Sonntag, 18. Oktober 2020

Statt kurzem Check eine Tagestour

 In der Woche waren allerlei Schleswiger Sonden in unserer Region gelandet. Keine war für mich besonders gut erreichbar, und so wurde man zum Armchair Sondenjäger und verfolgte via Whatsapp die spannenden Bergungen.

Eine Saseler Sonde hatte es auch gegeben, P2531123 vom 14.10.. Sie hatte nur 20km Höhe erreicht und war dann direkt am Rand des Feener Moores im Wald heruntergekommen. Kurt konnte ein paar Frames nach der Landung aus 20km Distanz erfassen, die auch in Radiosondy angezeigt, aber nicht archiviert wurden. Was wir alle ganz spannend fanden: Laut GPS-Höhe und Geländemodell hing die Sonde nur 4-5 Meter hoch im Baum. War das realistisch? Hing die Sonde nicht vielleicht viel höher? Wenn es stimmt, wäre die Bergung einfach. Mein Plan für den Samstag war, das schöne Herbstwetter für einen kurzen Ausflug auszunutzen und einfach mal nachzugucken.

 In der Nacht hopst die Schleswiger Sonde knapp über die Elbe ins Kehdinger Land, nördlich von Krummendeich. Das ist für mich nicht unerreichbar, aber ungünstig weit weg. Zwar kann ich am Wochenende gratis bis Cuxhaven fahren, aber die nächstgelegene Station, Wingst, ist immer noch fast 20km von der Landestelle entfernt. So ist am Morgen meine Motivation begrenzt. Es kommt alles anders als gedacht. 

Kaum brechen Ferien aus, werden allerlei sinnlose Baumaßnahmen im Schienennetz durchgeführt. Unangenehme Überraschung am Morgen: Die S-Bahn über die Elbe ist gesperrt. Die Leute werden in Busse gestopft (RNA-Polymerase, olé). So sitze ich, anders als erwartet, im Regionalzug nach Cuxhaven. Der fährt auf den gleichen Gleisen wie die S-Bahn über Horneburg, und von dort soll es zur Saseler Sonde gehen. Aber wenn man jetzt schon im Zug nach Cuxhaven sitzt, kann man direkt nach Wingst fahren, die Schleswiger Sonde einpacken und auf dem Rückweg im Feener Moor vorbeigucken. 

In der Bahn treffe ich zufällig eine Studentin, die bei mir ihre Masterarbeit schreiben will. Sie will nach Buxtehude. Wir hatten letzte Woche ein paar Emails gewechselt, aber jetzt können wir alles Wesentliche direkt besprechen. Nebenher entdecke ich, dass der  Vorderreifen des Faltrades platt ist. Oh no. Das Ventil an dem Ding hatte vor Jahren öfter mal Ärger gemacht. Ich wollte den Schlauch immer mal wechseln, aber da das Problem seit Jahren nicht mehr aufgetreten war, hatte ich das verdrängt. An ein Loch im Schlauch glaube ich nicht - habe nach 5000km ein gewisses Urvertrauen in den als "unplattbar" beworbenen Reifen. Ich pumpe den Reifen auf - glücklicherweise hält er auf den nächsten 50 Kilometern die Luft problemlos. Es war wieder nur das bekannte Ventilproblem. 


Sondentyp: RS41-SGP  
SN:  S0540276
Frequenz: 402.5 MHz 
Startstation: Schleswig (WMOID:10035)  
Flugdatum: 17.10.2020 0Z
Timerkill: Keiner
Landestelle  Krummendeich,  LAT LON: 53.851096,9.207624 Google maps 
Status: geborgen am 17.09.2020, 9:53 UT 
Methode: Tawhiri-Prediction nach Daten von radiosondy.info

 

Irgendwann rollt der Zug in Wingst ein.  Los geht es durch die Marsch nach Norden. Auf den Feldern stehen an einer Stelle ca. hundert Kraniche, der Zug ist im Gange. Je weiter man kommt, umso interessanter das Panorama. Keine Windräder mehr, sondern die AKWs auf der anderen Elbseite. Voraus Brunsbüttel und rechterhand Brokdorf. Irgendwann bin ich da. Die Sonde soll wenige Meter vom Weg entfernt auf dem Feld liegen. Da ist nichts zu sehen. Der TTGO meldet keinen Empfang, die Batterie ist offenbar leer. Keinerlei Pessimismus keimt auf. Dies ist ein Fall von Mohrrüben-Syndrom. Vor Jahren hatte ich schon mal eine Sonde im Möhrenfeld, und diese Sonde versank darin komplett inklusive Ballonrest und Fallschirm. Man konnte sie nur sehen, wenn man direkt davorstand, obwohl das Feld auf den ersten Blick extrem übersichtlich aussah. Tatsächlich hatte sich damals ein weiterer Sondensucher einen Wolf gesucht. Das ist hier sicher wieder genauso.

Diesmal ist es einfacher, Kurt sei Dank, denn die Position sollte gut stimmen. Vier Meter neben der Prediction liegt das da....

 



 Auch den riesigen Ballonrest sehe ich erst, als ich ein paar Schritte davorstehe. Der Fallschirm befindet sich darin im orignalverpackten Zustand. Die Flugeigenschaften des Gespanns im Landeanflug waren erstaunlich. In der letzten Flugphase schwankte die Sinkgeschwindigkeit von Frame zu Frame zwischen 10.2 und 4.2m/s.




Die Idee, jetzt in Freiburg an der Elbe den Bus nach Stade zu nehmen, scheitert an der Tatsache, dass der Bus erst in 2 Stunden fährt. Also geht es die 20km zurück nach Wingst. Dort kommt sehr bald der Zug nach Hamburg. Den ich aber schon in Horneburg wieder verlasse. Los geht es nach Helmste, ein Weg, den ich wegen einer erfolglos endenden Baumlandersache vor einigen Jahren gut kenne.  

Sondentyp: RS41-SGP
SN:  P2531123
Frequenz: 402.7 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Sasel (WMOID:10141) 
Flugdatum: 14.10.2020 12:00Z
Track radiosondy.info
Landestelle  Sasel, LAT,LONG = 53.5354, 9.50288, Google Maps.
Status: Geborgen am 17.10.2020, 13:28 UT


In Helmste geht es dann rechts ab, Richtung Feemer Moor. Die Landestelle liegt glücklicherweise direkt am Wegrand, und zwar noch im Wald und nicht in dem benachbarten Hochmoor. Und ich kann die Sonde in den erwarteten 4 Metern Höhe am Baum sofort entdecken. 

 


 

 Ich checke vor der Stangenbergung die Position des Fallschirms ab - 30 Meter hoch in einem Baum linkerhand...

Die Stangenbergung der Sonde führt leider zum Schnurriss. Eine Nachkontrolle auf der Fallschirmseite ergibt aber zu meiner Freude, dass der Ballonrest und der Fallschirm in den Nachbarbaum gependelt sind und jetzt mit der Stange geborgen werden können.Leider reißt dabei die Schnur erneut, so dass ich nur etwa 1/3 der Schnur bergen kann, aber immerhin Sonde und Ballonrest. Der Schirm ist wie bei der Schleswiger Sonde ungeöffnet.



 

Die Rückfahrt trete ich über den näher gelegenen S-Bahnhof Dollern an, was sich nicht als schlau herausstellt. Am Ende steige ich in Buxtehude in den Regionalzug aus Cuxhaven um und kann damit einigermaßen zügig nach Hamburg zurückkehren. Was ursprünglich als schnelle Tour nach Helmste gedacht war, wurde nun zu einer fast ganztägigen Radtour von fast 50km. 

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier