flugdatum: 18.9.2021 09:00Z
Track
wettersonde.net

Maximale Höhe:
28864m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 4.51 m/s

Landegeschwindigkeit:
3.2 m/s

Landestelle: Sottrum,
LAT, LON:
53.121057,9.250096 Google Maps
Status:
Reste und Trümmer geborgen am 16.10.2021, 13:00UT

Methode:
Extrapolation aus wettersonde-Daten


Das Feld ist nicht nur abgeerntet, sondern auch in der interessanten Gegend bereits geeggt. Ich habe schon mehrfach Sonden auf geernteten Feldern gefunden, so dass man da nicht gleich aufgeben sollte. Ich trete auf den Acker - aber komme nicht weit. Da am Waldrand liegt etwas. Ein Blick durchs Fernglas: Unverkennbar der Spreizring eines Totex-Schirms. Aus der Nähe ist zu sehen, dass der Schirn zwar beschädigt, aber einigermaßen vollständig ist. Na also, das ist doch schon mal was. Der Schirm liegt nicht an der Landestelle. Entweder hat ihn ein Landwirt da hingepfeffert, oder er wurde von einer Landmaschine bis zur nächsten Wendung mitgezogen.





Jetzt beginnt die Suche. Man muß sich von dem üblichen Beuteschema lösen. Zwar habe ich schon auf geernteten Feldern intakte Sonden gefunden, aber hier muss man froh sein, wenn noch kleine Trümmer an der Oberfläche liegen.  Auch hier befindet sich wahnsinnig viel Kunststoffmüll auf dem Acker. Und Feuersteine mit Kreidehülle. Das Gebiet, in dem nach meiner neueren Analyse die Sonde liegen sollte, ist recht klein. Mehrfach falle ich auf das selbe weiße Folienstück rein, welches exakt auf der neuen Prediction liegt. Ich gehe das Feld ab - nichts, nur Pseudosonden. Ich weite meine Suche etwas aus - vielleicht wurde auch die Sonde mitgeschleppt. Nach ca. 30 Minuten komme ich wieder an der Prediction vorbei, nachdem ich alles abgegrast habe. Da vorne ist wieder das bekannte weiße Folienstück. Jetzt gehe ich hin und nehme es mit, jedes Mal versetzt es mir einen Adrenalinschub. Aber das ist keine Folie,  das ist doch....

 




Ich sammel die paar Trümmer ein, der Rest ist entweder mitgehäxelt worden oder wurde untergepflügt. Man sollte den Acker ausheben und die Erde nach Archäologenart sieben, dann wird man vielleicht noch weitere Fragmente finden können. 




Zuhause lege ich mal den Track von unserer Suche über die Karte mit der Sondenposition. Und wie vermutet, sind wir bei der ersten Suche mindestens 3mal unter der Fallschirmschnur hindurchgelaufen....


Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier

 

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