Montag, 10. Juni 2019

Der Fall der verschwundenen Sonde

Sondentyp: RS41-SGP
SN: P0521007
Frequenz: 405.7 MHz
Startstation: Bergen (WMOID:10238)
Flugdatum: 10.06.2019 0Z
Timerkill: 5:00h
Track Bremen/eigene Daten
vermutliche Landestelle LAT LON: 53.55739,9.98298 Google Maps
Status: GEFUNDEN am 10.06.2019 03:25Z, LAT LON 53.557933, 9.985819, Google Maps
Methode: Prediction auf Basis eigener Daten

Am Pfingstmontag weckte mich das Gebimmel einer Pushnachricht von Wetterson.de. Die Bergener Nachtsonde war im Landeanflug auf die Hamburger Innenstadt. Also rasch vom Balkon aus den Landeanflug bis in eine Höhe von 76m mitgeschnitten.




Die Sonde landete um 3:32 MESZ nur 3km von meinem Wohnort entfernt auf dem Gorch-Fock-Wall. Das ist eine viel befahrene Ringstraße (Ring 1). Bei einer Landung mitten in der Stadt ist Eile geboten. Also rein in die S-Bahn, Umsteigen am Jungfernstieg und dann eine Station weiter zum Gänsemarkt. Von da aus waren es nur ein paar Meter. Um 4:15 war ich vor Ort. Ich hätte besser mit dem Rad fahren sollen. Es begann gerade zu dämmern und wurde im Verlauf der Suche immer heller.

Ein Empfangsversuch war erfolglos. Da sendete nichts mehr. Der Gorch Fock-Wall ist vierspurig. Relativ wenige Autos rasen über die Ringstraße mit beträchtlich überhöhter Geschwindigkeit. In der Mitte ein Grünstreifen mit Straßenbäumen. Die Prediction befand sich genau auf diesem Grünstreifen, genau gegenüber von Finanzbehörde und Staatsanwaltschaft. Und exakt an der erwarteten Stelle hing im Baum ein riesiger Ballonrest und ein roter Fallschirm.



"Stromaufwärts" musste die Sonde liegen. Die Sonde war in der Endphase fast exakt dem Straßenverlauf des Gorch-Fock-Walls gefolgt. Die Landestelle war damit auf ein paar Meter einzugrenzen. Die letzte Position war nur 40m vom Fallschirm entfernt, und wenn man bedenkt, dass eine Sondenschnur 50m lang ist, gab es nicht viel Spielraum. Auf der entsprechenden Fläche lagen keine Überreste der Sonde. Jetzt war etwas Detektivarbeit gefragt.

Da kein Empfang mehr zu verzeichnen war, dürfte P0521007 ein Opfer des Straßenverkehrs geworden sein. Also sucht man  besser nach kleinen  Trümmerteilen, Platinenresten, Batterien - nichts. Als es heller wurde, musste natürlich der Baum mit dem Ballonrest inspiziert werden. Nichts. Gab es irgendwelche Schurreste in den Nachbarbäumen? Nein! Hatte es ein Passant mitgenommen? Um die Uhrzeit am Pfingstmontag geht in der Gegend niemand zu Fuß! Das macht keinen Sinn. Die Schnurreste am Schirm ließen eher auf eine Bodenlandung schließen, aber die Schnur war weit oben im Baum schon durchgerissen.

Die einzige halbwegs plausible Theorie: Die Sonde wurde von einem Auto erfasst, abgerissen und mitgeschleppt. Dann konnte sie durchaus etwas entfernt noch zu finden sein. Also musste man vielleicht nur den beiden Doppelspuren in den jeweiligen Fahrtrichtungen folgen? Das war zumindest einen letzten Versuch wert.  Also bin ich 200m Richtung St. Pauli gelaufen, denn wahrscheinlich war die Sonde eher auf der entsprechenden Spur gelandet. Außer Pappbechern und anderem Müll lag da nichts. Es war Zeit, aufzugeben. Ich habe dann aber beschlossen, zur U-Bahnstation Stephansplatz zu laufen. Auf dem Weg konnte ich auch noch die Gegenspur absuchen.

Und? 200m von der Fallschirmposition lag tatsächlich die Sonde und ein Haufen Schnur neben anderem Müll im Rinnstein! Das Gehäuse war lädiert, der Temperatursensor war defekt, aber sie ließ sich glatt wieder anschalten. Der Begleitzettel war nicht zu sehen.



 


Auch die Morgensonde P0521008 landete in Sichtweite meiner Wohnung auf dem Gelände des Containerterminals Tollerort. Wieder hatte ich Empfang bis unmittelbar vor dem Einschlag und eine gute Prediction. Ich habe das für hoffnungslos erklärt und mich nicht auf Bergungstour begeben. Auf das Gelände kommt man bestimmt nicht drauf, schon gar nicht kann man auf den Stapel Container klettern, auf dem die Landestelle laut Google Earth liegt.

Übersicht über alle Sondenfunde hier
Karte aller Sondenfunde hier