Etwas schwieriger war die Abschätzung der Landestelle der regulären Bergener Mittagssonde P2040239. Die hatte ich weder getrackt, noch hatte ich die Zeit gefunden, eine Tawhiri-Prediction zu rechnen. Und als ich nächsten Morgen daran dachte, war es dafür natürlich zu spät. Also wurde auf Basis der letzten Sinkgeschwindigkeiten und Windgeschwindigkeiten, der Geoidhöhe und der lokalen Geländehöhe die Position extrapoliert. Die Landestelle lag direkt an der B4, die dort als vierspurige Schnellstraße ausgebaut war. Ich habe gemischte Erinnerungen an die Gegend, seit mir direkt in der Gegend einmal ein Sondenjägerrucksack geklaut worden ist. Es gibt da zwar einen Radweg, aber nur wenige Unterführungen und Übergänge, und die Felder sind gegen die Straße abgezäunt. Die Nachtsonde vom 29.8. (P2040655) landete ganz in der Nähe im Wald - allmählich formierte sich die Idee einer Kaltsondenjagd am Freitagnachmittag. Die Nachtsonde flog allerdings bei genauerer Karteninspektion von der Liste - sie lag auf dem Standortübungsplatz Wendisch-Evern. Aber die DFM und die RS41 sollten es sein. Da der Fallschirm der RS41 auf der Straße liegen könnte, war die dringlicher. Eine weitere DFM lag auch im Wald weiter östlich und würde zeitlich bis zum Dunkelwerden wohl nur, wenn alles flutscht, erreichbar sein.
Sondentyp: RS41-SGP
SN: P2040239
Frequenz: 405.7 MHz
Startstation: Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 28.08.2019 15:08Z
Timerkill: 5:00h
Track Bremen
Landestelle Melbeck, LAT LON: 53.187560, 10.405140 Google Maps
Status: Gefunden am 30.8.2019, 15Z
Methode: Extrapolation aus Bremer Daten
Am Freitag Spätnachmittag sitze ich in einem hoffnungslos überfüllten Regionalzug nach Lüneburg. 3 Klassenreisen haben die Idee, sich und alle Koffer im Fahrradwagen zu stapeln, und natürlich ist Berufsverkehr. Gut, dass ich dank Faltrad keine Fahrradwagen mehr brauche. In Lüneburg kann ich das Faltrad in den Bus packen und etwas Strecke sparen. Von der Station "Neu-Häcklingen" sind es nur etwas mehr als 2km. Auf dem Acker da hinten habe ich schon mal eine Kaltsonde gesucht und nicht gefunden. Da war das mit dem Rucksack. Weiter. Dort rechts auf dem Rübenacker sollte die Sonde am Straßenrand liegen. Und schon ist eine Vollbremsung erforderlich, denn da liegt etwas Rotes direkt am Radweg....
Die Position des Schirms passt, wenn man die Schnurlänge berücksichtigt, fast exakt zur Prediction. Die Schnur geht über einen Knickbaum, und das lose Ende hängt in der Leitplanke. Leider ist die Fortsetzung zur Sonde nicht mehr vorhanden. Sicher ist die Schnur durch die Autos durchtrennt worden, und die Sonde liegt drüben auf der anderen Seite.
Ich sacke Schirm und Schnur ein und radele 500 Meter nach Melbeck. Dort an der Kreuzung kann man die Straße per Ampel überqueren. 50 Meter zurück zweigt ein Feldweg ab, von dem man ohne jede Umstände auf den Rübenacker gelangt. Das Rad wird an einem Schild angeschlossen. Von da aus wandere ich die 500m am Zaun zurück. Gegenüber der Schirmposition erwarte ich, über die Schnur zu stolpern. Aber: Keine Schnur, keine Sonde. Als ich aber durch den Zaun den Straßengraben gucke, liegen da zwei weiße Objekte. Das eine ist ein Margarinebecher (wtf). Das andere ist auf den ersten Blick undefinierbar, auf den zweiten aber verdächtig.
Genauere Inspektion ergibt mit 95%iger Sicherheit, dass das eine RS41 ist. Nirgends eine Schnur, die man mit der Stange hätte angeln können.
Also 500m zurück Richtung Fahrrad, dann an der Leitplanke entlang 500m wieder Richtung Sonde. 95% war zu pessimistisch geschätzt.
Der Schnurmast ist abgerissen, der Sensorarm sieht schlimm aus, und das Gehäuse ist oben ziemlich beschädigt und auch sonst vielerorts eingedrückt. Die Sonde lässt sich anschalten und blinkt Error. Aber es gibt Probleme, sie abzuschalten, weil das Gehäuse um den Schalter eingedrückt ist...
Ganz sicher ist die Sonde an der Schnur in Richtung Fahrbahn geschleudert und wahrscheinlich von einem KFZ erfasst worden.
Und nun weitere 500m an der Leitplanke. Insgesamt habe ich über 2km zu Fuß zurücklegen müssen, um die 20m entfernt liegende Sonde zu lokalisieren und zu bergen.
Das hat, obwohl es eigentlich einfach war, Zeit gefressen. Aber für einen Besuch bei der DFM ist noch genug Zeit. Auf dem Hinweg hatte ich schon gesehen, dass die B209 eine Kraftfahrstraße ohne Radweg ist. Also ist kreatives Radfahren über Deutsch-Evern und Wendisch-Evern gefragt. So komme ich der Landestelle auf dem Truppenübungsplatz sehr nahe. Auf dem Truppenübungsplatz fanden 1945 auf dem Timeloberg die Verhandlungen für die Teilkapitulation statt; das Datum ist in einigen Ländern ein Feiertag. Am Parkplatz erinnert eine Info-Tafel an das historische Ereignis. Es gibt wohl noch mehr Infotafeln an einer Gedenkstätte direkt am Zaun des Manövergeländes. Interessant, aber ich muss weiter zur DFM.
Sondentyp: DFM09
SN: 618002
Frequenz: 403.55 MHz
Startstation: Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 28.08.2019 7Z
Timerkill: keiner
Track Radiosondy Info und eigene Daten
Landestelle Lüneburg, LAT LON: 53.232390, 10.493520 Google Maps
Status: Gefunden am 30.8.2019, 16:38Z
Methode: optimierte Tawhiri-Prediction aus eigenen Daten
Dann geht die Straße über den Elbe-Seitenkanal. Waldwege bringen mich unmittelbar an die Vorhersageposition. Die erkunde ich gar nicht erst, sondern schlage mich gleich erst einmal zur " Best Guess-Position" durch. Und da steht eine DFM09 wie das Männlein im Walde...Abweichung 14 Meter. Ist schon irre, wenn nach Empfang, Prediction und ein bisschen ergänzender Überlegung alles derart zusammenläuft.
Der Fallschirm befindet sich in einer benachbarten Fichte, leider minimal zu hoch für die 10m Stange. Beim Versuch, den Schirm an der Schnur herunterzuzerren, reisst die Schnur
Der einzige Wermutstropfen bei dieser fast perfekten Kaltsondensuche.
Interessant ist der handausgefüllte Zettel. Früher war die Startstation bei Manöversonden immer als "10000" angegeben, diesmal war es der WMOID-Code von Bergen.
Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier