Freitag, 14. Oktober 2022

Stangenmikado-Desaster - nicht ganz mein Tag

Am 12.10.22 fliegt die fahrplanmäßige Mittwochssonde aus Sasel in den Raum Besenthal/Göttin/Güster. Ich mag die Gegend sehr, finde aber an diesem Wochentag keine Zeit zu einem spontanen Ausflug. Auch gefällt mir die Landestelle überhaupt nicht - und einigen anderen Sondenjägern scheint es ähnlich zu gehen. Die Prediction liegt nämlich in dem knapp 50m schmalen Streifen zwischen einer Hochspannungsleitung und der Autobahn Hamburg-Berlin. Dass sie auf der BAB oder in der Leitung gelandet ist, ist angesichts der begrenzten Genauigkeit und der geringen Landegeschwindigkeit nicht wirklich unwahrscheinlich.

Am nächsten Tag habe ich etwas mehr Zeit. Und ich entdecke auf Locus, dass die Landestelle der Schleswiger Mittwochssonde vom 16.7.2022 nur 500m entfernt im selben Waldstück liegt. Die habe ich schon länger auf der Liste, aber bisher nie die Gelegenheit gefunden. Also geht es heute dorthin!

Sondentyp: RS41-SGP
SN:
U1840823
Frequenz:
402.7 MHz
Timerkill: keiner
Startstation: Sasel
(WMOID:10141)
Flugdatum: 12.10.2022 12:00Z
Track wettersonde.net

Maximale Höhe:
27081m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit:
5.44 m/s
Landegeschwindigkeit: 4.9m/s
Landestelle: Güster, LAT, LON:
53.542854,10.713654, Google Maps
Status: Geborgen am 13.10.2022, 10:37UT

Methode: Tawhiri-Prediction aus Wettersonde.net-Daten. Dramatische Stangenbergung aus 5-8m Höhe

Der Zug bringt mich nach Büchen. Und das Faltrad überbrückt rasch die 11km bis zur ersten Landestelle. Der Weg führt 500m vor dem Ziel direkt unter der Hochspannungsleitung hindurch, biegt dann wieder südlich ab.



Von dort führt ein Waldweg in exakter Flugrichtung der Sonde direkt unter der Leitung hindurch, genau über die Prediction-Position und endet an der Autobahn. Beruhigend ist, dass nichts Verdächtiges in den Drähten hängt. Auf dem schmalen Streifen vor der Autobahn liegt sie allerdings leider nicht. Aber an dem Baum auf der anderen Seite der Autobahn entdecke ich die Sonde; sie hängt über dem Rand der BAB auffällig nur 5-8 Meter hoch.



Das wird ganz einfach: Vom Zaun drüben sollte man die Sonde mit der Stange schnell und diskret zu Boden bringen können, ohne Autofahrer zu schockieren. Auch gibt es nahebei eine passende Unterführung unter der Autobahn hindurch:


Der Weg, der von der anderen Seite zur fraglichen Stelle führt, ist mit dem Rad nicht passierbar, so dass ich es in bewährter Weise abparke.




Leider wird meine Nase immer länger, je mehr ich mich der Autobahn nähere. An der fraglichen Stelle kann ich in den Bäumen nichts entdecken. Irgendwo müssen doch auch der Fallschirm und die Schnur sein, die ja weiter in den Wald hinein verlaufen muss.  Ich versuche mich an dem Foto zu orientieren - ohne Erfolg. Offenbar versperrt das Laub von dieser Seite den Blick auf die Sonde. Irgendwann entdecke ich die Schnur und glaube daraus den Baum zu identifizieren. Ich drücke mich an den Zaun und starre nach oben. Nichts.


Ob man besser den Fallschirm suchen sollte, um daran die Sonde ein wenig tiefer ablassen zu können? 10 Minuten Suche liefern das Ergebnis: 25m hoch, hopeless.




Irgendwann finde ich ein kleine Lücke im Laub, die einen Blick auf die Sonde gestattet. Das hat mehr eine volle Stunde gedauert.



Mit der Schnur-Haken-Tecknik sollte das kein Problem sein, obwohl ich wegen des Zauns sehr schräg ansetzen muss. Leider verklemmt sich der Haken in einem Ast. Und zwar sehr fest. Natürlich löst er sich wie geplant von der Stange. Aber auch starkes Ziehen an der Leine löst den Haken nicht vom Ast - anders als sonst.

Ich beschließe, mich erst einmal um die Sonde zu kümmern und dann das Schnurproblem zu lösen. Also befestige ich einen Kabelbinder als improvisierten Haken an der Stangenspitze und versuche, die Sondenschnur einzufangen. Das gelingt spektakulär gut. Leider verheddert sich das Konstrukt nicht in der Sondenschnur, sondern an meiner Leine. Und zwar irreversibel. Allmählich merke ich - dies ist nicht mein Tag, denn jetzt habe ich ein echtes Problem. Jetzt weiß ich nicht, wie ich die Stange rauskriege, denn der Zaun ist im Weg. Und ganz brutal ziehen mag ich auch nicht - im Zweifel geht nicht nur die Stange kaputt. Der ziemlich große Ast macht nämlich einen leicht morschen Eindruck. Wenn der abbricht, fällt er direkt auf die Autobahn, und dann habe nicht nur ich ein Problem.

Mir fällt das Schneidwerkzeug im Rucksack ein. Ich befestige es an einem herumliegenden längeren Stock und kratze damit an dem Seil herum. Es ist dazu da, Sondenschnüre zu zertrennen und keine dicke Leine. Aber nach 10 Minuten Kratzerei trennt ein scharfer Zug die Leine. Immerhin bin ich jetzt wieder in Besitz der Stange. Der Haken und etwas Leine bleibt oben, kein großer Verlust. Leider ist die Stangenspitze beschädigt. Der Versuch, die Stangenspitze einzuschieben endet mit einem Bruch derselben. Hab ich schon gesagt, dass dies nicht mein Tag ist? Ich bin eigentlich inzwischen recht routiniert im Umgang mit den Teleskopstangen. So ein Chaos habe ich auch in meinen Anfängertagen niemals angerichtet.


Mangels Haken tape ich einen geeigneten trockenen Ast an die neue Stangenspitze und kann nach allerlei Fehlversuchen die Sonde endlich zu mir herunterziehen. UFF!!




Zurück geht es zum Fahrrad. Die Position der zweiten Sonde sollte recht gut stimmen. Sie liegt an der nächsten Wegecke auf derselben Seite der Autobahn.


Sondentyp: RS41-SGP
SN:
T3350419
Frequenz:
402.5 MHz

Timerkill:
keiner

Startstation:
Schleswig (WMOID:10035)
Flugdatum: 16.07.2022 12:00Z
Track
wettersonde.net
Maximale Höhe:
30812m

Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit
: 5.38 m/s

Landegeschwindigkeit:
4.9 m/s

Landestelle: Güster,
LAT, LON: 
53.54512,10.72073, Google Maps
Status:
Baumlander, von unten sichtbar, in 25m Höhe in einer Kiefer, Fallschirm und etwas Schnur geborgen am 13.10.2022, 11:15UT

Methode:
Tawhiri-Prediction aus wettersonde.net - Daten

Ein kleiner Pfad führt direkt auf die Position hin. Und wieder ist es so wie eben. Ich habe den Eindruck: Das wird ja heute einfach! Denn ich stolpere sofort nur wenige Meter über den am Wegrand liegenden Ballonrest, und die Schnur führt steil aufwärts in eine Kiefer. 

 


 

 

 

Leider ist die Fortsetzung der Schnur nicht mehr vorhanden. Stromaufwärts ist durchaus Platz zwischen den hohen Kiefern, also kann man hier Glück haben. In der fraglichen Gegend liegt aber nichts auf dem Boden, wobei gebietsweise Brombeergestrüpp eine heruntergefallene Sonde auch gut verschlucken könnte. Irgendwann, nach einer halben Stunde Sucherei, entdecke ich die Sonde in ca. 25m Höhe in einer der Kiefern; ein Herankommen gibt es da erst einmal nicht. Immerhin ist damit die Sondenposition gesichert. Da sie an einem langen Schnurstück hängt, könnte man auf ein zeitnahes Herunterfallen bei den Herbststürmen hoffen. Bis dahin sind auch die zahllosen Zecken, die diesen Wald bevölkern, nicht mehr aktiv.

Als ich den Wald wieder verlassen habe, stelle ich fest, dass die ganzen grenzwertigen Suchaktionen viel mehr Zeit gefressen haben als eingeplant. Auch ist der nächste Zug in Büchen nicht mehr erreichbar. Also spricht nichts gegen den netteren aber weiteren Weg  den Elbe-Lübeck-Kanal entlang. Sogar eine schöne kleine Pause am Kanalufer ist noch drin. Von Büchen bringt mich der Zug nach Hamburg zurück.

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier