Samstag, 29. Mai 2021

Eine DFM17 aus Pinneberg

Sondentyp: DFM17
SN:
D20037000
Frequenz: 403.01 MHz
Timerkill: keiner
Startstation:
Pinneberg (WMOID:-)
Flugdatum: 28.5.2021 12:00Z
Track Radiosondy
Maximale Höhe: 23609m
Durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit: 5.12 m/s 
Landegeschwindigkeit: 8.6 m/s
Landestelle: Grevenhorn bei Echem, LAT, LON:
53.30217,10.55648, Google Maps
Status: Kaltsondenbergung; 29.5.2021, 8:16 UT
Methode: Tawhiri-Prediction nach Radiosondy-Daten

 Pinneberg ist immer für Überraschungen gut. Am Mittwoch lassen sie (wie berichtet) einen RS92-Flugsaurier steigen, am Freitag das Modernste, was GRAW zu bieten hat, und am Samstag eine schnöde RS41. Am Freitag bin ich nicht mehr dazu gekommen, der DFM17-Sonde hinterher zu fahren, aber am Samstag Morgen musste ich einen Kaltsondenversuch wagen. Über Büchen geht es mit Regionalzügen nach Echem.  Aufgrund etlicher teilweise erfolgreicher Sondenjagden ist mir die Anreise zu dem kleinen Dorf Grevenhorn sehr gut bekannt. Gleich hinter Echem geht es über eine wenig befahrene Straße zunächst durch Feldmark und Auwälder, dann fordert der Sport mit dem größten Landschaftsverbrauch seinen Tribut auf beiden Seiten des Weges. Hier muss man auch immer mit einem cerebral-cranialen Volltreffer rechnen, und so ein Golfball überträgt mehr Impuls als eine fallschirmlose Pinneberger Radiosonde. Hinter Lüdersburg geht es dann nach Süden, und irgendwann biegt der schmale Weg nach Grevenhorn rechts ab. Dort sollte die Sonde liegen. Leider liegt sie nicht auf dem noch kaum ausgekeimten Maisfeld. Das Gerstenfeld, auf dem die Prediction liegt, wird eine Pinneberger Sonde mit ihrer großen Einschlaggeschwindigkeit komplett verschlucken. Hier hätte man definitiv bereits gestern, als die Sonde noch sendete, auftauchen müssen. Jetzt ist es praktisch chancenlos, zumal die Prediction nicht wirklich sicher ist.

Aufgeben will ich aber auch nicht sofort. Also wird erstmal das Rad an einen Baum gekettet und dann mit dem Fernglas das Gerstenfeld abgescant. Vielleicht ist ja die Schur irgendwo doch zu sehen? Die eigentliche Prediction ist aber weitab der Straße, und mir scheint, dass Richtung Süden, kurz vor dem Wäldchen, noch ein Streifen gemähter Wiese ist. Vielleicht liegt sie da. Also gehe ich am Feldrand in diese Richtung. Am Waldrand steht ein Jagdstand, der einen Blick aus luftiger Höhe erlaubt. Leider erweist sich die vermeintliche Wiese nur als eine etwas niedriger gelegene Fortsetzung des Gerstenfeldes. Mit dem Fernglas sieht man aber nirgends ein Stück Schnur, nur einzelne Roggenähren aus der Vorjahres-Selbstaussaat. Sehr dicke Treckerspuren durchschneiden das Gerstenfeld in Ost-West-Richtung. Auf einer kommt man bequem und ohne Flurschaden anzurichten bis zur Position der Prediction. Hier sieht man nichts. Aber wenn die Sonde 3 Meter weit in der Gerste liegt, liegt sie da bis zur Ernte. Ich gehe über eine Nord-Süd verlaufende Treckerspur am Feldrand wieder zurück zum Fahrrad und kann jede der in Ost-West-Richtung verlaufenden Treckerspuren mit dem Glas einsehen. Hier müsste ja irgendwann die Schnur ziemlich auffällig die Spur kreuzen. Aber da ist nichts zu sehen.

Als ich eine Spur mit dem Fernglas absuche, kommt am Ende des Schwenks das Dorf am Westrand des Gerstenfeldes ins Gesichtsfeld. Von einem der Bäume am Feldrand, vielleicht 300m weg, hängt da nicht etwas herunter ??? Es ist so fein, dass man es aus der Distanz nur blickweise erkennt. Das scheint eine SCHNUR zu sein!!! Falls das keine Einbildung ist, wäre die Sonde viel kürzer geflogen als nach der Vorhersage. Also gehe ich auf der Straße Richtung Dorf. Aus kürzerer Distanz erkenne ich die Struktur nicht mehr nur blickweise. Je näher ich komme, umso besser sieht es aus: Vom Knickbaum verläuft eindeutig eine Schnur ins Gerstenfeld. Dort müsste der Ballonrest liegen. Ob die Sonde hoch im Baum erreichbar ist? Oder liegt sie auf der anderen Seite auf einem der Grundstücke?

 Von der Straße führt am Feldrand ein Trampelpfad entlang, direkt auf die Position  der Schnur zu. 




Glücklicherweise liegt die Sonde direkt hinter dem Zaun der Nachbarkoppel am Boden und nicht an den Gärten der Dorfbewohner; die Schnur verläuft senkrecht in den Baumwipfel und von dort aus in die Gerste. Ich kann die Sonde an der Schnur leicht über den Maschendrahtzaaaauuun heben.


Der Rest geht mit Schere und Schnurzug



Das ist der seltene Fall, bei dem man sich über einen Baum und eine ungenaue Prediction so richtig freut. Das Glück kaum fassend radel ich gemütlich nach Echem zurück und kann, diesmal über Lüneburg, wieder nach Hamburg fahren. Dort lese ich in Whatsapp, dass Berthold die heutige RS41 aus Pinneberg geborgen hat. Drei Sonden aus Pinneberg haben wir eingesackt, und jedes Mal war es ein anderer Sondentyp. Und da ich diese Zeilen schreibe, lese ich auch noch, das Bernd eine Saseler Sonde per gewaltsamen Schnurzug aus dem Baum geholt hat. Man weiß ja, dass diese Technik im Desaster enden muss, aber heute gelingt einfach alles.

Ach so: Das Vogelkonzert heute war echt nicht schlecht. Nichts ist schöner, als mit dem Rad durch das Gezwitscher zu radeln. Vögel sehen wird überbewertet. Ich führe  normalerweise keine Artenlisten, muste aber im Zug mal das Wesentliche notieren: Türkentaube, Ringeltaube, Pirol, Kuckuck, Sumpfrohrsänger, Nachtigall, Singdrossel, Zaunkönig, Rotkehlchen, Hausspatz, Heckenbraunelle, Mönchsgrasmücke, Dorngrasmücke, Fitis, Waldlaubsänger, Zilpzalp, Kolkrabe, Goldammer, Feldlerche, Gelbspötter, Drosselrohrsänger, Wacholderdrossel, Amsel, Bachstelze. Am besten waren einige Mönchsgrasmücken, die sich auf dem Hinweg nach Lüdersburg tierisch aufregten. Als ich zurückkam, waren sie immer noch nicht mit dem Geschimpfe fertig. Da dürfte hoch im Baum eine ziemlich genervte Eule versuchen, etwas Schlaf zu bekommen....


Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier


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