Montag, 5. Juli 2021

Müll, Kartoffeln, Mais und Gerste

Am Sonntag plante ich, ähnlich wie am letzten Wochenende, eine Kaltsondensuche im Raum Rothenburg/Scheeßel. Die beiden Sonden hatten schon Besuch von Sondenjägern bekommen, wurden aber nicht geborgen. Einmal war ein Kartoffelacker zu nass, einmal hat Berthold die Sonde in der dichten Vegetation eines Gerstenfeldes nicht gefunden. Beide Sonden waren mit einer Radtour von Scheeßel nach Rotenburg/Wümme zu erbeuten. Da Rotenburg seit 2019/20 im HVV ist und meine Karte am Wochenende Gratisfahrten im Gesamtnetz erlaubt, war die Tour doppelt reizvoll.

 Als ich gerade aufbreche, befindet sich die Bergener 6Z Sonde im Landeanflug auf die Region Lauenbrück. Die neue Seite wettersonde.net zeigt in der Landephase permanent eine Tawhiri-Prediction. Schnell wird die Tour noch im Zug umgeplant und per Brouter in Locus eingebaut. Startpunkt ist jetzt Lauenbrück. Leider ist der Optimismus wenig ausgeprägt. Kurts tolle Daten zeigen die Sonde wie üblich bis Baumwipfelhöhe, und die Landestelle liegt eindeutig auf einem Recyclinghof/Mülldeponie. 

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
S3120400

Frequenz:
405.7 MHz
Timerkill: 5 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 4.7.2020 06:00Z
Track Radiosondy
Maximale Höhe: 35167m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.31 m/s 
Landegeschwindigkeit: 6.3 m/s
Landestelle: Helvesiek (Mülldeponie), LAT, LON:
53.20487,9.50884, Google Maps
Status: nicht geborgen, kein Zugang am Sonntag *)
Methode: TTGO-Empfang am Werkstor

Die Radtour startet am Bahnhof Lauenbrück. Eine Straßenbaustelle wird auf dem letztes Wochenende erkundeten Schleichweg umfahren. Unterwegs muss ich eine Polizeiabsperrung umschiffen - hier hat es geknallt. Empfang mit dem TTGO habe ich erst am Werkstor des Entsorgungsunternehmens. 

 

 

Leider steht keine Kontakt-Telefonnummer am Eingangsschild, dafür ist das Gelände kameraüberwacht. Die Sonde liegt laut Sonden-GPS auf oder hängt über der Straße, die durchs Werksgelände geht.

Eigentlich müsste die Stelle vom Eingang aus sichtbar sein, aber ich habe das Fernglas nicht dabei. Große Löcher im Zaun würden einen bequemen Zugang ermöglichen. Morgen werde ich auch nicht hinfahren können, eigentlich müsste die Bergung einfach möglich sein. Da hilft nur Aufgeben*). Plan A, die Bergung zweier Kaltsonden, ruft.

*)Nachtrag, 6.7.2021: Andere scheinen da anders zu ticken. Statusmeldung auf Radiosondy von hebo2019: "Unbekannter ist eingebrochen und hat die Sonde geholt. Mitarbeiter sagte, dass das dann wohl auf Video ist."

Put this on Youtube, please. Leute, es ist doch nur eine ganz normale RS41, und zu den Öffnungszeiten hingehen und fragen ist keine so ganz schlechte Option....


Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
S3120837

Frequenz:
405.7 MHz
Timerkill: 5 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 29.6.2020 06:00Z
Track Radiosondy
Maximale Höhe: 34696m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.56 m/s 
Landegeschwindigkeit: 12.4 m/s
Landestelle: Scheeßel, LAT, LON:
53.184252,9.472555, Google Maps
Status: geborgen 4.7.2021, 9:58UT
Methode: Extrapolation der Landekoordinaten aus Radiosondy-Daten (danke, Kurt)

Die erste Kaltsonde liegt nicht weit weg in der Feldmark, etwas westlich von Scheeßel. Hier hat laut Radiosondy Sondenjäger hebo2019 schon mal etwas versucht: "War vor Ort. Kartoffelfeld wird gerade bewässert und ist so nass, dass man das Feld nicht betreten kann". 

 

Helmut (alias hebo2019) schickte mir als Kommentar dieses eindrucksvolle Bild, welches die Situation, wie er sie antraf,  wiedergibt

Nunja, die Bewässerungsanlage ist weg, das Feld ist trocken. Die extra mitgenommenen Gummistiefel bleiben beim Fahrrad. Die vorhergesagte Landestelle liegt zudem genau am Rand des Kartoffelfeldes, eigentlich müsste sich der Fallschirm auf dem benachbarten Maisfeld befinden. Die letzten Daten aus Radiosondy enden so niedrig und die Landegeschwindigkeit war so hoch, dass es bei meiner Extrapolation kaum einen Raum für Fehler gibt. Ich gehe auf der Furche zwischen den beiden Feldern. Die Schnur kreuzt meinen Weg, und die Bergung ist einfach. Die Sonde befindet sich 2.5 Meter von der Prediction. Besser geht es kaum. Danke, Kurt, für die schönen Daten.






 


Begleitzettel mit merkwürdigen Fehlern sind sehr selten und so etwas wie Fehldrucke bei Sammlermarken. Dieses Exemplar ist auf der falschen Seite bedruckt.



Weiter geht es zwischen Feldern, Wäldern und Golfplätzen und am Ende südlich an einem Militärflugplatz vorbei. Der wird offensichtlich am Sonntag hauptsächlich von Segel- und Sportfliegern genutzt. Die Endanfahrt erfolgt über einen Feldweg. Rechts ist die auf Google-Maps noch vorhandene Wiese durch eine riesige Werkshalle der Firma Thyssen-Krupp ersetzt worden - mit Bahnanschluss. An den Werkszaun kette ich mein Rad. Der Fahrweg wird zum Feldweg und verliert sich in einem Gerstenfeld.

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
 
S3120850

Frequenz:
405.7 MHz
Timerkill: 5 Stunden
Startstation:
Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 30.6.2021 00:00Z
Track Radiosondy
Maximale Höhe: 36846m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.43m/s 
Landegeschwindigkeit: 7.6 m/s
Landestelle: Scheeßel, LAT, LON:
53.12710,9.32872, Google Maps
Status: geborgen 4.7.2021, 9:58UT
Methode: Extrapolation der Landekoordinaten aus Radiosondy-Daten (danke, Kurt)

 

 Die vorhergesagte Position befindet sich an dessen gegenüberliegenden Rand und müsste ebenfalls sehr genau stimmen. Um keinen Flurschaden anzurichten, gehe ich außen um das Gerstenfeld herum. Die Sonde liegt nicht, wie zuerst angenommen, auf der benachbarten Wiese. Das Gerstenfeld weitet sich vielmehr nach Norden aus. Die Sonde ist also auf dem Feld. Man sieht aber NICHTS - außer ein paar Fußspuren vor Vorgängern. Ich checke sogar kurz auf Radiosondy, ob die Sonde vielleicht doch in den letzten Stunden als geborgen eingetragen wurde - Fehlanzeige.

Ich suche nach Treckerspuren, auf denen man das Feld schonend absuchen kann und die die Schnur irgendwann kreuzen müssen. Der erste Versuch geht in die falsche Richtung, also nehme ich eine Spur, die ziemlich genau in Nord-Süd-Richtung verläuft. Plötzlich kann ich nicht mehr weitergehen - meine Beine haben sich in einer Schnur verfangen. 



 

Die Richtung der Schnur verwirrt mich. Offensichtlich ist eine große Schleife Schnur niedergegangen, aber der Fallschirm befindet sich in der ungefähr richtigen Orientierung.




Beide Gespanne haben Riesen-Ballonreste



 

Jetzt sind es nur noch 5km bis Rotenburg. Verwirrend ist, dass man aus der Richtung, aus der ich mich dem Bahnhof nähere, überhaupt nicht zu den Zügen kommt.

Inzwischen ist die 12Z-Sonde im Landeanflug auf Stemmen bei Lauenbrück. Würde ich mit dem nächsten Bummelzug zurück fahren, könnte ich noch eine Runde starten. Aber es ist langsam mal gut. Als ich zuhause ankomme, hat hebo2019 die Sonde als geborgen eingetragen.

Der Zug nach Hamburg ist ziemlich voll, und in der S-Bahn ist es langsam gruselig. Man merkt wieder, dass die Leute die Pandemie als erledigt einstufen. Großfamilien auf Reisen, Masken um den Hals, Gedrängel beim Ein- und Aussteigen,  kein Abstand, sinnloses Verhalten. Das bei einer Impfquote < 50% und einer Variante, gegen die eine Erstimpfung kaum wirkt. Es ist auf der Rückfahrt  schwierig, grenzwertigen Situationen auszuweichen. Muss meine Öffi-Sondenfreizeitaktion für die nächsten Woche mal überdenken


Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier

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