Meine 100. Radiosonde war eine RS92 aus einem Meppener Tandem, Nr.101 war die mitfliegende DFM09. Und wie bei Sonde Nr. 1 halfen mir zupackend engagierte Menschen bei der Bergung.
Das Gespann (M1543097 & DFM09_616966) startete in Meppen um 7:45. Die RS92 war mit einem Timerkill versehen. Ich hatte einen freien Tag und bemerkte beim Frühstück, dass die Sonden nur 6 S-Bahnstationen entfernt niedergehen würden. Noch war etwas Zeit - vielleicht könnte man sie sogar landen sehen. Vom Bahnhof Elbgaustraße war es dann aber doch noch ein Fußmarsch bis zur Landestelle. Unterwegs konnte ich die DFM bei einem Empfangsversuch einwandfrei dekodieren. Die Position war laut Open Streetmap in Locus an der Ecke eines Wohnblocks.
Ich komme dort an und sehe als erstes den schönen roten Fallschirm dort liegen.
Doch was ist das? Er bewegt sich, er flüchtet! Ich komme um die Ecke und sehe eine nette ältere Dame, die wie wild an der Schnur zieht. Ich erklär ihr kurz die Situation und bitte sie, erst mal nichts zu machen, bevor wir die Lage der Einzelteile des Gespanns nicht ermittelt hatten. Ich war ganz froh, dass ich wenige Minuten nach der Landung vor Ort war.
Die Schnur verschwand nämlich auf dem Dach des Hauses, und ich ging davon aus, dass die Sonden vielleicht an der anderen Seite herunterhingen. Im selben Augenblick kam ein Hausbewohner heraus. Wieder erklärte ich die Lage. Dieser (ich vermute frisch pensionierte) Mann meinte: "Sie haben Glück, dass ich noch etwas Zeit habe" und half sofort nach Kräften.
Ich inspizierte die Gegenseite des Daches mit einem 10X50 Fernglas und erspähte auch sofort die RS92 und die DFM.
Wir beschlossen, auf der anderen Seite zu ziehen. Wahrscheinlich würde die DFM über den First fallen, aber die RS92 an der Helixantenne verklemmen. Aber dann - Plan B - würden wir die Sonde von der Bodenluke aus greifen können. Denn direkt neben der Luke verschwand die Schur über dem Dachfirst.
Es kam wie ich befürchtet hatte: Die DFM ging glatt über den First, und die RS92 klemmte fest. Damit nicht bei einem Schnurriss beide Sonden in der Regenrinne landen, stiegen wir auf den Boden. Der nette Bewohner kletterte sogar auf die Leiter und guckte aus der Luke. Er meinte, er müsse runtergehen und eine Schere holen. Ich hatte sie schon in der Hand, denn mein Sondenjägerrucksack enthält sowas natürlich, und er war überglücklich, die RS92 in den Händen zu halten. "Sowas erlebt man nur einmal im Leben". "Naja, Sie werden lachen, für mich ist es Sonde Nr. 100". "Und da haben Sie keinen Sekt dabei?" - Gerne hätte ich ein Glas Sekt mit dem netten Helfer geteilt.
Unten angekommen lag die DFM vor unseren Füßen - sie war komplett vom Dach gerutscht. Und mein Unruheständler musste, während ich die Schnur zurammenraffte, ganz schnell los. Ins Fitnesstudio.
Ich ging nach hochzufrieden nach Hause. Ich hatte keinen Schimmer, dass das eigentliche Sondenjägerhighlight des Tages - ein echter Thriller - noch vor mir lag.
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